Patrick Knodel ist Vorstand der knodel foundation, einer gemeinnützigen Stiftung, die sich für globale Gerechtigkeit, nachhaltiges Empowerment von Menschen und ein faires Zusammenleben mit Natur und Tieren einsetzt, und Gründer der Investmentgesellschaft PANDION INNOVATION for IMPACT GmbH. Er spricht im Interview über seine Arbeit und sein Verständnis von Impact Investing.
Was bedeutet für Sie persönlich Impact beziehungsweise Impact Investing?
Patrick Knodel: Impact ist ein weiter Begriff, denn alles, was wir tun, hat eine Auswirkung auf irgendetwas. Dieses Bewusstsein zu schaffen ist aus meiner Sicht der erste und wichtigste Schritt. Wenn wir von „Impact“ reden, meinen wir natürlich die Schaffung einer positiven Wirkung, sei diese im sozialen oder im ökologischen Bereich – oder idealerweise gleichzeitig in beiden Bereichen.
Unter Impact Investing verstehe ich persönlich eine Investition – meist durch Kapital, möglicherweise aber auch durch Zeit – in ein Geschäftsmodell, das im Kern eine positive Wirkung entfaltet und bei dem diese positive Wirkung auch zentral für das Geschäftsmodell an sich ist. Nach meiner Definition ist daher beispielsweise eine Plattform, die beim Bezahlvorgang im Online-Shop einen Prozentsatz x vom Umsatz an eine gemeinnützige Organisation weiterleitet, kein Impact Investing, denn die Dienstleistung des Einkaufs funktioniert genauso gut ohne dieses Add-On.
Weiterhin fasse ich den Begriff insofern enger, als das investierte Kapital der Organisation zugutekommen muss, die real etwas verändert. Ein Investment in eine neu auszugebende Anleihe, mit der dann Solaranlagen gebaut werden (vertikal) ist also Impact Investing, der Kauf derselben Anleihe zu einem späteren Zeitpunkt, bei dem nur ein Zertifikat den Besitzer wechselt (horizontal), ist für mich kein Impact Investing.
Als Gründer der PANDION INNOVATION for IMPACT GmbH betreiben Sie eine eigene Investmentgesellschaft. Worauf liegt hier der Fokus?
Patrick Knodel: Als Leitbild gefallen mir die „Doughnut Economics“, da sie das Problem gut einfassen. Wir müssen einen Ring finden, innerhalb dessen wir wirtschaften und leben, ohne die ökologischen Grenzen zu überschreiten und ohne das soziale Fundament der Menschen einzureißen. Wenn man sich daran orientiert, landet man aus meiner Sicht automatisch bei einer Kreislaufwirtschaft, in der jede Ressource mehrfach genutzt wird – ganz entgegen des linearen und auf Extraktion ausgelegten Systems der aktuellen Wirtschaftsordnung, das auf unbegrenztes Wachstum als Mantra trotz begrenzter Ressourcen setzt und „Wert“ nur als Verkaufspreis definiert. Das ist Wahnsinn. Basierend auf diesen Gedanken investiert PANDION INNOVATION for IMPACT in zirkuläre Modelle, erneuerbare und idealerweise dezentrale Energien sowie Lösungen im Globalen Süden, beispielsweise im Bereich Gesundheit und Armutsbekämpfung durch Einkommensgenerierung.
Viele Menschen sind skeptisch und glauben nicht, dass eine ökonomisch positive Rendite mit einer ökologischen und sozialen Rendite einhergehen kann. Wie sind hier Ihre Erfahrungen und welche Modelle gibt es?
Patrick Knodel: Es ist schon erstaunlich, dass wir als Gesellschaft an den Punkt gekommen sind, an dem es als „normal“ angesehen wird, Geld auf Kosten von Mensch, Tier und Natur zu verdienen, während für die Vereinbarkeit der Themen die Vorstellungskraft fehlt.
