Impact Investing im Single Family Office

Dr. Johannes Knorz setzt sich in seinem großen Fachbeitrag mit Impact Investing im Single Family Office auseinander. Impact Investing verfolgt den ausdrücklichen Zweck, eine positive, klar erkennbare und auch messbare ökologische oder soziale Wirkung zu erzielen („Impact Return“) und mit dieser Investition auch eine marktübliche finanzielle Rendite zu erzielen („Financial Return“). Durch die Ausrichtung des Investments auf ein aktives positives Tun unterscheidet sich das Impact Investing somit grundlegend von bloßen Vermeidungsstrategien.

Märkte nutzen ist wie Prosa sprechen: Viel hängt davon ab, welche Prosa wir sprechen wollen.“ Amartya Sen

Die Menschheit wie auch jeder Einzelne von uns stehen vor der Erkenntnis, dass der bisherige Umgang mit unseren Ressourcen und Lebensbedingungen zunehmend in eine irreversible Sackgasse führt. Die Autorin Maja Göpel bringt es auf den Punkt: 

„Längst hat sich ein Gefühl von Zeitenwechsel in unsere Wahrnehmung von der Welt eingeschlichen. Unsere Gegenwart wirkt zerbrechlich, während unsere Zukunft unaufhaltsam auf jene Szenarien zuzulaufen scheint, die wir aus Weltuntergangsfilmen kennen. Aus den von der Moderne so sehr geförderten Utopien sind Dystopien geworden. Aus unserem Vertrauen in die Zukunft Sorge und Angst. Was im kleineren Maßstab gute Lösungen und hohen Komfort versprach, ist, global aufsummiert, zur Bedrohung geworden.“ (Göpel 2020, S. 13)

Die Corona-Pandemie und vielleicht noch mehr die Klimakrise führen uns das sehr drastisch und konkret vor Augen. Beide wirken als eine Art Katalysator und machen uns so deutlicher denn je: Nur wenn wir unser ökologisches und soziales Verhalten grundlegend hin zu einem wirklich nachhaltigen Zusammenspiel des Menschen mit seinem Lebensraum verändern, ist eine lebenswerte Zukunft auf diesem Planeten überhaupt noch möglich. Alternativen hierzu gibt es nicht mehr.

Für uns als Vermögensinhaber und -verwalter – und damit als Investoren – führt diese Erkenntnis zu einer radikalen Umkehr. Statt unsere Investments wie in früheren Zeiten alleine an Rendite und Risiko auszurichten, kommt nunmehr ein weiteres zentrales Kriterium hinzu, eine Art „dritte“ und damit ganz neue Dimension. Und das ist die Frage nach der Wirkung, also wie wir mit unseren Investments einen konkreten Beitrag dazu leisten können, den beschriebenen Herausforderungen zu begegnen. Die Antwort hierauf gibt die Anlagestrategie des Impact Investing.

Schwerpunkt im unternehmerischen Tätigwerden

Selbstverständlich gibt es jenseits der Finanzwelt eine Vielzahl anderer, mindestens ebenso wichtiger Handlungsfelder, um die dringend notwendige ökologische und soziale Transformation unserer Gesellschaft voranzubringen. Genannt seien hier insbesondere staatliches und politisches Tätigwerden und Engagement, gemeinnützige Aktivitäten, aktivistische Maßnahmen und weitere sogenannte „Engagement Strategies“ (vgl. Busch/Bruce-Clark 2021, p. 9; Schwab/Mallert 2020, S. 223f.).

Auch die sogenannte intermediäre Tätigkeit ist hier zu nennen. Für uns selbst bildet sie das zweite tragende Element unserer Tätigkeit, etwa über die Bundesinitiative Impact Investing (https://bundesinitiative-impact-investing.de) oder das weltweite Netzwerk Toniic Institute (https://toniic.com).

Unseren Schwerpunkt setzen wir jedoch im unternehmerischen Tätigwerden. Dies zum einen schlicht deshalb, weil wir aus der Welt des Unternehmertums kommen und daher die Erfahrung, die finanziellen Instrumente und auch die Mittel dafür haben. Zum anderen aber, weil wir glauben, dass aus der Privatwirtschaft kommende Impulse schneller und wirkungsvoller sein können als etwa die von staatlichen Institutionen und Verbänden (vgl. Cohen 2021, S. 184; Ekkenga/Schirrmacher/Schneider 2021, S. 1513; ter Braak-Forstinger 2017, p. 19).

„Impact Investing im Single Family Office“ will zur Diskussion anregen

Ziel dieses Papers ist es, das Thema „Impact Investing im Single Family Office“ zu strukturieren und einen ersten groben Überblick über die wesentlichen Fragen zu geben. Auch will es zur Diskussion anregen, denn Vieles ist noch im Fluss. Grundlegend Neues wird das Fachpublikum in diesem Artikel hingegen nicht finden; in den Quellenangaben sind jedoch weiterführende Hinweise enthalten. 

Nach dieser Einleitung (Teil A.) soll daher zunächst versucht werden, den Begriff „Impact Investing“ etwas genauer zu verstehen und die wesentlichen Unterschiede zu anderen Anlagestrategien herauszuarbeiten (Teil B.). Daran anschließend werden die wesentlichen Elemente dieser Strategie detaillierter beleuchtet und einzelne Problempunkte zumindest kurz angerissen. Hierzu gehört insbesondere das Thema von Investitionen in den Sekundärmarkt, die Frage, wie man die Wirkung von Impact Investments eigentlich misst sowie das Phänomen des sogenannten „Impact Washing“ (Teil C.). In einem weiteren Abschnitt schließlich soll zumindest noch kurz eingegangen werden auf unseren finanzstrategischen Ansatz, der unsere Impact-Strategie ergänzt und vervollständigt (Teil D.). In der Schlussbetrachtung schließlich werden die wesentlichen Aussagen zum Thema Impact Investing noch einmal zusammengefasst und abschließend bewertet (Teil E.).

