Impact Investing ist für die BMW Foundation eine gewinnbringende Unternehmung

Dr. Frank Niederländer ist Mitglied im Vorstand der BMW Foundation Herbert Quandt, die Führungspersönlichkeiten weltweit dazu animieren will, ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nachzukommen. Vor allem konzentriert sie sich aktuell auf die Unterstützung der nachhaltigen Entwicklungsziele der Agenda 2030 der Vereinten Nationen. Die Stiftung verfügt über ein Vermögen in Höhe von 100 Millionen Euro. 

Wie kam die BMW Foundation Herbert Quandt zum Impact Investing?

Dr. Frank Niederländer: Unsere Aktivitäten im Bereich Impact Investing gehen auf das Jahr 2011 zurück, als sich die heutige Stiftung noch in die BMW Stiftung Herbert Quandt und die Eberhard von Kuenheim Stiftung unterteilten. Beide waren inspiriert von der neuen Impact-Bewegung, die soziale und ökologische Herausforderungen mit unternehmerischen Lösungen anpackt. So entschied man sich dazu, gemeinsam künftig wirkungsorientiert anzulegen.

Worin sahen Sie damals das größte Potenzial?

Dr. Frank Niederländer: Zunächst investierten wir in Brain Capital, genauer gesagt in einen Fonds für Studierenden-Darlehen, der sich noch heute im Portfolio der Eberhard von Kuenheim Stiftung befindet. Wir waren einerseits überzeugt von der Wirkung, die man mit Investitionen erzielen kann. Andererseits sahen wir das Potenzial unserer Stiftung als Hebel für Veränderungen. Und so erprobten wir eine missionsbezogene Anlagestrategie.

Was umfasst diese Mission?

Dr. Frank Niederländer: Die Aufgabe der BMW Foundation ist es, Führungspersönlichkeiten weltweit zu inspirieren, ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen und sich als Responsible Leader für eine friedliche, gerechte und nachhaltige Zukunft einzusetzen. Außerdem unterstützen wir mit unseren Aktivitäten die nachhaltigen Entwicklungsziele der Agenda 2030 der Vereinten Nationen. 

Wie äußert sich dieses Engagement im Impact Investing der Stiftung? 

Dr. Frank Niederländer: Als die beiden BMW Stiftungen im Jahr 2016 zusammengeführt wurden, schuf man aufbauend auf den Erfahrungen der vorangegangenen Jahre ein separates Impact Investing Portfolio, den „Eberhard von Kuenheim Fund“. Dieser konzentrierte sich in der ersten Phase auf die Bereiche Umwelt, Bildung und Ökosystemaufbau. Danach wurden wir thematisch breiter und die Investmentstrategie fokussierte sich auf die Anlageklassen Private Equity und Venture Capital zur Unterstützung innovativer Lösungen für Umwelt und Gesellschaft. Das Kapital verteilt sich auf die insgesamt 17 UN-Nachhaltigkeitsziele, jedoch in unterschiedlichen Gewichtungen. 

Wie lenken Sie die Wirkung und welche SDGs sind Ihnen besonders wichtig? 

Um den konkreten Impact zu messen, haben wir im letzten Jahr eine detaillierte Impact Analyse durchgeführt und in einem Report veröffentlicht. Derzeit konzentriert sich 81 Prozent des Kapitals auf sechs der Nachhaltigkeitsziele. In den nächsten Jahren werden wir unseren Fokus verstärkt auf die Ziele 11 (Nachhaltige Städte und Gemeinden) und 13 (Maßnahmen zum Klimaschutz) richten, um den Prozentsatz unseres Anlagevermögens dort deutlich zu erhöhen. Die Gründe dafür sind, dass wir einerseits im Klimawandel eine der aktuell größten Herausforderungen sehen. Andererseits möchten wir unsere Anlagestrategie noch besser mit unseren Stiftungsprogrammen in Übereinstimmung bringen und die dadurch entstehenden Synergien nutzen. 

Welchen Ansatz verfolgen Sie? 

Wir verfolgen mit dem EKF einen core-satellite-Ansatz. Die Kerninvestitionen bilden größere Positionen mit etablierteren und diversifizierten Impact-Anlagen. Diese werden ergänzt von Investment in eine Reihe kleinerer „Satelliten“-Fonds, die noch weniger etabliert sind, aber Innovation vorantreiben und als Katalysatoren für die nachhaltige Transformation dienen. Dadurch erlangen wir auch wichtige Einblicke in neue Trends im Markt. Vor allem bei den „Satelliten“ konzentrieren wir uns auf die SDGs 11 und 13.

Was tut die BMW Foundation darüber hinaus in Sachen wirkungsorientiertes Investieren? 

