Echter Impact: Schokolade direkt an der Quelle produzieren

Das Münchner Unternehmen fairafric stellt Fair-Trade-Schokolade dort her, wo der Rohstoffe für die begehrte Süßigkeit wächst: in Ghana. Die Fairchain-Bewegung setzt sich dafür ein, den gesamten Produktionsprozess von Waren im Herkunftsland der Rohstoffe zu belassen.

Es wird viel über faire Lieferketten und Entwicklungshilfen für den globalen Süden geredet. Daraus wiederum entstehen politische und gesetzgeberische Initiativen wie das Lieferkettengesetz oder großangelegte finanzielle Fördermaßnahmen für Ländern der sogenannten Dritten Welt, unter anderem in Subsahara-Afrika. Aber auch Privatunternehmen können sich dezidiert an dieser Schnittstelle positionieren und damit echten Impact erreichen für die Menschen, die es wirklich nötig haben. Ein Beispiel dafür ist das Münchner Unternehmen fairafric. Das Social Business, das auch in Amanase, Ghana, angesiedelt ist, produziert als erstes europäisches Unternehmen Schokolade direkt in Ghana, vom Kakaobaum bis zur fertig verpackten Tafel.

Der Hintergrund: „Der globale Süden produziert Rohstoffe, die erst in den Industrieländern zu fertigen Produkten veredelt werden. So werden reiche Konzerne im globalen Norden immer reicher. Daran ändern weder Fairtrade noch das Lieferkettengesetz bisher leider nichts“, sagt Jonas Schaller, Finanzvorstand bei fairafric. Der Ansatz des Impact-Unternehmens lautet daher auf Fairchain: Die Fairchain-Bewegung setzt sich dafür ein, den gesamten Produktionsprozess von Waren im Herkunftsland der Rohstoffe zu belassen. Hier setzt fairafric an, eben durch die Produktion von Bio-Schokolade entlang der gesamten Wertschöpfungskette im westafrikanische Ghana.

Arbeitsplätze vor Ort in Ghana schaffen

Unternehmensgründer Hendrik Reimers betont zur Motivation von fairafric in einem Interview mit der GLS Bank: „Ich glaube, die größte Herausforderung ist, beides parallel zu machen: eine Marke aufzubauen, samt der Produktion, der Distribution und Logistik, der Öffentlichkeitsarbeit – und die Ursprungsidee lebendig zu halten. Warum stehen wir jeden Morgen auf und arbeiten hart? Weil wir diese Arbeitsplätze vor Ort in Ghana schaffen wollen und damit in der Weiterverarbeitung von Rohstoffen ein Vorbild sein wollen. Das geht alles vor Ort, das können andere auch machen, und es gilt auch für andere Industrien wie zum Beispiel Kaffee oder Tee, Branchen, die viel größer sind als Schokolade. Die Menschen, die im Kakao-Anbau arbeiten, haben nichts davon, gar nichts. Das ist der riesengroße Unterschied.“

Lokales Einkommen pro Tonne Kakao vervierfacht

Das Social Business stellt heraus, dass 70 Prozent des weltweiten Kakaos aus Westafrika stammt, aber weniger als ein Prozent der Schokolade auch dort produziert wird – und will das eben ändern. Durch die Verlagerung der gesamten Wertschöpfungskette in das Kakaoanbaulandwird das lokale Einkommen pro Tonne Kakao vervierfacht: Statt nur den Kakaopreis zu zahlen, unterstützt fairafric nach eigenen Angaben den Aufbau lokaler wirtschaftlicher Strukturen und schafft mittelständische Jobs in der Weiterverarbeitung. „Damit heben wir den fairen Handel aufs nächste Level und schaffen für Menschen im Kakaoanbauland Ghana einen Weg in den Mittelstand. 2020 sind wir einen entschiedenen Schritt weitergegangen und haben die erste Schokoladenfabrik in einer ländlichen Region Ghanas gebaut. Faire Preise, Arbeitsbedingungen und absolute Transparenz werden durch unsere Bio-Zertifizierung und den Weltladen-Dachverband gewährleistet und alle zwei Jahre bei einem externen Audit überprüft“, heißt es.

