„Stiftungen können selbstverständlich zulässige Impact Investments tätigen“

Dr. Philipp Windeknecht ist Rechtsanwalt und Steuerberater bei der Wirtschaftskanzlei Flick Gocke Schaumburg und Experte für Impact Investing von Stiftungen, Christian Reister hat sich als Gründer Plattform Maezena auf die Vermittlung historischer Streichinstrumente spezialisiert, die Investorinnen und Investoren dann wiederum als Mäzene an Musikerinnen und Musiker verleihen können. Das führt zu einem Cultural Impact und verbessert die Renditeperspektiven für Investorinnen und Investoren. Unser Chefredakteur Prof. Dr. Patrick Peters sprach mit den Experten über den Dreiklang von Instrumenten, Stiftungen und Impact Investing – und die Unterschiede zur Philanthropie.

Welche Rolle spielt Impact Investing für die Geldanlage von Stiftungen? 

Dr. Philipp Windeknecht: Impact Investing ist in aller Munde. Allerdings befinden sich Impact Investments regelmäßig nur im Portfolio finanzstarker Stiftungen mit eigener Vermögensverwaltung. Impact Investing ist folglich in der Stiftungspraxis in Deutschland noch nicht in Gänze angekommen. Dies ist bedauerlich, da Stiftungen mit Impact Investing selbst in Niedrigzinsphasen gemeinnützige Zwecke wirkungsvoll fördern können.

Dr. Windeknecht, Sie wurden mit einer Arbeit über Stiftungen und Impact Investing promoviert. Worin liegen die maßgeblichen strategischen, rechtlichen und steuerlichen Herausforderungen in der Stiftung-Vermögensverwaltung mit Impact-Charakter?

Dr. Philipp Windeknecht: Impact Investing setzt eine aktive Vermögensverwaltung voraus, wofür gerade kleinen Stiftungen oftmals die Ressourcen fehlen. Zudem ist das Angebot an Impact Investments, insbesondere für moderate Investitionssummen, noch überschaubar. Ferner hegen Stiftungsbehörden und Finanzämter eine gewisse Skepsis hinsichtlich der stiftungsrechtlichen und steuerlichen Zulässigkeit von Impact Investing, die sich verständlicherweise auch auf Stiftungen überträgt. Die Skepsis ist jedoch weitgehend unbegründet. Für Impact Investments ist – wie für jedes andere Investment auch – eine Wirtschaftlichkeitsprüfung durchzuführen: Wenn bei einer ex ante Betrachtung Risiko, Rendite und der mit dem Investment verfolgte Zweck für die Stiftung in einem angemessenen Verhältnis stehen, und die Stiftung ihren Liquiditätsbedarf decken kann, ist das Investment zulässig. Von Bedeutung sind auch der steuerliche Status des Investitionsobjekts und der Vermögensbereich der Stiftung, der für die Investition genutzt wird. Außerdem dürfen Vorgaben der Stifterin oder des Stifters beziehungsweise der Satzung nicht entgegenstehen. Stiftungen können daher selbstverständlich zulässige Impact Investments tätigen. 

Wie nähern sich Stiftungsverantwortliche dem Impact Investing?

Dr. Philipp Windeknecht: Stiftungen ist bewusst, dass bei Impact Investments kritische Nachfragen vom Finanzamt und der Stiftungsbehörde folgen werden. Daher wird regelmäßig frühzeitig eine Abstimmung mit diesen Behörden gesucht. Für große Investitionen werden von Stiftungen auch eigene Marktstudien zur finanzwirtschaftlichen Attraktivität des Investments durchgeführt, also die Vergleichsbewertung von Rendite, Risiko und Liquidität. Ferner wurden wir bereits von Stiftungen beauftragt, die rechtliche und steuerliche Zulässigkeit der geplanten Impact Investments zu prüfen. 

Herr Reister, Sie sind auf historische Streichinstrumente als alternative Assetklasse spezialisiert. Worin liegt der spezifische Impact dieser Investments? Existiert eine SDG-Entsprechung?

