Wie Indien noch stärker von Impact Investing profitieren könnte

Indien ist eine IT-Weltmacht und hat zugleich hunderte Millionen arme Bürger. Es ist ein Land der Gegensätze und eigentlich ein ideales Ziel für Impact Investing. Warum sich viele Geldgeber trotzdem noch zurückhalten, liegt an Gründen, die auch in anderen Staaten die Investitionsbereitschaft bremsen. Doch Indien könnte sie schneller abbauen als viele andere Entwicklungs- und Schwellenländer. 

Indien gilt als Musterbeispiel für einen Staat, der von Impact Investing erheblich profitieren könnte. Mit 1,4 Milliarden Menschen wird er absehbar China als bevölkerungsreichstes Land der Welt ablösen und verfügt über eine der führenden IT-Branchen, die viele erfolgreiche Programmierer hervorbringt. Der Erfolg auf diesem Gebiet wird auch daran deutlich, dass an der Spitze von Google, Microsoft und IBM indischstämmige Amerikaner stehen. 

Doch diese Erfolgsgeschichte ist nur ein Teil Indiens und bislang noch eher Ausnahme als Regel. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung gilt als arm und muss mit weniger als zwei Dollar am Tag auskommen. Sauberes Wasser, eine konstante Stromversorgung oder der Zugang zu medizinischer Versorgung sind längst nicht in allen Landesteilen gegeben. Auch im Bereich des Bildungssystems, der Förderungen von Frauenrechten oder dem Schutz sexueller und ethnischer Minderheiten gibt es noch erhebliche Defizite.

Impact-Investitionen von 2,6 Milliarden US-Dollar in 2020

Indien bietet alles, um als Markt für Impact Investing attraktiv zu sein. Tatsächlich wird dieser Markt von Investoren auch genau beobachtet und es kam im Jahr 2020 zu Impact-Investitionen von immerhin 2,6 Milliarden US-Dollar. Gleichzeitig ist Indien aber auch ein gutes Beispiel dafür, was für äußere Umstände Investoren zögern lassen oder Engagements komplett verhindern können. Da wären jene Schwierigkeiten, die offensichtlich sind. Wo es kriegerische Auseinandersetzungen gibt, zu denen auch Bandenkriminalität, Drogenhandel oder religiöse Konflikte zählen, wird niemand gerne sein Geld anlegen. 

Dass gewaltsame Konflikte eine abschreckende Wirkung haben, ist selbsterklärend. Oft unterschätzt, aber viel weiterverbreitet, ist jedoch ein anderer Faktor: rechtliche Unsicherheit. Investoren riskieren ihr Kapital nur zögerlich in rechtlich unsicheren Nationen, in denen jeder Machtwechsel auch eine radikale Änderung der eigenen juristischen Positionen nach sich ziehen kann, bis hin zu Verboten oder Enteignungen.

Rechtliche Hürden verhindern Impact Investing-Potenzial

Nun ist Indien in dieser Hinsicht, trotz aller noch vorhandenen Probleme, als größte Demokratie der Welt keines der typischen Problemländer, jedoch gibt es trotzdem rechtliche Hürden, die das volle Ausschöpfen des Impact Investing-Potenzials verhindern. So hat Indien bis heute nicht festgelegt, was für den Staat eigentlich ein Sozialunternehmen ist und was nicht. Diese Unsicherheit lässt nicht nur mögliche Investoren zögern, sondern bedeutet für aktive Sozialunternehmen auch einen zeitlichen und finanziellen Mehraufwand in Bezug auf Behördengänge, notwendige Dokumente und Genehmigungen. Auch klagen Investoren über sich zum Teil widersprechende Gesetze und Vorschriften. Wenn die rechtliche Situation aber nicht eindeutig überprüfbar und einklagbar ist, bleibt eine abschreckende Unsicherheit zurück. An dieser Stelle muss Indien – und jedes andere Land, das von Impact Investing profitieren will – die eigene Gesetzeslage angleichen. Letztlich gilt: umso mehr rechtsstaatliche Sicherheit, umso mehr Bereitschaft zur Investition. 

Indien könnte ein ideales Ziel für Impact Investing sein

Auch die Effizienz der Behörden ist ausschlaggebend dafür, ob Impact Investoren angezogen werden oder nicht. Oft sind langsame und kaum miteinander vernetzte Behörden eine entscheidende Bremse. Dass Indien mit dem Problem kämpft, die Digitalisierung der Behörden noch nicht weit genug vorangetrieben zu haben, ist wiederum ein Versäumnis, das man bei einer der führenden IT-Nationen der Welt nicht unbedingt erwarten würde.Sollte Indien solche Probleme in den Griff bekommen, könnte es ein ideales Ziel für Impact Investing darstellen. Schließlich handelt es sich um eine aufstrebende Nation, die beim Aufstieg an die Weltspitze vor enormen Herausforderungen steht, bei denen staatliche und privatwirtschaftliche Projekte Hand in Hand gehen könnten. Unter anderem auch bei Erreichen der ehrgeizigen SDG-Ziele. Unter Experten gilt es als nahezu ausgeschlossen, dass staatliche Bemühungen allein reichen werden, um diese Ziele bis zum Jahr 2030 einzuhalten. Impact Investing wäre eine ideale Ergänzung, da es vor allem in den Bereichen eingesetzt wird, die unter Nachhaltigkeits-Gesichtspunkten besonders wichtig sind.