B. Begriff und Abgrenzung

  1. Der Begriff Impact Investing umfasst in Anlehnung an die Definition des Global Impact Investing Networks (GIIN) eine Investmentstrategie, die im Wesentlichen aus zwei zentralen Elementen besteht:
  • Die Investition in eine Organisation (Unternehmen, Projekt, Fonds etc.) zu dem ausdrücklichen Zweck, damit eine positive, klar erkennbare und auch messbare ökologische oder soziale Wirkung zu erzielen („Impact Return“) 

und

  • mit dieser Investition auch eine marktübliche finanzielle Rendite zu erzielen („Financial Return“).

Diese beiden Kriterien müssen kumulativ vorliegen und in Beziehung zueinanderstehen (vgl. https://thegiin.org/impact-investing/need-to-know/#what-is-impact-investing; ausführlich Ben Abid 2021, p. 9 ff.; Grabenwarter/Liechtenstein 2012, p. 7ff.). Ihre Gewichtung kann innerhalb des Gesamtportfolios jedoch unterschiedlich sein (vgl. Then/Schmidt 2020, S. 8). Auch innerhalb der einzelnen Anlageklassen weicht der Schwerpunkt zwischen „Impact Return“ und „Financial Return“ häufig voneinander ab. 

Zumindest momentan noch steht der „Financial Return“ häufig bei Immobilien-Investments im Vordergrund, während etwa bei Direktbeteiligungen und Fonds der „Impact Return“ zunehmend an Bedeutung gewinnt. Letzten Endes unterliegt dies jedoch immer der individuellen Ausgestaltung des jeweiligen Portfolios. Entscheidend dabei ist, dass die mit einem Investment angestrebten positiven sozialen oder ökologischen ebenso wie die finanziellen Ziele in Übereinstimmung stehen mit den individuellen Werten des Investors (vgl. ausführlich Emerson/Smalling 2015, p. 7).

Beim Impact Investing handelt es sich somit also ausdrücklich nicht, wie vielfach immer wieder behauptet, um eine eigenständige Assetklasse, sondern um eine Anlagestrategie über alle Anlageklassen hinweg (vgl. ausführlich Emerson/Smalling 2015, p. 2ff). Das primäre Feld für Impact Investments sind aktuell insbesondere Direktbeteiligungen in ökologisch und sozial richtungsweisende Unternehmen, meist über Fonds. Aber auch für Aktien, Anleihen und Immobilien und damit als Gesamt-Anlagestrategie ist das Impact Investing ideal geeignet (vgl. Brock/Knorz 2020, p. 11f.; Bruns/Meyer-Bullerdiek 2020, S. 344; Busch/Bruce-Clark 2021, p. 8; Godecke/Briaud 2020, p. 31).

Die Strategie des Impact Investing ist daher die Lösung für das seit Jahrzehnten diskutierte Dilemma, wie Wirkungskriterien mit Profitabilitätskriterien in Einklang gebracht werden können. 

Wirtschafts- und Finanzsystem von Grund auf zu reformieren

Bisher waren diese beiden Bereiche relativ klar voneinander getrennt. Entweder man tat „Gutes“, gab damit aber sein dafür aufgewendetes Kapital auf (klassisch: Spenden). Oder aber man konzentrierte sich ausschließlich auf den Profit, kümmerte sich dabei dann aber wenig bis gar nicht um die damit verbundenen negativen Auswirkungen auf Mensch und Natur. Notfalls konnte man diese im Spendenwege ja wieder „gut machen“.

Erst mithilfe des Impact Investing können diese beiden bisher scheinbar unvereinbaren Gegensätze miteinander verknüpft und in Einklang gebracht werden. Es handelt sich damit um nicht weniger als einen grundlegenden Paradigmenwechsel, der das Potenzial hat, unser gesamtes Wirtschafts- und Finanzsystem von Grund auf zu reformieren (vgl. Ben Abid 2021, p. 24 f., 28; Cohen 2021, S. 25 ff.; Emerson/Smalling 2015, p. 14) und es tatsächlich vom Kopf wieder auf die Füße zu stellen.

Denn anders als bloße ESG- beziehungsweise Nachhaltigkeitsansätze ist die Strategie des Impact Investing nicht nur auf „Gutes tun“, sondern zugleich auch auf eine marktübliche finanzielle Rendite gerichtet. Anders als etwa philanthropische Ansätze nutzt sie daher ganz bewusst die bereits bestehenden marktwirtschaftlichen Mechanismen, um „Gutes“ zu bewirken. Durch diese Verbindung von finanzieller und ökologischer oder sozialer Rendite ist es somit erstmals möglich, wirklich nachhaltige ökologische und soziale Investitionen aus ihrem Nischendasein herauszuführen und im Mainstream unserer auf Gewinnerzielung gerichteten Marktwirtschaft zu etablieren. Die bisherige künstliche Trennung eines Investments von seinen Auswirkungen wird damit überwunden (vgl. ausführlich Ben Abid 2021, p. 9 ff.).

