Längst ist der Markt für Impact Investing bunt und vielfältig, was auch der Erfolg von capacura unterstreicht, einem Unternehmen, das gezielt Impact-Start-ups fördert. CEO Ingo Dahm stellt im Interview die Vision hinter capacura vor, erläutert seine Sicht auf die aktuellen Entwicklungen im Bereich Impact Investing und begründet, warum das Wachstum in diesem Bereich weitergehen wird.
Impact Investing-Magazin: Ihr Unternehmen Capacura nennt sich den „innovativsten Impact Start-up Investor Europas“. Was für Kriterien müssen denn erfüllt sein, damit für Sie ein Start-up ein Impact Start-up ist?
Ingo Dahm: Das ist eigentlich ganz simpel. Ein Startup ist ein junges und sehr wachstumsstarkes Unternehmen. Impact bedeutet, einen messbaren Erfolg bei der Bewältigung der 17 von den Vereinten Nationen benannten Herausforderungen – den UNSDG – zu erzielen. Ein Impact Startup ist also ein solches Unternehmen, das beides gleichzeitig tut. Bei capacura haben wir jedoch noch eine weitere Einschränkung: wir suchen nur Unternehmen, die mit ihrem Geschäftszweck die Impact Ziele erreichen und nicht etwa durch Spenden eines Teiles ihrer Erlöse. Wir glauben nämlich, dass solche Unternehmen deutlich schneller einen Beitrag zu besserer Gesundheit, Bildung oder Umwelt leisten können.
Impact Investing-Magazin: Impact Investing ist in Deutschland bei Weitem noch nicht so populär wie in den USA oder Großbritannien, gibt es im Bereich der Impact Start-ups Anzeichen, dass sich das enden wird?
Ingo Dahm: Ich denke schon. Einerseits können wir beobachten, dass das Wachstum der Investitionen in umweltorientierte Startup-Unternehmen in Deutschland und Europa höher ist als in anderen Teilen der Welt. Andererseits können wir eine „Revolution von unten“ beobachten! Ein immer größerer Anteil der Startups sieht sich dem Gemeinwohl, dem Klimaschutz oder sozialen Zwecken verpflichtet. Wenn das so weitergeht, dann kommen auch konventioneller Investoren gar nicht drum herum, in Impact Startups zu investieren. Der Dealflow für konventionelle Start-ups wird einfach austrocknen.
Impact Investing-Magazin: Worin sehen Sie die Gründe, dass Impact Investing in Deutschland noch ein eher bescheidener Markt ist?
Ingo Dahm: Ich würde nicht sagen, es ist ein „bescheidener Markt“, denn er ist großartig, in der Entwicklung befindlich und hat noch erhebliches Wachstum vor sich. Tatsächlich ist – im Gegensatz zu anderen Ländern – unser Bildungssystem kostenfrei für die Menschen. Ebenso gibt es ein sehr gutes Gesundheitssystem. Und der Staat beziehungsweise die Kommunen kümmern sich um die Sauberkeit öffentlicher Plätze, unserer Natur und die Kulturlandschaft. Das ist toller, besser als in den meisten Ländern der Welt! Wir haben gelernt, dass wir für all diese wichtigen Themen nichts bezahlen müssen, weil bei uns die Gemeinschaft dafür aufkommt. Deshalb steckt das private Impact Investing bei uns noch in den Kinderschuhen.
Impact Investing-Magazin: Bei Ihnen geht es auch viel um Venture Capital Beschaffung für Sozialunternehmen. Da dieses Interview auch von Laien gelesen wird: Was kann man sich darunter vorstellen?
