Auch Kunst kann Impact sein

Die Frankfurter Beratungsboutique Truffle Art Advisory hat sich auf Kunst als Assetklasse spezialisiert (www.truffle.art). Die Gründer Manuela Scheubel und Matthias Batz beraten Sammler, Investoren und Unternehmen beim Kauf und Verkauf von Kunst und stellen dabei die Wirkungsorientierung von Kunst heraus. Sie sehen in Kunstwerken einen Social Impact. Unser Chefredakteur Prof. Dr. Patrick Peters sprach mit Manuela Scheubel und Matthias Batz über den internationalen Kunstmarkt und Kunst als wertvolles Kulturgut.

Zur Einordnung: Welches Volumen hat der internationale Kunstmarkt und welche Bedeutung hat Kunst als Anlageklasse?

Manuela Scheubel: Der internationale Kunstmarkt ist, zuletzt nur unterbrochen durch das Corona-Jahr 2020 kontinuierlich auf Wachstumskurs. Nachdem der Markt im ersten Pandemiejahr rückläufig war, stieg er 2021 um 29 Prozent auf ein Volumen von 65 Milliarden US-Dollar. Damit war der globale Umsatz am Kunstmarkt größer als 2019 vor der Pandemie. Aber selbst 2020 wurden weltweit 50,1 Milliarden US-Dollar mit Kunst umgesetzt, trotz großer Sorgen um Wirtschaft und Gesundheit. Der niedrigere Gesamtumsatz hatte aber ursächlich mit den ausgefallenen Messen zu tun und damit, dass die Auktionshäuser sich erst vermehrt auf das Onlinegeschäft einstellen mussten, was diese aber sehr schnell erfolgreich und mit Bravour umgesetzt hatten. Jetzt werden sogar Kunstwerke ohne Scheu zu hohen Preisen online ersteigert, und es konnten und werden viele neue Kunden durch die attraktiveren Onlineauftritte der Auktionshäuser und über das Angebot von sogenannten „Collectibles“ wie Uhren, Taschen oder Picasso-Keramiken an die Kunst herangeführt.

Matthias Batz: Kunst begeistert die Menschen seit Jahrtausenden, und nicht erst seit der Renaissance ist Kunst auch ein beliebtes Anlageobjekt. Kunst-Investments waren schon immer Zeichen des wirtschaftlichen Aufschwungs und der kulturellen Stellung einer Person oder Familie. Heute spielen neben der ästhetischen und kulturellen Komponente vor allem die Bedeutung von Kunst als Vermögensschutz in unsicheren Zeiten und die attraktiven Wertsteigerungspotenziale ohne Korrelation zu den Entwicklungen an den Kapitalmärkten eine wichtige Rolle. Kunst ist eine globale und direkt handelbare harte Währung mit zugleich hoher Mobilität. Das ist wichtig in einer Zeit, in der Cash unter der rasant steigenden Inflation leidet und das politische bereits regulierte Gold immer teurer wird.

Können Sie die Wertsteigerungspotenziale benennen?

Manuela Scheubel: Die Renditeaussichten liegen deutlich über dem Kapitalmarktdurchschnitt und können es auch mit offensiv aufgestellten Aktienportfolios aufnehmen. Der Index für zeitgenössische Kunst beispielsweise hat laut „Art & Finance Report“ (2019) von Deloitte in den vergangenen 20 Jahren um 10,71 Prozent und in den vergangenen 50 Jahren um 10,85 Prozent – jeweils pro Jahr – zulegen können. Und der Sotheby‘s Mei Moses Art All Index, der auf langfristigen Daten über Kunstkäufe und -verkäufe aufbaut und die jährlichen Erträge misst, weist zwischen 2010 und 2020 eine durchschnittliche jährliche Rendite von 8,4 Prozent aus. Dennoch eignet sich selbst bei attraktiven Einstiegspreisen nicht jedes Kunstwerk zur Anlage. Deswegen empfehlen wir einen neutralen Berater in Sachen Kunst, dessen Aufgabe eine zielgenaue Selektion der für einen Kauf in Betracht kommenden Kunstwerke ist.

Wie sieht es mit der Volatilität aus? Ist diese überhaupt messbar?