Anschaulich umschrieben wird die Strategie des Impact Investing etwa von Godecke / Briaud mit „The need to apply impact to investing“ (Godecke/Briaud 2020, p. 178). Besonders klar auch Annie Chen: „Why commit to 100% impact investments? To invest in the future we want to create. To protect the commons upon which all life depends. To demonstrate that capital can be deployed with a higher purpose beyond financial return.“ (https://toniic.com/investing-to-protect-the-commons)

Impact Investing als „konsequenteste Stufe des nachhaltigen Investierens“

Peter Brock nennt das Impact Investing daher folgerichtig die „konsequenteste Stufe des nachhaltigen Investierens“ (Brock 2021a, Nr. 3; ähnlich Grabenwarter/Liechtenstein 2012, p. 8). Und nach Volckens hat das Impact Investing damit sogar das Potenzial, unsere Finanzordnung auf eine ganz neue Legitimationsgrundlage zu stellen:

„Eine derart ‚aufgeklärte‘ Finanzwelt, in der ein neuer, umfassenderer Renditebegriff Platz greifen wird und in der finanzielle Mittel zur Sicherung der Umwelt und der Lebensgrundlagen künftiger Generationen eingesetzt werden, erhält eine völlig neue Bedeutung und vielleicht sogar eine neue Legitimität. Denn die damit erzielte Rendite ist nicht eine individuell dem Investor zukommende, sondern vielmehr eine universelle Rendite, die auf unterschiedliche Art und Weise letztlich uns allen zufließt“. (Volckens 2021, S. 27)

Die Strategie des Impact Investings erstrebt also immer eine doppelte Rendite: Die direkte finanzielle, die unmittelbar dem Investor zukommt („financial return“). Darüber hinaus aber auch immer die ökologische oder soziale Rendite („impact return“) – und diese, das ist das Besondere, kommt notwendig eben gerade nicht nur dem Investor, sondern uns allen zugute. 

2. Impact Investing ist somit eine Anlagestrategie, die sich grundlegend von bisherigen Ansätzen unterscheidet:

  • Anders als beim Impact Investing ist das zentrale Instrument der traditionellen Philanthropie die Spende. Ermöglicht wird sie in der Regel über die Errichtung von Stiftungen oder die Unterstützung bereits bestehender gemeinnütziger Organisationen. Zuwendungen dieser Art sind schon allein deshalb keine „Investition“, weil das eingesetzte Kapital verbraucht wird; die Zuwendung „blutet“ also aus. Daher ist dieses Instrument schon vom Ansatz her eher punktuell und im Volumen zu limitiert, um die drängenden sozialen und ökologischen Herausforderungen unserer Zeit systemisch und grundlegend anzugehen (vgl. Cohen 2021, S. 14; 91; 173). Darüber hinaus sind wir der Ansicht, dass marktwirtschaftlich organisierte Modelle grundsätzlich besser geeignet sind, innovative Projekte effizient umzusetzen und auch langfristig zum Erfolg zu führen. Dies allein schon deshalb, weil sie sich anders als philanthropische Modelle auf Dauer finanziell selbst tragen und daher ihre Ergebnisse auch kontinuierlich messen müssen (vgl. ausführlich Cohen 2021, S. 146). Ein Musterbeispiel hierfür ist etwa die Afrika GreenTec AG. Dieses Unternehmen versorgt abgelegene Regionen in Afrika mit vor Ort produziertem Solarstrom. Durch sog. Inselnetze versetzt sie die Bewohner ländlicher Räume auf der Basis eines kommerziellen Modells in die Lage, die Infrastruktur und damit ihre gesamte Lebens- und Arbeitswelt aus eigener Kraft zu verbessern (www.africagreentec.com). Dennoch hat die Philanthropie insbesondere durch Stiftungen für gemeinnützige oder wohltätige Zwecke in vielen Bereichen ihre unverzichtbare Daseinsberechtigung. Das gilt insbesondere da, wo marktbasierte Lösungen schlicht nicht möglich sind (vgl. de Schrevel 2021, p. 828f.; ausführlich Werkmüller 2019, S. 35, 515ff.). Im Übrigen gibt es gerade in jüngster Zeit durchaus Möglichkeiten und Ansätze, philanthropische mit Impact Investing-Strategien zu kombinieren, etwa über sog. Social Impact Bonds, Development Impact Bonds oder mehrstufige „Blended Finance Funds“ (vgl. ausführlich de Schrevel 2021, p. 835ff.; weitere Beispiele bei Cohen 2021, S. 33ff., 148ff.; 173ff.).
  • Als eine Art Gegenpol zur Spende ist das traditionelle Investieren anders als das Impact Investing ausschließlich an der finanziellen Rendite und damit allein an den kommerziellen Interessen des Investors ausgerichtet. Welchem Zweck diese Investition jedoch dient und welche Wirkung sie hat, ist hier irrelevant; sie erfolgt ohne inhaltliche und wertende Vorgaben.
  • Der sogenannte SRI-Ansatz („Socially Responsible Investing“) ist darauf ausgerichtet, mit dem Streben nach finanzieller Rendite jedenfalls keine ökologischen oder sozialen Probleme zu verursachen. Der Begriff ist recht schwammig, er wird von verschiedenen Akteuren und zum Teil auch in verschiedenen Regionen ganz unterschiedlich verwendet. Zum Teil wird auch von „werteorientiertem“, ethisch beziehungsweise ökologisch „nachhaltigem“ oder „sozial verantwortlichem“ Investment gesprochen. 