Christian Reister: Mit Streichinstrumenten als Wertanlage können Investoren großen Impact erzielen, indem sie die Instrumente an begabte Musiker verleihen. Ein Investor wird damit zum Mäzen., denn die begabten Musiker haben einen großen Bedarf an besonders gut klingenden Instrumenten, um das eigene Talent zu entwickeln und sich beruflich positionieren zu können. Solche Instrumente können dem Musiker erst die eigene Stimme geben und sind sehr gesucht. Musiker können diese Streichinstrumente in der Regel nicht selbst finanzieren und sind auf Leihgeber und Mäzene angewiesen. Da die Leihgabe adäquater Instrumente einen wesentlichen Anteil an der Ausbildung und Entwicklung der Musiker hat, entspricht das Engagement von Mäzenen dem UN-Nachhaltigkeitsziel Nummer 4 „Hochwertige Bildung“. 

Wie unterscheidet sich Ihre Form des Impact Investing von der Philanthropie? Immerhin investieren Ihre Anlegerinnen und Anleger und geben das Streichinstrument dann aus den Händen. Und wie gehen Stiftungen und andere semi-institutionelle Investoren mit dieser Art des Investierens um? Dürfen sie ihre Assets durch ihren treuhänderischen Umgang mit dem Vermögen überhaupt einfach so „weggeben“?

Christian Reister: Die Leihgabe eines Streichinstruments an einen vom Leihgeber ausgewählten Musiker kombiniert das Investieren mit Philanthropie. Das Streichinstrument bleibt zu 100 Prozent im Eigentum des Leihgebers und wird auf Zeit an den Musiker verliehen, in der Regel längerfristig. Die Leihverträge sind Standardverträge, in denen auch die Pflichten der Musiker vermerkt sind. Das philanthropische Element ist, einem begabten Musiker, der grundlegend Bedarf an einem besonders gut klingenden Instrument hat, dieses zur Verfügung zu stellen und damit enorme Wirkung auf die technische und künstlerische Entwicklung des Musikers zu erzielen. Die Förderung von Musikern ist für viele Stiftungen ein willkommenes Betätigungsfeld und die ordnungsgemäße Leihgabe stellt keine Schwierigkeiten dar.

Bestehen für private beziehungsweise semi-institutionelle Investoren besondere rechtliche oder steuerliche Implikationen? Und wie entsteht die Finanzrendite bei historischen Streichinstrumenten?

Dr. Philipp Windeknecht: Für private Investoren bestehen für Kulturgüter steuerliche Vorteile auf zwei Ebenen. Ein etwaiger Veräußerungsgewinn ist steuerfrei, wenn Erwerb und Veräußerung nicht innerhalb eines Jahres erfolgen. Ferner können Kulturgüter für eine Befreiung von der Erbschaft- und Schenkungsteuer qualifizieren.

Christian Reister: Die Anlageklasse Streichinstrumente zeichnet sich durch eine kontinuierliche Wertsteigerung von fünf bis acht Prozent in der Vergangenheitsbetrachtung. aus. Die Wertsteigerung wird beim Verkauf des Instrumentes realisiert, d.h. es gibt keine Ausschüttungen und in der Regel keine Vermietungserlöse. Die geringen Begleitkosten für Versicherung und die regelmäßige Begutachtung sowie die Portfoliodiversifikation durch geringe Korrelation zu anderen Anlageklassen sprechen für die Anlage in diesen mobilen Sachwert. In Verbindung mit der Förderung begabter Musiker entsteht echtes Impact Investing.

Über den Autor: Prof. Dr. Patrick Peters, MBA

Prof. Dr. Patrick Peters, MBA ist Professor für PR, Kommunikation und digitale Medien und Prorektor an der Allensbach Hochschule, Wirtschaftspublizist und Kommunikationsberater. Er befasst sich seit vielen Jahren mit der Finanzindustrie und berät vor allem Vermögensverwalter, Finanzdienstleister und Unternehmen, die sich dezidiert mit dem Thema der Nachhaltigkeit befassen. Er hält einen MBA mit Fokus auf Leadership und Ethik. Er ist Chefredakteur von impactinvestings.de.

Prof. Dr. Patrick Peters
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