Die Grenzen zwischen staatlichen Investitionen und Impact Investing werden neu definiert

Warum ist Impact Investing in den USA erfolgreicher als in Deutschland, in welche Richtung entwickelt sich der Markt und welche Herausforderungen sind zu überwinden? Im Interview geht Peter Brock, Geschäftsführer der Impact Investings Media GmbH, auf diese Fragen ein und erläutert, welches Potenzial eine Investmentform hat, die gerade bei jungen Anlegern sehr populär ist  

Impact Investing Magazin: Sie sind ja nun seit einigen Jahren eine Art Impact Investing-Botschafter. Was ist ihr Eindruck, setzt sich diese Investmentform in Deutschland zunehmend durch oder bleibt es ein Nischenprodukt? 

Peter Brock: In der Tat ist das Thema in den USA, Kanada und Großbritannien bereits wesentlich weiter verbreitet, aber wir arbeiten auch in Deutschland zunehmend erfolgreich daran. In den letzten 1-2 Jahren gibt es auch hier vor Ort wesentliche Fortschritte, die uns hoffen lassen, dass Impact Investing eine deutlich höhere Akzeptanz erfährt. Sowohl bei Privatinvestoren als Speerspitze als auch bei institutionellen Investoren mit entsprechend größeren Volumina.

Impact Investing Magazin: Mit was für Argumenten werben Sie denn für Impact Investing? Warum sollten sich potenzielle Investoren dafür entscheiden? 

Peter Brock: Impact Investing liegt ja im Prinzip irgendwo zwischen Spenden und traditionellem Investieren mit dem reinen Fokus auf Finanzrendite. Der Reiz besteht darin, dass man mit Impact Investing „gute Investments“ machen kann, die die Welt im ökologischen und sozialen Bereich ein wenig verbessern, während man damit auch noch Profit machen kann, wenn es gut läuft. Impact Investings müssen außerdem mess- und belegbar sein, was zu oft in der Vergangenheit bei reinen Spenden nicht der Fall war.

Impact Investing Magazin: Frustriert es Sie, dass man weiterhin nicht davon ausgehen kann, dass ein Bankberater mit dem Begriff Impact Investing etwas anfangen kann. Warum ist das eigentlich möglich, interessieren sich die Banken so wenig für dieses Form des Investments?

Peter Brock: Die Banken und die gesamte traditionelle Finanzbranche tun sich aufgrund der tradierten Strukturen häufig mit dem Thema schwer, obwohl zunehmend auch dort gute Produkte angeboten werden. Die traditionelle Branche beschränkt sich auf die Erfüllung der regulatorischen Vorgaben in Richtung MiFid-Richtlinien, Offenlegungspflichten und EU-Taxonomy und fokussiert in der Breite bisher auf der Implementierung der ESG-Integration. Aus Sicht eines echten Impact Investors geht aber ESG-Investing nicht weit genug, da es nur die besseren untern den schlechten Investments auswählt, nicht aber die Welt durch das Investment zum Besseren wenden will. Impact Investing geht klar über ESG-Investing hinaus.

Impact Investing Magazin: Was ist bislang das größte Hindernis für einen größeren Erfolg des Impact Investing in Deutschland?

Peter Brock: Die Struktur unseres Sozialstaats, das Spendenverhalten und die große Anzahl von Stiftungen haben in der Vergangenheit dazu geführt, dass Impact Investing nicht in den Vordergrund gerückt wurde. Vermögende Privatpersonen wollten in der Vergangenheit häufig ihr Geld mit traditionellen Methoden vermehren und dann zum Ende ihrer aktiven Zeit, der Gesellschaft über Spenden etwas zurückgeben. Die heutige Generation sieht das zunehmend anders und legt oft großen Wert darauf, bereits mit den eigenen Investments ökologische und sozial-sinnvolle Projekte zu fördern. Zusätzlich wird der Staat wegen der hohen Corona-Neuverschuldung als „sozialer Investor“ an Bedeutung verlieren. Die Grenze, wo staatliche Investition aufhören und privates Impact Investing anfängt, wird aktuell neu definiert.

Impact Investing Magazin: Ist es realistisch davon auszugehen, dass ein Bankkunde, der nur 100 Euro im Monat investieren kann, in Zukunft bei der Finanzberatung auch Impact Investing empfohlen bekommt? Oder wird das immer nur etwas für die ganz dicken Geldbeutel bleiben, so wie es aktuell in Deutschland noch der Fall ist? 