Allen diesen Spielarten ist jedoch gemein, dass der SRI-Ansatz anders als das Impact Investing ausschließlich auf die Vermeidung bestimmter ökologisch oder sozial nachteiliger Anlageformen gerichtet ist, jedoch gerade nicht auch positiv auf eine aktive ökologische oder soziale Wirkung (vgl. Hull 2021, p. 237).

  • Diesem Ansatz sehr ähnlich ist der ESG-Ansatz („Environmental, Social, Governance”) in der Form des „negative screening”. Er unterscheidet sich von dem SRI-Ansatz lediglich dadurch, dass in einem Negativkatalog ausdrücklich festgelegt wird, in welche Bereiche nicht investiert werden darf („Do no significant harm“, zum Beispiel Rüstung, Kinder- und Zwangsarbeit, Massentierhaltung, fossile Energien etc.) (vgl. ausführlich Busch/Bruce-Clark et al. 2021, p. 2ff.).
  • Weiter geht der ESG-Ansatz in der Form des „positive screening“. Hier unterliegt die jeweilige Investition neben dem genannten Negativkatalog auch einem Positivkatalog, also der Vorgabe, dass damit auch bestimmte positive Kriterien verfolgt werden müssen (zum Beispiel Klimaschutz, Förderung erneuerbarer Energien, Gendergerechtigkeit etc.). Es reicht jedoch aus, wenn eines oder mehrere dieser positiven Kriterien zumindest auch beachtet werden – anders als beim Impact Investing müssen sie aber kein „integraler Bestandteil des Geschäftsmodells“ selbst sein (vgl. Busch/Bruce-Clark et al. 2021, p. 2 ff.).

Begriff des „bewussten Investierens“ („Conscious Investing“) sehr wichtig

3. Diese Entwicklung von der Philanthropie über das klassische Investieren hin zu ESG- und schließlich Impact Investment-Ansätzen beschreibt nicht nur eine Entwicklung von Anlagestrategien in zeitlicher Hinsicht; sie schließen sich im Übrigen auch nicht notwendig aus. Gerade in Bereichen, die einem funktionierenden Geschäftsmodell und damit einem „Investment“ nicht zugänglich sind, ist die Philanthropie wie dargelegt unverzichtbar.

Häufig zeigt sich diese Entwicklung übrigens auch in der Person des einzelnen Investors selbst. So ist es immer wieder zu beobachten, dass die Strategie des Impact Investing am Ende einer langjährigen auch persönlichen Entwicklung eines Investors steht; sie führt zu einer Art Wertekompatibilität des Investors mit seinen Investitionsentscheidungen und -objekten. Auch wir haben mit unserem Family Office diese Entwicklung durchlaufen. Der Begriff des „bewussten Investierens“ („Conscious Investing“) beschreibt dies sehr treffend (vgl. ter Braak-Forstinger 2017, p. 1 ff.).

Besonders auffällig ist diese Entwicklung bei jungen Menschen: Gerade jüngere Generationen, insbes. die sogenannten „Millenials“, also die seit etwa 1980 Geborenen, sind deutlich weniger auf rein finanziellen Profit fokussiert als die vorangehenden Generationen. Sie haben daher eine besonders starke Affinität zum Impact Investing (vgl. Ben Abid 2021, p. 18f.; Cohen 2021, S. 86; Volckens 2021, S. 27).

Für uns als Single Family Office verläuft die entscheidende Trennlinie zwischen dem „ESG-Ansatz negative screening“ auf der einen und dem „ESG-Ansatz positive screening“ auf der anderen SeiteDenn erst das „ESG-positive screening“, und erst recht dann das Impact Investing selbst, richten die jeweilige Investition an einem positiven, in die Zukunft gerichteten Zweck in der Realwirtschaft aus (ausführlich unten unter C.). Wir nennen sie daher auch (positiv ausgerichtete) Entwicklungsstrategien

Demgegenüber bezwecken das „ESG-negative screening“ wie auch der sogenannte SRI-Ansatz die bloße Reduzierung von negativen Auswirkungen eines Investments auf Mensch und Natur. Wir nennen sie daher (negativ ausgerichtete) bloße Vermeidungsstrategien. Diese sind zwar ein notwendiger erster Schritt bei der Auswahl eines Investments, greifen im Ergebnis zumindest aus unserer Sicht jedoch zu kurz, um die dringend notwendige Transformation unserer Wirtschafts- und Finanzordnung aktiv nach vorne zu bringen. 

Unterscheidung zwischen bloßen „Impact-aligned Investments“ und den „Impact-generating Investments“

4. In seinen konkreten Ausformungen und Verästelungen ist der Begriff des Impact Investings bis heute nicht abschließend definiert.

So ist neuerdings etwa häufig mit guten Begründungen auch die Rede von „Wirkungsorientiertem Investieren“ (vgl. Bertelsmann Stiftung 2016, S. 3; Lessing 2020, S. 119), dem bereits genannten „Conscious Investing“ (vgl. insbes. ter Braak-Forstinger 2017, p. 1ff.), „Integral Investing“ (vgl. Bozesan 2020, p. 128ff.), „True Impact Investing“ (vgl. Grabenwarter/Liechtenstein 2012, p. 7) oder auch dem sogenannten „Deep Impact Investing“ (vgl. https://www.thinknpc.org/wp-content/uploads/2018/06/In-pursuit-of-deep-impact_NPC_KLF-Digital-1.pdf).

Auch die Unterscheidung zwischen bloßen „Impact-aligned Investments“ und den „Impact-generating Investments“ sei an dieser Stelle zumindest genannt (vgl. Busch/Bruce-Clark et al. 2021, p. 1) Ebenso die bereits erwähnte und auf die jeweilige Gewichtung abstellende Unterscheidung von Impact Investments zwischen „Financial First“ gegenüber „Impact First“ (vgl. Ben Abid 2021, p. 15, 23f.)