Dr. Frank Niederländer: Wir sind aktiv an der Verbreitung des Impact-Gedankens weltweit und in Deutschland beteiligt. Hier in Deutschland haben wir unter anderem die Bundesinitiative Impact Investing mitgegründet, eine inzwischen wichtige Kompetenzplattform zu Impact Investing ist. Zudem organisieren wir Austauschformate und Diskussionsveranstaltungen und engagieren uns im Aufbau des Impact-Investments-Ökosystems, unter anderem durch strategische Partnerschaften mit Organisationen wie Toniic, EVPA, AVPN, AVPA oder LatImpacto. Außerdem leistet die Stiftung Wissenschaftsförderung, unter anderem durch die Unterstützung des Centers for Sustainable Finance and Private Wealth an der Universität Zürich.

Gerade hat die Europäische Union die Atomkraft zu „grüner Energie“ erklärt. Wie steht Ohre Organisation dazu? 

Dr. Frank Niederländer: Die BMW Foundation positioniert sich hier auf der Seite der Bundesregierung. Wir würden nicht in Atomstrom investieren, aber sehen natürlich die Herausforderung der aktuellen Transformation und den Bedarf an „Zwischenlösungen“. Einige markieren diese Übergangstechnologien auch als „gelb“, weil sie vielleicht nicht vollkommen nachhaltig sind, aber für den Übergang zu einem voll regenerativen System noch gebraucht werden. 

Die Taxonomie wird mit Sicherheit die Kapitalströme mitbestimmen. Doch Investoren sind heute deutlich besser informiert und entscheiden nach ihren eigenen Prinzipien. In dieser Sache unterscheidet sich das Impact Investing vom ESG Investing: Impact Investoren müssen sich fragen, welchen intendierte Wirkung man erzielen und wie tiefgreifend man die Systeme verändern möchte. Für eine nachhaltige Transformation müssen wir deutlich über die Taxonomie hinausgehen.

Wie schätzen Sie den aktuellen Stand des Impact Investing ein? 

Dr. Frank Niederländer: Es gibt bereits erfreuliche Ansätze: Klimaschutz und die Transformation hin zu einer sozial-ökologischen Transformation steht nun ganz oben auf der politischen Agenda in Deutschland. Der Koalitionsvertrag und die Sustainable-Finance-Strategie der Bundesregierung, aber auch die Impact Taskforce im Rahmen der britischen G7 Präsidentschaft lassen hoffen, dass es schneller vorangeht. Parallel stellen die Banken und Asset Manager langsam immer stärker auf Nachhaltigkeit und Wirkung um, auch wenn hier die Gefahr von Impact Washing besteht. Wenn wir die SDGs bis 2030 noch erreichen möchten, müssen wir die Schlagzahl auch deutlich erhöhen. Man muss allerdings feststellen, dass die Entwicklungsgeschwindigkeiten global sehr unterschiedlich sind. Zudem sehen wir, dass es eine Diskrepanz gibt zwischen Investoren, die nach Nachhaltigkeit verlangen, und der Realwirtschaft, die mitten in einer grundlegenden Transformation steckt. 

Sehen Sie Gefahren für das derzeitige Impact-Wachstum? 

Dr. Frank Niederländer: Ich sehe keine Entwicklungen, die den Trend ernsthaft infrage stellen. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass ihn geopolitische Auseinandersetzungen wie Handelskriege zwischen den USA, China und der EU oder auch Pandemien, zwar verlangsamen, jedoch nicht aufhalten können. Ich persönlich halte sogar eine Dynamisierung des Impact Investment für möglich, denn der „Wettlauf“ um Net-Zero und die sich verschärfende Systemkonkurrenz erzeugt auch eine gewisse Innovationsdynamik.

Welche Bilanz ziehen Sie nach mehr als einer Dekade Impact Investing der Stiftung?

Impact Investing war für die BMW Foundation eine gewinnbringende Unternehmung – finanziell wie programmatisch. Wir haben unsere Ziele erreicht. Unseren Impact Fonds haben wir fast ausinvestiert. Wir konnten die ESG Integration über unser gesamtes Vermögen entscheidend vorantreiben. Im Field-Building möchten wir den Aufbau des Marktes noch besser unterstützen, vor allem auch, um Impact-Washing zu verhindern und die Integrität des Marktes zu erhalten.

Was sind die zukünftigen Investment-Ziele der BMW Foundation?

Dr. Frank Niederländer: Wir werden weiterhin Innovationen für die nachhaltige Entwicklung fördern und Responsible Leadership im Finanzsektor vorantreiben. Aber es gibt noch eine Menge mehr zu tun – und das auf allen Ebenen: Die Transformation hin zu einer nachhaltigeren und gerechteren Gesellschaft ist eine globale Herausforderung, in der alle Staaten und Sektoren gemeinsam Verantwortung zeigen müssen. Die BMW Foundation wird hier Ihre Rolle der Vernetzerin und Vermittlerin weiterhin sehr ernst nehmen.