Bildung als wichtiges Ziel: Impact Investing kann soziale Ungleichheiten bekämpfen

Laut Unesco haben 264 Millionen Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 17 Jahren keinen Zugang zu Bildung. Damit kann die Förderung von Bildung ein wesentliches Anliegen des Impact Investing sein. Es lassen sich im Social Impact Investing (oder präziser: Educational Impact Investing) der Kinder- und Erwachsenenbildung viele interessante Geschäftsmodelle finden, die aus finanzieller und nachhaltiger Sicht relevant und zukunftsfähig sind.

In der derzeitigen Nachhaltigkeitsdebatte nehmen neben Umwelt- und Klimathemen auch soziale Fragen eine wesentliche Rolle ein. Das passt zum Nachhaltigkeitsziel Nummer 10 mit dem Titel „Weniger Ungleichheiten“ (Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen). In der Beschreibung heißt es allgemein: „Die Ungleichheit ist in vielen Ländern weiterhin sehr hoch – in einigen Ländern wächst sie sogar. So verfügt beispielsweise das reichste Prozent der Menschen über ein Drittel des weltweiten Vermögens. Im Euro-Raum besitzen die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung etwa die Hälfte des Gesamtvermögens. Deutschland unterstützt deshalb den Wandel hin zu gerechten, sozialen und inklusiven Gesellschaften.“

Ein wesentliches Thema dieser sozialen Ungleichheit ist die Bildung. Die Agenda Bildung 2030 als integraler Bestandteil der sogenannten Sustainable Development Goals verpflichtet Regierungen weltweit, die Globalen Nachhaltigkeitsziele bis zum Jahr 2030 zu erreichen. Das Bildungsziel der Agenda lautet: „Bis 2030 für alle Menschen inklusive, chancengerechte und hochwertige Bildung sicherstellen sowie Möglichkeiten zum lebenslangen Lernen fördern.“ Leider kommt der UNESCO-Weltbildungsbericht 2020 „Inklusion und Bildung: Für alle heißt für alle“ zu einem wenig erfreulichen Beschluss: „Obwohl sich die Weltgemeinschaft zum Ziel gesetzt hat, bis 2030 inklusive und chancengerechte Bildung für alle sicherzustellen, haben mehr als eine Viertelmilliarde Kinder und Jugendliche keinen Zugang zu Bildung. Millionen andere werden aufgrund ihrer Herkunft, Identität oder einer Behinderung innerhalb des Bildungssystems ausgegrenzt und sind von den Folgen der COVID-19-Pandemie besonders betroffen.“ 

Bildung hängt zu oft von sozialer Herkunft ab

Die Bundesregierung wiederum schreibt bei der Erklärung des zehnten Nachhaltigkeitsziels zu diesem Thema: „Bildung hängt ebenso wie eine gute Gesundheitsversorgung oft noch von sozialer Herkunft ab. Ungleichheit zeigt sich auch im Verdienst: Frauen werden weltweit schlechter bezahlt als Männer. Dabei ist die Teilhabe aller Menschen, die Nutzung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Potenziale, unerlässlich für eine nachhaltige Entwicklung – unabhängig von Alter, Geschlecht, einer Behinderung, Ethnie, Herkunft, Religion, wirtschaftlichem oder sonstigem Status.“

Und bei der Unesco heißt es konkret: „Im Weltvergleich ist Armut auch heute noch die entscheidende Hürde für den Bildungserfolg. In allen Ländern, außer in den einkommensstarken Staaten Europas und Nordamerikas, schließen im Verhältnis zu 100 Jugendlichen aus den wohlhabendsten Haushalten nur 18 aus den ärmsten die Sekundarschule ab.“ Dazu passt auch das Nachhaltigkeitsziel 4 „Hochwertige Bildung“, zu dem es unter anderem mit dem Fokus auf Deutschland heißt: „Die Bundesregierung will bessere Bildungs- und Teilhabechancen für alle. Sie hat deshalb mit dem Gute-Kita-Gesetz für bessere Kindertagesbetreuung gesorgt, wird ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote in der Grundschule ermöglichen und über den DigitalPakt Schulen technisch besser ausstatten.“ SDG 4 steht international für hochwertige Bildung, und soll inklusive, gerechte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten des lebenslangen Lernens für alle fördern.

Direktbeteiligungen beeinflussen die Nachhaltigkeitsziele „Hochwertige Bildung“ und „Weniger Ungleichheiten“ positiv

Damit kann die Förderung von Bildung ein wesentliches Anliegen des Impact Investing sein. Es lassen sich im Social Impact Investing (oder präziser: Educational Impact Investing) der Kinder- und Erwachsenenbildung viele interessante Geschäftsmodelle finden, die aus finanzieller und nachhaltiger Sicht relevant und zukunftsfähig sind. Insbesondere durch Direktbeteiligungen finden Anleger direkte Zugänge zu Unternehmen mit Deep Social Impact, um damit direkten positiven Einfluss auf die Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsziele „Hochwertige Bildung“ und „Weniger Ungleichheiten“ nehmen.