Zumindest in ihrer Grundstruktur stimmen all diese Begriffe im Wesentlichen jedoch überein. Sie alle verbindet, in den Worten von Christin ter Braak-Forstinger: „Invest in a world of solutions and earn money.“ (ter Braak-Forstinger 2017, p. 17)

Wir selbst halten uns insoweit an die angenehm pragmatische Empfehlung von Justin Rockefeller:

„Don´t get bogged down in evolving terminology; think of Impact Investing as a framework; impact investments intend to generate financial return and measurable social or environmental benefits.” (De Morais Sarmento/Hermann 2021, p. XII)

Beispiele von Impact Investing-Unternehmen

5. Zur Veranschaulichung im Folgenden noch einige Beispiele von Unternehmen, die den Anforderungen an ein Impact Investment unserer Ansicht nach ideal entsprechen und in denen wir uns daher im Wege von Direktbeteiligungen engagieren:

  • Die Firma Veganz aus Berlin trägt ähnlich wie die Firma Beyond Meat aus den USA dazu bei, Fleischersatz- und andere vegane Produkte flächendeckend zu etablieren. Dies dient nicht nur offenkundig dem Tierwohl, sondern leistet auch einen ganz wesentlichen Beitrag zur Reduktion des CO2-Ausstoßes; und wirtschaftlich erfolgreich ist es obendrein. Für uns ein Musterbeispiel eines Impact Investments (www.veganz.de).
  • Im Allgäu wird ab Juli 2022 ein innovatives Schnellladenetz für Elektromobilität entstehen. Das Cleantech-Unternehmen Numbat setzt dabei auf hochwertige und nachhaltige „Multi-Lifecycle-Batteriezellen“. Der Speicher mit integrierter Schnellladetechnologie wird ausschließlich mit Erneuerbaren Energien geladen und kann überall ans Stromnetz angeschlossen werden, ohne dieses erst aufwändig ausbauen zu müssen (www.numbat.energy). Insgesamt ist dies ein somit gleich in mehrfacher Hinsicht konkreter und wertvoller Beitrag zum Umweltschutz und zugleich wirtschaftlich sehr vielversprechend.
  • Die Firma itsmydata aus München hat es sich zum Ziel gesetzt, dem Einzelnen die Souveränität über seine persönlichen Daten wieder zurückzugeben. Gerade diese persönlichen Daten wurden in den letzten Jahren zunehmend von großen Konzernen wie Google, Facebook und Amazon wirtschaftlich äußerst erfolgreich ausgebeutet, in aller Regel jedoch ohne jegliche Vergütung oder auch nur Wissen der tatsächlich Berechtigten. Itsmydata möchte dies ändern und stellt daher die Datensouveränität des Einzelnen wieder in den Mittelpunkt. Ganz gleich, ob er seine Daten verstehen, teilen, löschen oder an deren Wert partizipieren will – itsmydata gibt die Kontrolle über die Daten wieder dem, dem sie tatsächlich gehören, nämlich jedem Einzelnen von uns. Ein aus unserer Sicht gesellschaftlich sehr wichtiges und auch wirtschaftlich überzeugendes Geschäftsmodell (www.itsmydata.de).
  • Unter der Marke Regionique schließlich hat die Produktfabrik GmbH die erste Lebensmittelmarke eingeführt, die die für ihre Produkte aufgewendeten Kilometer bilanziert und nachweist. Die Zutaten werden nicht wie üblich aus aller Welt eingeflogen, sondern kommen ausschließlich aus Deutschland; ihre genaue Herkunft wird per individuellem Zutaten-Tracker transparent und für den Kunden bis ins Detail nachvollziehbar veröffentlicht. Bei verarbeiteten Lebensmitteln ein absolutes Novum. Als ein durch und durch nachhaltiges Geschäftsmodell hat uns dies von Anfang an überzeugt. Denn es verhindert den unsinnigen Transport von Zutaten aus aller Welt und dokumentiert dies auch ganz transparent und überprüfbar; darüber hinaus hat es aufgrund seiner einzigartigen Stellung im Markt auch ein enormes wirtschaftliches Potenzial (www.regionique.de).

Im Folgenden nun etwas genauer zu den wesentlichen Kriterien, die allen Spielarten des Impact Investing gemeinsam sind und sich in ihrer Gesamtheit von anderen Anlagestrategien grundlegend unterscheiden.

Zunächst muss es sich handeln um eine Investition in ein Unternehmen (Projekt, Fonds etc.), das heißt den Einsatz von Kapital für einen bestimmten Verwendungszweck. Das kann etwa der Kauf von Unternehmensanteilen sein, insbesondere über Aktien und Fonds (vgl. hierzu ausführlich Global Impact Investing Network 2021, p. 3ff.), aber auch Immobilien, ein Darlehen („Sustainability-linked Loans“), Anleihen („Green Bonds“), Bürgschaften, Genussscheine, Garantien, in bestimmten Fällen auch Versicherungen oder sonstige Finanzprodukte (vgl. IFC International Finance Corporation 2020, p. 1; Lessing, S. 119).