Ingo Dahm: Das haben Sie jetzt wunderbar kompliziert ausgedrückt. [Lacht.] Wir helfen jungen Unternehmen dabei zu wachsen. Sie brauchen dafür in der Regel Geld. Weil sie noch so jung sind, liegen keine Erfahrungen vor, ob sie das geliehene Geld jemals zurückzahlen können. Deshalb geben ihnen Banken keine Kredite. Wir finanzieren die Unternehmen trotzdem. Damit sich das für uns lohnt, bekommen wir viel höhere Zinsen – müssen aber im schlechtesten Fall damit rechnen, Geld zu verlieren. Dazu sagt man „Risikokapital“ oder „Venture Capital“.
Impact Investing-Magazin: Ist ein Sozialunternehmen das gleiche wie ein Impact Start-up?
Ingo Dahm: Manchmal „Ja“ – meistens „Nein“. Ein Kindergarten und ein Pflegeheim sind zum Beispiel Sozialunternehmen, aber keine Start-ups. Eine Firma, die konventionelle Mobilität und Logistik mit Lastenrädern ersetzt ist vielleicht ein Impact-Start-up, aber nicht unbedingt ein Sozialunternehmen…
Impact Investing-Magazin: Wie schätzen Sie, in Anbetracht von Corona-Pandemie und Klimawandel, die Zukunft von Impact Start-ups ein? Wird ihre Rolle bei der Lösung großer Probleme eher zunehmen?
Ingo Dahm: Die Pandemie hat uns allen gezeigt, wo unsere Gesellschaft am verletzlichsten ist: Unter Belastung kippeln das Gesundheits- und Pflegesystem, Distanzunterricht an unseren Schulen funktioniert einfach nicht, unsere Wirtschaft schafft es nicht internationale Produkte durch regionale Erzeugnisse zu ersetzen, wenn globale Lieferketten nicht mehr funktionieren. Sehr viele dieser Themen können durch skalierende moderne und Impact-orientierte Unternehmen gelöst werden.
Impact Investing-Magazin: Wird der Impact Investing-Markt in Deutschland und Europa in den nächsten Jahren weiterwachsen oder sehen Sie Hürden, die diese Entwicklung beeinträchtigen könnten?
Ingo Dahm: Ich habe keinen Zweifel, dass dieser Markt nicht nur wachsen wird, sondern den bisher bestehenden Investitionsmarkt (fast) vollständig absorbiert.
Impact Investing-Magazin: Beim Impact Investing ist der mögliche Profit nicht der einzige ausschlaggebende Faktor. Investieren Sie manchmal auch in Start-ups, denen sie nüchtern betrachtet kaum Chancen auf wirtschaftlichen Erfolg geben, aber deren Ideen so gut finden, dass sie ihnen trotzdem eine Chance ermöglichen möchten?
Ingo Dahm: Nein. Ich weiß, dass es Leute gibt, die genau das tun. Aber aus meiner Sicht ist das keine Investitionen, sondern eher so etwas wie eine Spende.
Impact Investing-Magazin: Auf welche Investitionen sind Sie besonders stolz, weil sie beispielsweise ein bestehendes Problem auf nachhaltige Weise lösen oder auf andere Art der Philosophie von capacura entsprechen?
Ingo Dahm: Ich bin stolz auf jedes einzelne unserer Portfoliounternehmen. Ganz gleich wie schwierig oder lang der Weg, den wir gemeinsam noch vor uns haben sein mag: Es sind allesamt richtig gute Unternehmen mit wertvollen Ideen, die die Welt verbessern. Gemeinsam haben wir über 100 neue Arbeitsplätze geschaffen, 670.000 Menschen zu einem besseren Zugang im Gesundheitswesen verhalfen, über 35.000 Menschen in eine bessere Ausbildung Situation gebracht und deutlich mehr als 2000 Tonnen CO₂ kompensiert. Und ganz nebenbei hat diese Vermögensanlage eine jährliche Wertsteigerung von über 20 Prozent erzielt. Momente, in denen wir uns bewusst machen, was wir gemeinsam in den letzten zweieinhalb Jahren erreicht haben, machen mich wirklich sehr stolz.