„Leider kann ich Ihnen nicht weiterhelfen. Der Begriff ‚Impact Investing‘ ist mir nicht bekannt.“ Wenn das ein zufällig ausgewählter Passant auf der Straße antworten würde, dürfte das niemanden erstaunen. Allerdings handelt es sich hier um die offizielle Antwort einer deutschen Großbank. Impact Investing hat sich in Deutschland also noch nicht durchgesetzt. Das ist die schlechte Nachricht. Die gute lautet aber: Das ändert sich gerade.
Warum in Deutschland der Einstieg in diese nachhaltige Form der Geldanlage schwerer fällt als in den angelsächsischen Ländern, hat mehrere Gründe. Da wäre zum einen die Spardisziplin der Deutschen. Mit ungebrochenem Vertrauen wird das Geld aufs Konto gelegt. Daran änderten weder Staatsbankrotte im 20. Jahrhundert etwas noch die Nullzinspolitik des 21. Jahrhunderts. Im Vergleich zu den europäischen Nachbarn verfügen Deutsche selten über Aktien, ETFs oder Fonds, dafür aber über mehr Misstrauen gegenüber der Börse. Hinzu kommt, dass der deutsche Staat diese Geldanlage noch nicht im gleichen Maß fördert, wie es Beispielsweise der britische macht. Dort wurde die ‚Social Investment Bank‘ gegründet und mit 700 Millionen Euro ausgestattet.
Noch ist Deutschland ein Impact Investing-Nachzügler
Deutschland zeigt noch kein solches Engagement und verzichtet bislang weitestgehend auf rechtliche Anreize oder das Auftreten als Impact Investor. Diese Mischung aus zögerlichen Bürgern und Investoren sowie einem zurückhaltenden Staat hat einen Markt zur Folge, der bislang nur eine überschaubare Zahl an Anlageprodukten hervorgebracht hat. Die Folgen davon zeigen sich im internationalen Vergleich. Während weltweit mehr als 30 Milliarden Euro als Impact Investments in Unternehmen, Fonds und Startups investiert sind, beläuft sich der deutsche Anteil auf weniger als 100 Millionen Euro – also auf nicht einmal 4 Prozent.
Das klingt eher ernüchternd und doch gibt es Entwicklungen, die Mut machen. Die Deutschen fangen nämlich an, ihren Umgang mit Geld zu ändern. Langsam zwar, aber unübersehbar. In keiner Gruppe ist dabei das Interesse an Impact Investing so groß wie unter den Millennials. Dieser Trend ist Teil eines wachsenden Bewusstseins dafür, dass jeder Einzelne etwas zum Zustand der Welt beitragen kann. Tatsächlich zeigen Umfragen, dass das Interesse an nachhaltigen Geldanlagen seit den Babyboomern bei jeder folgenden Generation zugenommen hat und bei der Generation Z (Jahrgang 1997 – 2012) sogar noch einmal stärker ausgeprägt ist als bei den Millennials, also den ‚Gamechangern‘ in Sachen Impact Investing. Spätestens mit der weltweiten Klimaschutzbewegung, die von jungen Menschen organisiert wird, wird auch zeitnahes Handeln eingefordert, das dem Impact Investing entgegenkommt. Schließlich ist dessen Anspruch, möglichst schnell und nachhaltig zu wirken. Die Auswirkungen der Corona Krise werden diesen Trend sicher noch verstärken, da hier schonungslos Investitions-Bedarfe offengelegt werden.
Deutsche Stiftungen und Millennials als Vorreiter in Sachen Impact Investing
Dieser Trend ist auch bei Startups zu erkennen, die typischerweise von jungen Gründern ins Leben gerufen werden. Für viele von ihnen steht nicht mehr der Traum im Mittelpunkt, ein milliardenschweres Unternehmen zu schaffen, sondern der Wunsch, gesellschaftliche und ökologische Probleme zu lösen. Auch medial nimmt das Interesse an dieser „Tu Gutes und verdiene damit Geld“-Investmentform stetig zu.
Der Bundesverband Deutscher Stiftungen brachte 2012 eine erste Publikation zum Thema Impact Investing heraus, der seitdem Dutzende weitere folgten. Auch die Zahl an Blogs steigt ebenso die Debattenbeiträge auf Finanz- und Stiftungsmessen. In ‚Die Stiftung – Magazin für Stiftungswesen und Philantrophie‘, hieß es darum zufrieden, „die Diskussion um Impact Investing bei deutschen Stiftungen dreht sich heute nicht mehr um das ‚Warum‘, sondern vor allem um das ‚Wie‘“.
Experten nehmen an, dass künftig vor allem Volks-, Raiffeisenbanken und Sparkassen das Impact Investing für sich entdecken könnten. Sie haben die regionale Verwurzelung dafür, um Projekte „vor Ort“ zu fördern und könnten auf diese Weise auch ihr Image bei der jüngeren Generation als Banken verbessern, die sich dem nachhaltigen Schutz von Gesellschaft und Natur verschrieben haben. Aus ähnlichen Gründen wäre es auch für Großbanken von Vorteil, in diese Anlageform zu investieren. Zumal ein Blick ins benachbarte Ausland reicht, um zu sehen, dass andere Großbanken längst erhebliche Summen auf diese Weise anlegen. Die Schweizer UBS hat bislang 2,3 Milliarden Euro investiert und kündigte an, bis zu 4,4 weitere Milliarden auf diese Weise einzusetzen, da sie davon ausgeht, dass sich Impact Investing zu einer der attraktivsten Geldanlagen der Zukunft entwickeln wird.
Der Markt für Impact Investing wächst auch in Deutschland
Es gibt also gute Gründe anzunehmen, dass die Zeiten bald vorbei sind, in denen Mitarbeiter deutscher Großbanken ratlos abwinken müssen, wenn sie auf Impact Investing angesprochen werden. Die Gesellschaft wird sozialer und das zeigt sich zunehmend auch in der Art der Anlagenformen, die bevorzugt werden. Während in Großbritannien und den USA das Impact Investing schon eine größere Rolle spielt, entdecken auch die Deutschen es zunehmend für sich. Das ist eine gute Nachricht für ihren Kontostand und den Zustand der Welt.