Matthias Batz: Der Sotheby‘s Mei Moses Art All Index hat für den Zeitraum von 2010 bis 2020 eine Schwankungsbreite von 16,9 Prozent gemessen. Das ist deutlich weniger als die Volatilität der Aktienmärkte. Laut Deutsche Börse AG weisen europäische Aktienmärkte im Rückblick der Jahrzehnte eine typische Volatilität von 20 bis 30 Prozent auf. Also ja, die Volatilität ist messbar, und sie ist im Vergleich zu Aktieninvestments deutlich reduziert.

Max Liebermann (1847-1935), Enkelin und Kinderfrau im Nutzgarten, 1923, Öl auf Leinwand. 56 × 75 cm

Worauf sollten Kunstinvestoren achten?

Manuela Scheubel: Über Galerien, Kunsthändler und Auktionen können Anleger in alle Formen von Kunst über alle Epochen hinweg investieren. Aber es ist wichtig zu verstehen, dass Kunstinvestments kein Selbstläufer sind. Ein entsprechendes Portfolio sollte mit Bedacht aufgebaut werden und sich an den persönlichen Zielen, am Geschmack und dem zur Verfügung stehenden Budget des Vermögensinhabers orientieren. Ebenso sollte Kunst als Sachwert in die übergeordnete Anlagestrategie passen. So entsteht eine langfristig tragfähige Investmentstrategie beim Thema Kunst. Spezialisierte Berater kennen den internationalen Kunstmarkt, können Gegenstände professionell bewerten und Chancen für Käufe und Verkäufe eröffnen. Das verhindert den planlosen Erwerb von willkürlichen Gegenständen und die Zahlung überhöhter Preise.

Was ist mit den Ansprüchen an die Nachhaltigkeit bei Investments?

Matthias Batz: Diese lassen sich bei Kunstinvestments selbstverständlich erfüllen. In den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen werden Kunst und Kultur in verschiedenen Zusammenhängen herausgestellt. Die Kultur wird speziell in der Zielvorgabe 4.7 der Sustainable Development Goals erwähnt, in der Bildung zur Förderung einer Kultur des Friedens und der Gewaltlosigkeit, der Wertschätzung der kulturellen Vielfalt und des Beitrags der Kultur zur nachhaltigen Entwicklung gefordert wird. 

Welchen Impact-Aspekt messen Sie Kunstinvestments zu?

Manuela Scheubel: Mit Kunst können Anleger sicherstellen, dass sich ihr Geld positiv auf die Gesellschaft und die Welt im Allgemeinen auswirkt. Kunstinvestitionen dienen zur Unterstützung von Künstlern und erhalten ein wertvolles Kulturgut. Das hat noch großes Potenzial. Die Kultur- und Kreativwirtschaft hat laut der Plattform Creativity, Culture & Capital nur einen Anteil von 0,1 Prozent am Impact Investing-Volumen. Das ist also ausbaufähig, aber wir erkennen in der Praxis, dass Investoren sich mehr und mehr auch der Assetklasse Kunst mit deutlichem Nachhaltigkeitsinteresse nähern und dezidiert dazu die richtigen Fragen stellen.

Matthias Batz: Wir sehen in Kunst ein Social Impact-Investment. Investitionen mit sozialer Wirkung sind rückzahlbare Geldtransfers mit dem Ziel, eine positive soziale Wirkung zu erzielen. Kunst verknüpft klar ein Investment mit solch einer ethischen und nachhaltigen Rendite. Zu den Sektoren des Social Impact Investing in Deutschland gehören zum Beispiel Assets mit Bildungszielen wie das Teilen von Wissen und die Förderung der Aufklärung. Mit Direktinvestitionen in Kunst passiert also unmittelbar Social Impact Investing. Somit ergänzen Investoren durch die Anlage in Kunst ihr Portfolio durch eine weitere Nachhaltigkeitskomponente, gerade weil der Sozialaspekt häufig hinter den ökologischen Ansprüchen weniger stark Berücksichtigung findet.

Über den Autor: Prof. Dr. Patrick Peters, MBA

Prof. Dr. Patrick Peters, MBA ist Professor für PR, Kommunikation und digitale Medien und Prorektor an der Allensbach Hochschule, Wirtschaftspublizist und Kommunikationsberater. Er befasst sich seit vielen Jahren mit der Finanzindustrie und berät vor allem Vermögensverwalter, Finanzdienstleister und Unternehmen, die sich dezidiert mit dem Thema der Nachhaltigkeit befassen. Er hält einen MBA mit Fokus auf Leadership und Ethik. Er ist Chefredakteur von impactinvestings.de.

Prof. Dr. Patrick Peters
Prof. Dr. Patrick Peters