Diese Investition muss in eine Unternehmung (Projekt, Fonds etc.) erfolgen, die sowohl als Einheit selbst als auch in ihrem Wirken (Produkte, Dienstleistungen usw.) darauf ausgerichtet ist, eine fundamentale ökologische oder soziale Herausforderung zu lösen. Diese Ausrichtung wiederum muss ein integraler Bestandteil des Geschäftsmodells selbst sein, also eine Art „Handabdruck“ des Unternehmens (vgl. ausführlich Grabenwarter/Liechtenstein 2012, p. 21). Es reicht daher jedenfalls aus unserer Sicht als Single Family Office für die Anlagestrategie des Impact Investing nicht aus, wenn ein Unternehmen nur unter anderem, nicht aber schon von seiner originären Ausrichtung her auf eine grundlegende ökologische oder soziale Herausforderung ausgerichtet ist. Impact Investing zielt auf „[…] investing in companies, that have integrated transformative change into the core of their business models“ (ter Braak-Forstinger 2017, p. 25). Auch eine solche bloße „transformative“ Strategie ist selbstverständlich notwendig, insbesondere bei Großunternehmen. Sie genügt unserer Ansicht nach aber nicht den deutlich strengeren Kriterien des Impact Investing (anders Brühl 2021, S. 25; wohl auch Heeb/Kölbel 2020, p. 7ff.).

Die Diskussion ist insoweit jedoch noch im Fluss, auch bei uns selbst. Denn es gibt durchaus gute Gründe, bei der Auswahl eines Investitionsobjektes nicht nur formal auf das gesamte Unternehmen abzustellen, sondern vielmehr auf die konkreten Projekte, in die investiert wird, also den Transformationsprozess selbst. 

Und insoweit gibt es durchaus äußerst wirkungsorientierte Vorhaben auch in der klassischen „Old Economy“. So entwickelt beispielsweise die RWE AG aktuell Pilotprojekte, bei denen in ehemaligen sogenannten Tagebauseen schwimmende Solaranlagen entwickelt und installiert werden. Die Investition in solche Vorhaben wirkt sich tatsächlich positiv auf den „Company Impact“ des gesamten Unternehmens aus. 

17 Sustainable Development Goals (SDG) der Vereinten Nationen

Umgekehrt könnte es fraglich sein, ob die Investition in ein zwar durch und durch nachhaltiges Unternehmen den Kriterien des Impact Investing genügt, wenn dieses bereits ausreichend finanziert ist, um die gewünschte nachhaltige Wirkung zu erzielen. Denn in diesem Fall entfaltet die zusätzlich getätigte Investition keine unmittelbare Wirkung, der „Investor Impact“ ist daher tatsächlich gleich Null (vgl. ausführlich Heeb/Kölbel 2020, p. 9).

Als wesentlicher Maßstab und Konkretisierung dieser ökologischen und sozialen Herausforderungen haben sich die 17 Sustainable Development Goals (SDG) der Vereinten Nationen etabliert (vgl. https://sdgs.un.org/goals; IFC International Finance Corporation 202, p. 15; Then/Schmidt 2020, S. 28; Wilkens/Klein 2021, S. 15). Hierbei handelt es sich im Kern um international anerkannte, verbindliche und im Einzelnen ausformulierte Handlungsfelder zur ökologischen und sozialen Transformation der Welt (vgl. Bolinson/Mertens 2021, p. 698f.; Seefried 2021, S. 7). Jedes dieser 17 SDGs ist ein konkreter Appell, in einem bestimmten Bereich aktiv zu werden und umfasst dabei seinerseits acht bis zwölf Unterziele. Genannt seien etwa die Bekämpfung der Armut (SDG 1) und des Hungers (SDG 2) in der Welt, Gesundheit und Wohlergehen (SDG 3) oder auch Geschlechtergleichheit (SDG 5), saubere Energie (SDG 7) und insbesondere der Klimaschutz (SDG 13). 

Sehr hilfreich bei der Implementierung dieser SDGs ist das „Toniic SDG Impact Theme Framework“(https://toniic.com/sdg-framework). Der Katalog dieser 17 SDGs ist jedoch als normativer Maßstab weder abschließend noch zwingend. Auch andere Bezugsgrößen sind denkbar (vgl. ausführlich Brock/Knorz 2020, p.8 f.; Grabenwarter/Liechtenstein 2012, p. 21; Global Impact Investing Network 2021, p. 6). Das Impact Institutebeispielsweise erstellt eine eigene Auflistung von „Key Impacts“ (Impact Institute 2020, Appendix A, p. 87ff.). Entscheidend ist letztlich einzig die oben genannte zentrale ökologische oder soziale Ausrichtung eines Investments in eine dieses Anliegen umsetzende Unternehmung: „From an impact perspective, an effect is only relevant if it affects something of value […] Impact is about making a difference.“  (Impact Institute 2020, p. 8)

Es wird eine dem Risiko entsprechende marktübliche finanzielle Rendite angestrebt

Für unser Family Office versuchen wir noch einen Schritt weiterzugehen: Für uns ist es in der Regel nicht ausreichend, wenn ein Unternehmen auf eines oder mehrere SDGs ausgerichtet ist. Hinzukommen sollte vielmehr, zumindest wenn irgend möglich, auch eine gewisse systemische Relevanz („[…] catalyze money towards a systemic change“ (ter Braak-Forstinger 2017, p. 20) der jeweiligen Unternehmung: Nur so kann ein Investment maximalen und langfristigen Impact entfalten (vgl. Brock 2021, S. 4). Mit der Investition wird neben der genannten ökologischen oder sozialen Rendite auch eine – und hier liegt der entscheidende Unterschied zu bloßen „nachhaltigen“ bzw. „ESG“ – Investments – dem Risiko entsprechende marktübliche finanzielle Rendite angestrebt. Diese ist zu ermitteln anhand eines „Risk/Return/Impact-Profils“(RRI) (vgl. Emerson/Smalling 2015, p. 17).

