Immobilien liefern großen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung

Barrierefreiheit, Elektromobilität, Ressourcenschonung, Klimaschutz: Die Bedeutung von Immobilien für die Nachhaltigkeit ist hoch. Aber wie können Immobilien, auch im Sinne des Impact Investing, gestaltet werden? Und wie gehen private und institutionelle Investoren dabei vor?

Ein paar Fakten vorab: Immobilien haben einen hohen Anteil an den allgemeinen CO2-Emissionen. Dank energieeffizienter Neubauten und Sanierungen sanken die Emissionen in dem Sektor bis 2020 zwar auf rund 120 Millionen Tonnen CO2-Kohlendioxid. Aber bis 2030 sollen sie weiter auf 67 Millionen Tonnen CO2 reduziert werden. Das höhere Minderungsziel ist Teil der Novelle des Klimaschutzgesetzes. In einer Studie aus dem Jahr 2020 im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) werden Kombinationen von energetischen Modernisierungsmaßnahmen aufgezeigt, mit denen zielkonforme CO2-Einsparungen in Wohn- und Nichtwohngebäuden erreicht werden können. Beispielhafte Berechnungen der Einsparpotenziale von energetischen Sanierungen unter anderem für Einfamilienhäuser, Mehrfamilienhäuser und Reihenhäuser zeigen, dass je nach Umfang der Maßnahmen CO2-Einsparungen von rund 15 bis mehr als 90 Prozent machbar wären.

Energiespar- und Klimaschutzpotenzial im Gebäudebestand ist groß

„Dafür ist es wichtig, die Gebäude durch Investitionen in Effizienz und erneuerbare Energien energetisch auf einen besseren Effizienzstandard zu bringen und für die Wärmeerzeugung verstärkt auf erneuerbare Energien zu setzen. Das Energiespar- und Klimaschutzpotenzial im Gebäudebestand ist groß. Deshalb wird die energetische Gebäudesanierung mit dem Klimaschutzprogramm stärker gefördert“, heißt es beim Presse- und Informationsamt der Bundesregierung.

Aber was bedeutet Nachhaltigkeit bei Immobilien? „Allgemein gesprochen dreht es sich um die Zukunftssicherheit oder Enkelgerechtigkeit wie es auch plakativ, aber griffig bezeichnet wird. Im Fokus stehen dabei die Themen, die uns zukünftig besonders beschäftigen werden: Klimaschutz, Ressourcenverbrauch, demografischer Wandel, Anpassung an den Klimawandel oder auch Elektromobilität“, sagt der Frankfurter Sachverständige und Immobilienexperte Dieter Eimermacher und Autor der Bücher „Erfolgreiches Immobilien-Portfoliomanagement: Für Stiftungen sowie kirchliche und gemeinnützige Einrichtungen“ und „Klimaschutz und Nachhaltigkeit – so werden unsere Immobilien grün: Zukunftssicher in Immobilien investieren mit ESG, SDG, C2C, Green Deal & Co.“. 

Viele Themen bei der nachhaltigen Planung und Umsetzung von Immobilien

Diese Oberbegriffe hätten nochmals zugeordnete Dimensionen, sodass die Herausforderungen breit gefächert seien. „Energieverbrauch, Treibhausgasemissionen und regenerative Energien, Wasserverbrauch, der Verbrauch von Baumaterialien, Deponiebedarf, Abfallvermeidung, Recycling und Cradle-to-Cradle-Prinzipien, Barrierefreiheit, Starkregenschutz, Hochwasserschutz, und sommerlicher Hitzeschutz oder auch E-Ladestationen sind typische Themen bei der nachhaltigen Planung und Umsetzung von Immobilien“, sagt Dieter Eimermacher. Die Betrachtung umfasst dabei den gesamten Lebenszyklus der Immobilie: Phase 1 umfasst laut Dieter Eimermacher die Gewinnung, Herstellung und Transport von Baustoffen, Phase 2 die Errichtung des Gebäudes (Bau- und Planungsphase), Phase 3 die Betriebsphase mit Instandhaltungs- und Modernisierungsarbeiten und Phase 4 den Abbruch des Gebäudes und Recycling beziehungsweise Entsorgung von Baumaterialien.

Zertifikat einer anerkannten Zertifizierungsstelle oder eigene Bewertungen

Anleger erkennen Nachhaltigkeit bei Immobilien am besten erkennen, wenn es ein Zertifikat einer anerkannten Zertifizierungsstelle, zum Beispiel der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen DGNB, gibt. Diese findet man laut Dieter Eimermacher allerdings fast nur bei größeren Gewerbebauten, da das Zertifikat nicht billig ist. Neu ist das im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) im Juli 2021 eingeführte Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG), das ausdrücklich auch für kleine Gebäude geeignet ist. Es setzt auf die Zertifizierungssysteme anerkannter Zertifizierungsstellen auf und definiert darüber hinaus weitere Anforderungen wie Komfort und Funktionalität, Ressourceninanspruchnahme und Umwelteinwirkungen sowie Effizienz, Kosten und langfristige Wertstabilität. Dazu müssen Bereiche wie Treibhausgase und Primärenergie im Lebenszyklus, nachhaltige Materialgewinnung, die Schadstoffvermeidung in Baumaterialien und altengerechtes Wohnen beachtet werden. Das QNG ist Voraussetzung zur Erlangung von Fördergeldern für Effizienzhäusern mit Nachhaltigkeitsklasse (NH-Klasse) im Rahmen der BEG.