Ob mein Modell ökonomisch funktioniert, kann ich noch nicht sagen – ich mache es erst seit fünf Jahren und fokussiere mich auf junge und innovative Unternehmen, mit intrinsisch motivierten Gründern. Ein Hauptproblem unseres Wirtschaftssystems besteht darin, dass sozial und ökologisch innovative Unternehmen und Initiativen kaum Geld bekommen, weil die Finanzindustrie in ihrer grenzenlosen Gier nur nach Skaleneffekten, horizontalen Geldbewegungen und kaum noch nach nachhaltiger Wertschöpfung in der Realität schaut. Da Banken als Kapitalgeber für Start-ups ausfallen, muss Venture Capital herhalten – das nach amerikanischem Vorbild oft noch fataler nur auf Wachstum ausgerichtet ist und sich nicht einmal für negative Externalitäten interessiert.
Meine Beteiligungen beinhalten daher sowohl Investments nach (abgemilderter) VC-Logik mit dem Ziel eines Exits, wie auch langfristige Dividenden-Cases und Investments ins Verantwortungseigentum, wo die Rückzahlung aus dem eigenen Cashflow erfolgen muss. Mein Kalkül ist, dass es die Mischung macht und gerade in Krisenzeiten haben sich meine Investments durch die resilienten Gründer als sehr widerstandsfähig erwiesen.
Mit Ihrer gemeinnützigen knodel foundation setzen Sie sich für globale Gerechtigkeit und nachhaltiges Empowerment von Menschen ein. Wie können wir uns die Arbeit und die Projekte konkret vorstellen?
Patrick Knodel: Die Stiftung möchte systemischen Wandel fördern. Armut, die Zerstörung der Natur und der Kollaps der Artenvielfalt sind Folge eines global vernetzten Systems, das falsche Anreize setzt und Abhängigkeiten schafft. Daher empowern wir Menschen im globalen Süden, ihre eigenen Lösungen für ein selbstbestimmtes und nachhaltiges Leben zu entwickeln, während wir in Deutschland ein kritisches Verständnis für globale Zusammenhänge schaffen möchten.
Bildung spielt dabei eine wichtige Rolle. Deshalb setzen wir auf zeitgemäße Lernformate wie zum Beispiel selbstbestimmtes und erfahrungsbasiertes Lernen. Hier werden jungen Menschen Ressourcen, Infrastruktur und Knowhow zur freien Verfügung gestellt, wodurch sie sich lokal gefragte Fähigkeiten aneignen und Probleme vor Ort lösen können. Weiterhin sind Social Business-Ansätze, die den lokalen Wirtschaftskreislauf stärken, sowie die Schaffung inklusiver Lebensräume für Mensch, Natur und Tiere zentrale Aspekte. Menschen müssen in Frieden, Freiheit und Würde leben können, nur dann gelingt auch der Wandel zu einer nachhaltigen Lebensweise. Deshalb unterstützen wir zudem systemische Ansätze gegen Ausbeutung und Sklaverei, wovon heute noch immer rund 50 Millionen Menschen betroffen sind!
Die Menschen vor Ort wissen am besten, wie sie ihre eigenen Probleme lösen und ihr Leben verbessern können. Dieser Grundüberzeugung folgend setzen wir keine eigenen Top-down-Projekte um, sondern fördern meist lokale Organisationen, natürlich monetär aber auch durch Sparring, Netzwerk etc. Dies ergänzen wir mit der Förderung einiger internationaler Organisationen – zum Beispiel beim Kampf gegen Menschenhandel – da solche Themen gar nicht rein lokal adressierbar sind.
Nach welchen Kriterien wählen Sie Ihre Projekte aus und wie messen Sie die Wirkung der von Ihnen geförderten Projekte?