Nur kurz sei in diesem Zusammenhang der Mythos angesprochen, dass die Strategie des Impact Investing zulasten der finanziellen Rendite geht. Inzwischen ist durch zahlreiche Studien belegt, dass die Renditen nachhaltigen Investierens denen klassischer Anlagestrategien in nichts nachstehen (s. insbes. https://bundesinitiative-impact-investing.de/wp-content/uploads/2020/12/Impact-Investing-in-Deutschland-2020.pdf mit Verweis auf weitere Studien; ebenso Bruns/Meyer-Bullerdiek 2020, S. 348; Emerson/Smalling 2015, p. 12; Schwab/Mallert 2020, S. 221; ter Braak-Forstinger 2017, p. 17).

„Old Economy“-Risiken tragen die Investoren

Ganz im Gegenteil: Schon aus einfachen Erwägungen des Risikomanagements folgt, dass ein Investment in eine Zukunftstechnologie wie Erneuerbare Energien tendenziell deutlich weniger riskant und damit auch finanziell attraktiver ist als etwa, um im Beispiel zu bleiben, ein Invest in Fossile Brennstoffe (vgl. Ben Abid 2021, p. 25; Kanning 2021, S. 28; Emerson/Smalling 2015, p. 16; Wilkens/Klein 2021, S. 18.

Darüber hinaus laufen Unternehmen der „Old Economy“ wie beispielsweise die Ölförderunternehmen das Risiko der Abwertung ihrer Vermögenswerte und Produktionsanlagen bis hin zu „Stranded Assets“ – und dieses Risiko tragen letztlich die Investoren, die Anteile an dem jeweiligen Unternehmen halten (sogenannte „Transitionsrisiken“). 

Gleiches gilt auch für klimabedingte Haftungsrisiken gegen mögliche Verursacher (diese betreffen insbesondere Forderungen, die Klimageschädigte gegenüber den Verursachern des Klimawandels geltend machen) oder zunehmend strenger werdende Vorgaben von Gesetzgebung, Regulierung und Rechtsprechung (vgl. Bruns/Meyer-Bullerdiek 2020, S. 345).

Aktuell zählen die Vereinten Nationen (UN) allein 1550 Klimaklagen in 38 Ländern (Lomborg 2021, S. 17). Erst kürzlich wurde der britisch-niederländische Konzern Royal Dutch Shell dazu verurteilt, die absolute Menge seiner Treibhausgasemissionen drastisch zu reduzieren. Damit wurde erstmals nicht nur ein Staat, sondern ein Großunternehmen selbst, das für hohe Treibhausgasemissionen verantwortlich ist, dazu verpflichtet, die Vorgaben des Pariser Klimaschutzabkommens einzuhalten. 

Investitionen in Unternehmen der „Old Economy“ tendenziell fragiler

Investitionen in „saubere“ Zukunftsbranchen sind daher tendenziell resilienter als in klassische Anlageformen. Damit korrespondierend sind Investitionen in Unternehmen der „Old Economy“ tendenziell fragiler und daher auch riskanter (vgl. Landesbank Baden-Württemberg 2021, S. 4, 8; Schwab/Mallert 2020, S. 221). Das oben genannte Urteil gegen Royal Dutch Shell etwa hat „die Einschätzung des Risikoprofils von Ölkonzernen … schlagartig verändert“ (Jung/Theurer 2021, S. 15). Der Aktienkurs des Unternehmens sowie der gesamten Branche entwickelt sich folgerichtig und gegen den Trend nach unten (Frühauf/Schönauer 2021, S. 25).

Weiter kann von einem Impact Investment nur gesprochen werden, wenn die Investition in die Unternehmung darauf ausgerichtet und dafür ursächlich ist, dass sie dem Unternehmen zugrundeliegenden ökologischen oder sozialen Zweck wie auch der finanziellen Rendite unmittelbar dient (Intentionalität, Kausalität und Additionalität) (vgl. Global Impact Investing Network 2021, p. 2; Heeb/Kölbel 2020, p. 7; Lessing 2020, S. 117). Wilkens/Klein (2021, S. 5) sprechen in diesem Zusammenhang von „transformativen Realinvestitionen“.

Dies könnte problematisch sein bei Investitionen in den Sekundärmarkt, also etwa in Anleihen oder Aktien börsennotierter Unternehmen. Denn hier fließt das Kapital des Investors im Normalfall tatsächlich nicht unmittelbar dem Unternehmen selbst zu, sondern dem bisherigen Inhaber der Aktie, also dem Verkäufer. Für das Unternehmen selbst ist diese Transaktion folglich zunächst einmal neutral. Es gibt daher Stimmen, die Investments in diese Anlageklassen nicht als Impact Investing qualifizieren möchten (vgl. Lessing 2020, S. 120 m.w.N.).

IPO und Kapitalerhöhung können als Impact Investing qualifiziert werden

Teils geht es bei der lebhaften Diskussion hierüber auch um terminologische Fragestellungen. Festgehalten sei jedoch, dass dieser Einwand jedenfalls nicht gilt für den Börsengang eines Unternehmens selbst (IPO) und auch nicht für den Fall einer Kapitalerhöhung. Denn in diesen beiden Konstellationen fließt das Kapital des Investors eben doch unmittelbar dem Unternehmen zu. Es kann daher unproblematisch als Impact Investing qualifiziert werden.