Seien diese Siegel nicht vorhanden, müssten Investoren selbst eine Bewertung vornehmen, betont Dieter Eimermacher, die sich auf Aspekte wie Energieausweis, energetische Kennwerte und energetische Sanierung, Barrierefreiheit, Elektromobilität und die Beseitigung von Schadstoffen und Altlasten bezieht und auch Spezialthemen wie Wasser/Begrünung/Mikroklima, Qualität der Kreislaufwirtschaft und Anpassung an den Klimawandel abdeckt. „Je nach Zielerfüllung erstellt man sein eigenes Zertifikat. Die Bestandsaufnahme ist dann auch eine gute Ausgangsbasis für Verbesserungsmaßnahmen auf den einzelnen Themenfeldern. Auch hier ist man sein eigener Nachhaltigkeitsmanager und muss das Ziel für jeden Themenblock selbst festlegen“, sagt Dieter Eimermacher.

Für Immobilien sollte Förderzweck oder ein Wertkanon festgelegt werden

Auf Basis solcher Nachhaltigkeitsprämissen entsteht auch der Impact bei Immobilieninvestments. Dieter Eimermacher beschreibt echten Impact in der Immobilienbranche so: Nach meinem Verständnis hat Impact Investing zum Ziel, nicht nur mit den Erträgen einer Investition eine bestimmte Sache zu fördern, sondern bereits das Investitionsobjekt an sich – hier die Immobilie – in den Dienst dieser Sache zu stellen. Bei ausschließlich renditeorientieren Investoren kann es damit kein Impact Investing geben. Es muss also zunächst ein Förderzweck oder ein Wertkanon festgelegt werden, der dann Messlatte für den Impact bildet. Damit Investoren ihre Immobilienportfolien auf echten Impact ausrichten können, müssen sie zunächst ihren Förderzweck oder Wertekanon festlegen und dann den Umbau beziehungsweise Ausbau des Portfolios auf Basis dieser Grundsätze vornehmen.

Ein Beispiel: Eine gemeinnützige Organisation zur Förderung von Menschen mit Behinderungen könnte eine barrierefreie Werkstatt errichten und an Einrichtungen vermieten, die Arbeit für Menschen mit Behinderungen anbieten. Aus den Mieteinnahmen wird eine Rendite erwirtschaftet, die der gemeinnützigen Organisation für weitere Investitionen zur Verfügung steht, und der Betrieb der Werkstatt an sich ist schon Teil der Förderung, da sie für die Zielgruppe eine Arbeitsmöglichkeit eröffnet, die es sonst nicht gegeben hätte. Weitere Beispiele seien Wohngebäude für Menschen mit Behinderungen, Wohngebäude für Wohngemeinschaften (Senioren, Studenten etc.), sozialer Wohnungsbau, Wohngebäude für Personengruppen, die auf dem freien Wohnungsmarkt unzureichend versorgt werden (zum Beispiel Haftentlassene, Obdachlose, Flüchtlinge), barrierefreie Wohngebäude, Gewerbegebäude (Büro, Werkstätten Labore) für junge Unternehmen (Start-ups), Werkstätten für gemeinnützige Unternehmen, denkmalgeschützte Gebäude und Sportstätten.

Bei Immobilieninvestments Haftungsrisiken der Vorstände

Dieter Eimermacher kooperiert bei diesem Thema mit StiftungsMentor, einem Beratungsbereich der Steuerkanzlei Manfred Speidel in München, die das sogenannte Business Judgement Rule-Gutachten gemeinsam mit dem Institut für Vermögensaufbau (IVA) entwickelt hat. Mit dem Business Judgement Rule-Gutachten erfolgt eine tiefgehende Analyse des Portfolios und bei Bedarf Hinweise zur Optimierung sowie die Zertifizierung durch das Institut für Vermögensaufbau. Dies ist nicht nur im Interesse der Stifter und Spender, sondern verringert nach den Kriterien der Business Judgement Rule auch die Haftungsrisiken der Vorstände. Das gilt demensprechend auch für Immobilieninvestments.

„Mit den Zertifikaten dokumentiert die Stiftung gegenüber der Öffentlichkeit, dass sie neben dem förderungswürdigen Zweck, das Purpose, mit ihrer Geld- und Immobilienanlage sorgfältig, unter Beachtung von Umwelt, Sozialem und verantwortungsvoller Unternehmensführung umgeht. Stifter und Spender können damit zwei Ziele verwirklichen und einen doppelten Impact. Sie stärken diejenigen Stiftungen, die auf Gemeinnützigkeit und Nachhaltigkeit zugleich setzen. Stiftungsvorstände können sichergehen, dass nach dem Test der Portfolios keine verborgenen Risiken in ihren Portfolios lauern und ihr persönliches Haftungsrisiko für Anlageentscheidungen minimiert wird“, sagt StiftungsMentor-Experte Michael Schurr.

Über den Autor: Prof. Dr. Patrick Peters, MBA

Prof. Dr. Patrick Peters, MBA ist Professor für PR, Kommunikation und digitale Medien und Prorektor an der Allensbach Hochschule, Wirtschaftspublizist und Kommunikationsberater. Er befasst sich seit vielen Jahren mit der Finanzindustrie und berät vor allem Vermögensverwalter, Finanzdienstleister und Unternehmen, die sich dezidiert mit dem Thema der Nachhaltigkeit befassen. Er hält einen MBA mit Fokus auf Leadership und Ethik. Er ist Chefredakteur von impactinvestings.de.

Prof. Dr. Patrick Peters
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