Aber was tut fairafric, damit die spezifischen Impact-Vorstellungen dauerhaft und in allen Prozessschritten eingehalten und umgesetzt werden können? „Unsere Fabrik steht auf dem Gelände unserer Kakaokooperative, durch diese örtliche Nähe können wir gemeinsam sicherstellen, dass alle Vorgaben auch eingehalten werden und gemeinsam an neuen Lösungen arbeiten, um die Bedingungen für unsere Farmer zu verbessern. Das Management-Team in Ghana besteht zu 100 Prozent aus Ghanaern und Ghanaerinnen, dazu haben wir ein Feedback-Committee eingerichtet, über die Mitarbeiter direkt in Entscheidungsprozesse eingebunden sind und Verbesserungen anstoßen können. Zudem beziehen wir nur von biologisch zertifizierten Lieferanten“, sagt Jonas Schaller.

Alle fairafric-Mitarbeiter sind renten- und krankenversichert

Apropos Mitarbeiter: Das Unternehmen zielt darauf ab, im Sinne der Menschen den Fairtrade-Ansatz weiterzuentwickeln. Jonas Schaller dazu: „Alle Ansätze haben ihre Berechtigung, denn alle Unternehmen versuchen, etwas besser zu machen. Letztendlich entscheiden die Konsumenten, was ihnen am wichtigsten ist. fairafrics Anliegen ist es, die gute Idee des fairen Handels weiterzuentwickeln, indem wir einen Schritt weiter gehen, fairen Handel neu denken und die Wertschöpfung in das Ursprungsland verlagert wird. Wir zahlen die höchste Bio-Kakaoprämie Westafrikas (600 US-Dollar pro Tonne Kakao) plus eine weitere 400 US-Dollar für das sogenannte Living Income Differencial LID. Dazu schaffen wir Arbeitsplätze mit der Produktion vor Ort – das Einstiegsgehalt liegt hier beim 3,8-Fachen des lokalen Mindestlohns. Alle Mitarbeiter sind dabei renten- und krankenversichert, was es ansonsten in Ghana leider auch nicht gibt.“ Auch kooperiert fairafric zunehmend mit lokalen Zuliefererbetrieben und Dienstleister: von der Elektrizität über die Logistik bis hin zu Verpackung und Design. So bezieht das Unternehmen einen Teil unserer Kartonage seit Ende 2018 von dem in Accra ansässigen ghanaischen Unternehmen FON Packaging und arbeitet auch mit lokalen Medienschaffenden zusammen.

Sieben Nachhaltigkeitsziele werden adressiert

Zusammengefasst entsteht dadurch echter Impact, der sich über die Abstimmung mit den Sustainable Development Goals der United Nations. Das Unternehmen positioniert sich durch die spezifischen Beiträge zu den Zielen 1 (Armut bekämpfen), 2 (Hunger bekämpfen), 3 (Gesundheit und Wohlergehen), 7 (Bezahlbare und saubere Energie), 8 (Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum), 9 (Industrie, Innovation und Infrastruktur) und 13 (Maßnahmen zum Klimaschutz).

Stellt sich noch die Frage, wie sich das fairafric-Produkt qualitativ von anderen Marken und Herstellern unterscheidet? Jonas Schaller stellt zum einen die Bio-Zertifizierung und Bio-Qualität der Inhaltsstoffe aus Afrika wie Fleur de Sel aus Südafrika und Zucker aus dem Mosambikheraus und betont zum anderen die Sortenvielfalt: „Wir führen nicht nur Standardsorten wie die 43-prozentige Schokolade mit Milch und Haselnuss, sondern stechen auch mit Sorten wie 70-prozentige Zartbitterschokolade mit Tigernuss und Mandel oder die Sorte 57-prozentige Zartbitterschokolade mit Baobab und Moringa hervor. Da wir statt Lecithine, Butterreinfett oder sonstige Zusatzstoffe nur Kakaomasse und Kakaobutter in unseren Schokoladen verarbeiten, ist unsere Schokolade geschmacklich noch natürlicher.“