Peter Brock: Sicherlich können die großen Volumina auch weiterhin nur von besonders vermögenden Personen kommen. Aber Impact Investing soll und wird auch demokratisiert werden, woran mittlerweile auch schon verschiedene Unternehmen arbeiten. Etwa Tomorrow und Inyova, aber auch 4L Capital, wo ich Prokurist bin, legt großen Wert darauf, nicht nur für Vermögende Aktiendepots zu führen, sondern wir bieten mit derselben Anlagestrategie auch einen Aktienfonds an. Dieser Fonds ist ein Publikumsfonds und kann schon mit 100 Euro als Mindestanlage bei allen Banken und Sparkassen investiert werden. 

Impact Investing Magazin: Mittlerweile wird in der Politik die Idee diskutiert, dass die Renten durch Aktiendepots aufgewertet werden sollen. Finden Sie, dass sich auch Impact Investing als mögliche Altersvorsoge anbieten würde?

Peter Brock: Impact Investing wirkt sicherlich am besten im Bereich der Private Equity oder Venture Capital Direktbeteiligungen. Gleichzeitig sind aber diese Anlagenklassen besonders risikoreich und nur erfahrenen Investoren zugänglich. Impact Investing ist aber in allen Anlageklassen, also auch bei Aktien- und Anleihestrategien, umsetzbar. In diesem Zusammenhang ist Impact Investing dann sicherlich auch für die Altersvorsorge ein sinnvoller Weg, da der besondere Fokus auf der langfristigen Anlage in besonders nachhaltige Geschäftsmodelle liegt, was ja deckungsgleich mit den Zielen der Altersvorsorge ist.

Impact Investing Magazin: Wenn jemand überlegt, an eine Hilfsorganisation zu spenden, die damit in einem Entwicklungsland eine Schule baut. Würden Sie so jemandem empfehlen, doch besser ein Impact Investing abzuschließen, das sich das gleiche Ziel gesetzt hat? Was ist also die effektivere Art zu helfen?  

Peter Brock: Das muss man natürlich im Einzelfall prüfen. Generell gilt aber, wenn die Spende langfristig zu einem nachhaltigen ertragreichen Geschäftsmodell führen kann, so ist das als Impact Investing sicherlich der reinen Spende vorzuziehen. Es wird aber auch immer viele Bereiche geben, in denen sich nachhaltig ertragreiche Geschäftsmodelle nicht umsetzen lassen und Spenden nicht ersetzbar sind. Wie gesagt, das ist letztlich wohl vom Einzelfall abhängig, da viele Faktoren berücksichtigt werden müssen. Außerdem ergänzen sich Spendentum und Impact Investing sehr gut, wenn der Spender sozusagen in einer ganz frühen (noch nicht wirtschaftlichen) Phase die Grundbausteine für einen späteren Impact Investor legt.

Impact Investing Magazin: Gibt es im Impact Investing-Bereich Entwicklungen, die sie generell kritisch sehen? Immerhin ist der Markt ja sehr in Bewegung und versucht sich zunehmend allgemein akzeptierte Normen und Standards zu geben, um die Vergleichbarkeit zu erhöhen.

Peter Brock: Zunächst einmal erscheint das Green- und Impact-Washing aktuell als größtes Problem, da im Bereich des Impact Investing noch keine allgemein anerkannten Standards etabliert sind und daher jeder behaupten kann, das Impact vorliegt. Auch wenn dies nicht oder nur sehr limitiert der Fall ist. Eine standardisierte Impact-Messung gibt es noch nicht. Unter anderem, weil der Impact beispielsweise im sozialen Bereich oftmals nicht klar und schon gar nicht so eindeutig wie eine Aktienrendite errechenbar ist. Große Projekte wie „Impact Weighted Accounts“, bei denen die Finanzdaten durch Impact-Kennzahlen angepasst werden, könnten diese globale Vergleichbarkeit herstellen, aber das dürfte noch eine Weile dauern.

Impact Investing Magazin: Würden Sie in der Coronakrise eher Fluch oder Segen für das Impact Investing sehen?

Peter Brock: Die Corona-Krise ist natürlich grundsätzlich ein Fluch für die Welt, aber hat sich durchaus positiv auf das Impact Investing ausgewirkt. Wenn nicht jetzt, wann wollen wir dann damit beginnen, ökologische und soziale Kriterien bei unseren Investments stärker zu berücksichtigen. Die Corona-Krise hat auch in entwickelten Ländern Schwachstellen aufgezeigt, wo noch signifikanter Bedarf besteht, mit Kapital das soziale Gefüge besser zu strukturieren. In Entwicklungsländern hat die Krise die bestehenden Probleme oft noch stärker in den Fokus gerückt. Da öffentliche Stellen und Staaten wegen der immer höheren Verschuldungsgrade künftig weniger Geld in wertorientierte Investitionen stecken können, bildet sich ein zunehmend großes Potential heraus, das nur durch Privatkapital und Impact Investing gedeckt werden kann.