Patrick Knodel: Ob wir eine Initiative unterstützen, hängt von vielen Faktoren ab. Wir haben einige allgemeine Kriterien definiert, sowie weitere spezifische Kriterien je nach Projektbereich. Zu den allgemeinen Kriterien gehören: effektive Bekämpfung von Armut, Innovationsgrad, Schaffung lokaler und langfristiger Lösungen, Skalierungspotenzial des Ansatzes, Förderung von ganzheitlichem Wandel sowie die Bekämpfung von Ursachen eines Problems.
Der genaue Projektort im globalen Süden spielt grundsätzlich keine wichtige Rolle, auch wenn wir aktuell einen Schwerpunkt auf Afrika und Südasien haben. Wir fördern sowohl Organisationen insgesamt als auch einzelne Projekte. Wesentlich ist dabei, dass wir mit den Partnern gemeinsam Meilensteine der Wirkung auf verschiedenen Ebenen definieren, anhand von deren Erreichung jährliche Zahlungen erfolgen – ein Antrag läuft in der Regel zwischen drei und fünf Jahren. Dies halten wir für essenziell, da viele Spender nur Einmalzahlungen leisten, wodurch die umsetzende Organisation keinerlei Planungssicherheit hat und die Wirkung bereits im Kern abgewürgt wird. Die meisten Organisationen nutzen bei der Wirkungsmessung das IOOI-Modell, wobei die Ebenen Output und Outcome in der Regel mit Zielwerten versehen werden. Outputs sind meist recht schnell messbar, während Outcomes meist nur über einen längeren Zeitraum zu definieren sind.
Sie verwalten bei der knodel foundation selbstverständlich auch Stiftungskapital. Wie stellen Sie damit Impact her, und welche Erfahrungen machen Sie als Stiftung mit Impact Investing?
Patrick Knodel: Wir fördern unsere Projekte aus laufenden Einnahmen unserer Stifterin und anderen Spenden. Die Stifterin trägt alle Gemeinkosten und verdoppelt externe Spenden, weshalb wir für jeden Euro Spendeneinnahmen faktisch zwei Euro Spenden an unsere Partner weiterleiten können. Das Stiftungskapital beläuft sich daher in unserem Fall lediglich auf die Mindestanforderung der Behörden, also 50.000 Euro. Mit so kleinen Beträgen ist Impact Investing leider ungleich schwerer – ebenfalls ein systemisches Problem des Finanzsektors, der kleine Einkommen strukturell benachteiligt. Dennoch wollen wir auch hier Impact schaffen und haben das Kapital in Anteile der GLS-Bank sowie in ein niedrig verzinstes Darlehen an Kabakoo Academies investiert, die damit fortschrittliche Bildungskonzepte finanzieren.
Wie könnten sich, nach Ihrer Erfahrung, andere Stiftungen dem Impact Investing nähern, gerade mit illiquiden Assets?
Patrick Knodel: Ich frage mich, wie sie sich dem nicht nähern können. Aus dem Stiftungssektor hört man in erster Linie Ausreden, warum etwas nicht geht, was aus meiner Sicht reine Bequemlichkeit ist. Es gibt doch diverse Möglichkeiten, Kapital mit Impact anzulegen, vor allem bei den vielen Stiftungen mit immensen Vermögen. Ob es nun Genossenschaftsanteile, nachhaltige Immobilienkonzepte, erneuerbare Energien oder Impact-Fonds sind – Anlagemöglichkeiten gibt es genug und die muss man eben diversifizieren, so wie das „herkömmliche“ Vermögensverwalter ja auch machen. Das Thema Kapitalanlage macht den Stiftungssektor hochgradig unglaubwürdig, was kein rein deutsches Phänomen ist. Es gibt global führende Stiftungen, die „Gesundheit“ fördern und ihr Kapital in Aktien von Bayer (Monsanto), Nestlé oder Coca-Cola angelegt hatten. Mit Zinsen aus dem Versprühen von Roundup Gesundheit finanzieren? Das ist vollkommen absurd und zeigt die abstruse Doppelmoral großer Vermögen. Das es anders geht, zeigen oftmals kleinere und innovative Stiftungen, beispielsweise die Canopus Stiftung.