Impact Investing hat den Profit und die Würde des Menschen im Sinn. Dabei baut es auch auf moralischen Überzeugungen auf, deren Wurzeln in der Bibel angelegt sind. Wie Not und soziale Ungerechtigkeit behoben werden können, beschäftigt die Menschheit schließlich nicht erst seit heute, sondern schon seit Jahrtausenden.
Hinter dem Impact Investing steht eine Frage, die die Menschheit seit Jahrtausenden begleitete: Wie kann soziale Ungerechtigkeit behoben werden? Natürlich gab es darauf auch oft grausame Antworten, in denen die bitteren Lebensumstände armer oder versklavter Menschen als Teil göttlicher Pläne angesehen wurde. Doch umso weiter sich die Menschheit entwickelte, umso drängender wurde es, gerechtere Antworten zu entwickeln.
Die zwei monotheistischen Religionen Judentum und Christentum sind dafür gelungene Beispiele. Im Judentum mussten Sklaven nach einer bestimmten Zahl an Jahren freigelassen werden und selbst in Kriegszeiten war es untersagt, die Felder der Gegner zu zerstören. Es gibt zusätzlich 613 namentlich benannte Gebote, um Gutes zu tun, die sich über alle Bereiche des Lebens erstrecken. Solidarität mit Hilfsbedürftigen ist ein integraler Teil dieser Religion.
Das Christentum wiederum hat den Impact Investing-Gedanken im Grunde schon in seiner prägnanten Aufforderung zur Nächstenliebe enthalten. Sie entwickelte eine komplexe Moraltheologie, die so weit ging, dass sie sogar einen hungernden Armen in Schutz nahm, wenn er einen Reichen bestahl. Schließlich, so die Argumentation, nehme er sich nur, was ihm zusteht und was ihm der Reiche eigentlich freiwillig hätte überlassen müssen. Bestrafen würde Gott demnach den Reichen und nicht den Armen, wird daraus mit dem Gewicht eines „iure naturali“ gefolgert, also einem Naturgesetz.
Der Reiche hat sich beim Armen zu bedanken
Tatsächlich lässt die Bibel wenig Deutungsfreiheit, wie sie zu Reichtum steht. Soziale Ungleichheit wird in ihr thematisiert und klar beantwortet. Wer etwas hat, soll nicht nur geben, sondern ist sogar dazu verpflichtet. Dieser Gedanke wird mit der Überlegung auf die Spitze getrieben, dass sich der Reiche letztlich beim Armen zu bedanken habe, dass er ihm helfen dürfe, da er damit eine von Gott gewollte Tat vollbringen würde.
Nichts von all dem ist schon Impact Investing in der heutigen Form (und dass Religionen oft selbst an ihren hohen Ansprüchen scheiterten, ist ebenso klar, aber wiederum ein anderes Thema). Aber Impact Investing baut auch auf diesen Ideen auf. Wobei als weitere Quellen unter anderem der Humanismus und das liberale Weltbild hinzugekommen sind, die aber teilweise auch von der Bibel geprägt wurden. In ihr ist schließlich schon die Idee angelegt, dass alle Menschen gleich viel wert sind, weil sie alle Ebenbilder Gottes sind.
Tatsächlich erstaunt es unter diesen Umständen nicht, dass es religiöse Gemeinschaften waren, die zu den Pionieren der modernen Geldanlage unter moralischen Gesichtspunkten gehörten. So führten christliche Kirchen in den USA im 19. Jahrhundert „Sündenlisten“ über jene Industrien, in die sie nicht investieren und von denen sie auch nicht profitieren wollen. Dazu zählten vor allem Investitionen in Alkohol, Tabak, Glücksspiel und Prostitution.
Auch religiöse Moralvorstellungen prägen das Impact Investing
Im 20. Jahrhundert drängten immer mehr „nichtreligiöse“ Geldgeber auf die Bühne und verschärften die moralischen Standards noch weiter, die erfüllt werden müssen, bevor eine Investition getätigt wird. Aktionäre und Investoren entdeckten zunehmend die Möglichkeit, ihr Geld als Druckmittel für Veränderungen einzusetzen. Sei es im Protest gegen den Vietnamkrieg, gegen die Apartheid Südafrikas oder die Atomkraft. Dieser Weg führte schließlich im 21. Jahrhundert zur Entwicklung des Impact Investing, bei dem der Erfolg im Kampf gegen soziale oder ökologische Missstände kein gewollter Nebeneffekt mehr ist, sondern der eigentliche Sinn der Investition. Auch wenn bei Impact Investing niemand an die Bibel denkt, steckt in ihm eben auch ein Teil ihrer Moral. Schließlich entwickelt sich auch gesellschaftliche Ideen evolutionär weiter und so gehören zu den Inspiratoren dieser Geldanlage eben auch religiöse Moralvorstellungen.