Dafür bietet es sich an, den Blick auf konkrete Projekte zu richten, die durch Investoren erst ihre Durchschlagskraft im Sozial- und Bildungsbereich wirklich ausspielen konnten. Ohne das Engagement der Impact Investing-Community wären die Erfolge und Wirkungen nicht möglich gewesen. National und international existiert eine große Zahl spannender Projekte, Initiativen und (jungen und etablierten) Unternehmen, die diesen Anspruch verfolgen.

Vermögensinhaber brauchen umfangreiches Wissen

Ein Beispiel ist BeeWyzer aus Berlin. Das Education-Start-up bietet eine bewährte Schritt-für-Schritt-Weiterbildung für die gesamte Vermögensorganisation. Gerade die nächste Generation, aber auch derzeitige Vermögensinhaber brauchen umfangreiches Wissen, um unabhängig von der Beratung Dritter zu sein und selbstständig zu professionellen Vermögensverwaltungs- und Anlageentscheidungen zu gelangen. BeeWyzer verwandelt Vermögensinhaber in sachkundige Marktteilnehmer. Vermögensinhaber werden in die Lage versetzt, die Strukturen zu schaffen und aufzubauen, die ihren Bedürfnissen, ihren Leistungszielen und ihrem Risikobudget am besten entsprechen. Es handelt sich um Video-basierte Lernprogramme, sodass somit orts- und zeit-unabhängig Finanzbildung vermittelt werden kann. „Sie gewinnen das Verständnis für die Auswahl von Managern, Produktgebern und Investitionen. Vermögensinhaber lernen, ihre Familienstrukturen und Investitionen zu bewerten und an äußere Einflüsse wie geopolitische Risiken, Steuer- und Rechtsfragen anzupassen und die Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft zu integrieren“, sagt Co-Founder Peter Brock. 

Musikunterricht zur Förderung von Selbstbewusstsein, Sozialverhalten und Persönlichkeitsbildung

Classplash wiederum bietet digitalen Musikunterricht über selbstentwickelte Apps auf Basis eines weltweit prämierten pädagogischen Konzepts und versorgt die Kinder direkt mit dem passenden Instrument. Im Fokus der Apps steht der didaktische Inhalt und dessen spielerische Vermittlung über Storytelling, musikalische Untermalung und Animationen. Ein erhöhter Impact erfolgt dadurch, dass Classplash durch gemeinnützige Programme und die Verbindung von Technologie und Kooperationspartnern auch in Entwicklungsländern Schüler und Lehrer erreichen will. Laut Geschäftsführer Rui Duarte geht es unter anderem um die Förderung von Selbstbewusstsein, Sozialverhalten und Persönlichkeitsbildung, die Entwicklung des logisch-mathematischen Verständnisses, des Wortgedächtnisses und der Sprachentwicklung und die Anregung zu Bewegung, Rhythmus-Gefühl und Glücksempfinden durch das Musizieren. „Wir sind zutiefst davon überzeugt, dass jedes Kind auf dieser Welt möglichst früh Zugang zu qualitativ hochwertiger Musikausbildung haben sollte, um dessen persönliche Entwicklung in den Bereichen Glück, emotionaler Intellekt und Selbstbewusstsein zu verbessern.“ 

Junge Musiker erhalten hochwertige Instrumente

Apropos Musik: Direktes Engagement mit finanzieller Rendite können Investoren auch auf anderer Basis realisieren. Am Beispiel hochwertiger Streichinstrumente zeigt sich, wie der Zugang zu einem attraktiven Investment in Verbindung mit Kulturförderung funktioniert. Historische und neue Streichinstrumente sind wachstumsstarke Assets, und zugleich besteht durch das Investment die Möglichkeit, talentierte Musiker über eine Leihgabe zu fördern. „Investoren können selbst entscheiden, wen sie mit einer Leihgabe dauerhaft oder temporär fördern wollen. Ein junges Talent, einen arrivierten Berufsmusiker, ein Orchester oder einen Solisten?“, sagt Kulturexperte Christian Reister. Er betont aus eigener Erfahrung: „Häufig habe ich die Not von begabten Musikerinnen und Musikern gesehen, die darum kämpfen müssen, geeignete Instrumente spielen zu dürfen. Da sind Menschen, die einen großen Teil ihres Lebens der Musik widmen und sich der Perfektionierung ihres Spiels hingeben, und haben dann häufig einen schlechteren Platz im Musikgeschehen als es den spielerischen Fähigkeiten entspricht.“

Damit existieren zahlreiche Bereiche, die eng mit Bildung und Bildungsgerechtigkeit zusammenhängen, und in denen sich Investoren mit messbarer und positiver sozialer Wirkung engagieren können.

Über den Autor: Prof. Dr. Patrick Peters, MBA

Prof. Dr. Patrick Peters, MBA ist Professor für PR, Kommunikation und digitale Medien und Prorektor an der Allensbach Hochschule, Wirtschaftspublizist und Kommunikationsberater. Er befasst sich seit vielen Jahren mit der Finanzindustrie und berät vor allem Vermögensverwalter, Finanzdienstleister und Unternehmen, die sich dezidiert mit dem Thema der Nachhaltigkeit befassen. Er hält einen MBA mit Fokus auf Leadership und Ethik. Er ist Chefredakteur von impactinvestings.de.

Prof. Dr. Patrick Peters
Prof. Dr. Patrick Peters