Darüber hinaus wird auch die Ansicht vertreten, dass die Investition in börsennotierte Unternehmen dem Investor zumindest mittelbar die Möglichkeit gibt, über seine Aktionärsrechte Einfluss auf das Unternehmen auszuüben – und so auf eine ökologische und soziale Transformation hinzuwirken. Über solche „Engagement Strategies“ (vgl. Busch/Bruce-Clark et al. 2021, p. 9; Emerson/Smalling 2015, p. 12; Global Impact Investing Network (2021, p. 7) könne der Aktionär mithilfe des von ihm eingesetzten Kapitals für den Kauf der Aktie also durchaus seine Investmentziele verfolgen. Häufig fällt hier daher auch der Begriff der „Voice-Option“ eines Aktienengagements (vgl. Ekkenga/Schirrmacher/Schneider 2021, S. 1510). Daher genüge auch die Investition in börsennotierte Unternehmen über den Kauf von Aktien generell den Anforderungen des Impact Investing (vgl. ausführlich Heeb/Kölbel 2021, p. 22; Kölbel et al. 2020, p. 555, 559f.; Brock 2021, S. 4.).

Als eine weitere solcher Engagement-Strategien sei schließlich auch das „Divestment“ erwähnt. Hier geht es jedoch anders als beim Aktienkauf um den bewussten Abzug von Kapital aus Unternehmen oder Branchen, die negative Auswirkungen auf Mensch und Umwelt haben. Häufig wird in diesem Zusammenhang daher auch von einer „Exit-Option“ gesprochen, von der im Übrigen auch durchaus ein gewisser Signaleffekt in den Markt ausgehen kann (vgl. Ekkenga/Schirrmacher/Schneider 2021, S. 1510).

Unternehmen ohne positive ökologische oder soziale Wirkung ohne Wert für Impact Investoren

Weiter gehen die „Divestment“-Kampagnen. Dabei werden Investoren öffentlich kritisiert, deren Portfolien etwa klimaschädliche Anlagen haben, um so möglichst negative Kursbewegungen auszulösen. Diese Strategie ist in den letzten Jahren insbesondere bezüglich fossiler Energieunternehmen besonders populär geworden (vgl. Balakumar 2021, p. 452; Bruns/Meyer-Bullerdiek 2020, S. 346 m.w.N.). Eines der aktuellsten Beispiele sind die Kampagnen gegen den bereits erwähnten niederländisch-britischen Ölkonzern Royal Dutch Shell (Frühauf/Schönauer 2021, S. 15).

Für Investoren jedoch, die sich zumindest schon am ESG-negative-Screening ausrichten, ergibt sich der Ausschluss von Unternehmen mit negativer Wirkung bereits von selbst. Auch wir als Impact Investoren haben in unserem Portfolio daher keinen Wert, dem wir nicht eine positive ökologische oder soziale Wirkung zuschreiben.

Wirkungsmessung von Impact Investments deutlich komplexer

Die Erreichung dieses Zwecks wie auch der finanziellen Rendite müssen transparent realisiert, gemessen und auch berichtet werden: „Wirkungsmessung“.

In der möglichst genauen Messung erstens des eingesetzten Kapitals für das jeweilige Unternehmen („Investor Impact“) sowie zweitens von dessen Impact auf ökologische oder soziale Ziele („Company Impact“ oder „Asset Impact“) (Heeb/Kölbel 2020, p. 3, 8ff.) liegt momentan die größte Herausforderung bei der Implementierung von Impact Strategien.

Denn zu dem klassischen zweidimensionalen System von „Risk“ und „Return“ („Capital Asset Pricing Model“) kommt nun eine dritte Dimension hinzu: Die Wirkung, also der konkrete „Impact“ auf und durch das jeweilige Investment. Grabenwarter/Liechtenstein (2012, p. 9, 41ff.) sprechen insoweit vom „Gamma Factor“ in Ergänzung zum bloßen „Alpha“ und „Beta“ der klassischen Portfoliotheorie. 

Dieser ist in seiner ökologischen oder sozialen Wirkung auf Mensch und Natur jedoch viel schwieriger zu ermitteln, zu messen und untereinander zu vergleichen als etwa – wie in der klassischen Vermögensanlage – rein finanzielle Folgen wie zum Beispiel der das „Return on Investment“. Der Ansatz ist „ [to] aim toward triple-bottom-line outcomes rather than single-metric improvements” (Bolinson/Mertens 2021, p. 698f.). Darüber hinaus kann er auch nicht nur isoliert für sich selbst gemessen und bewertet werden; vielmehr hat er seinerseits wiederum Einfluss auf die Beurteilung des Chance-Risiko-Profils eines Investments (vgl. Emerson/Smalling 2015, p. 14ff.).

All dies macht die Wirkungsmessung von Impact Investments deutlich komplexer als bei klassischen (zweidimensionalen) Vorhaben (vgl. ausführlich Brühl 2021, S. 25; Grabenwarter/Liechtenstein 2012, p. 32f.). Wie misst man eine positive, nicht rein materielle Wirkung? Diese Problematik ist bisher noch nicht befriedigend oder gar einheitlich gelöst. Mannweiler spricht gar von einem „wilden Wust an unterschiedlichen Standards“ (2021, S. 30). So schlimm ist es zwar nicht, dennoch fehlt es nach wie vor an einheitlichen Kriterien und Methodiken (vgl. ausführlich Bruns/Meyer-Bullerdiek 2020, S. 349; Kölbel et al. 2020, p. 555; Then/Schmidt 2020, S. 39 ff.).

Verschiedene Methoden zur Messung stehen zur Verfügung

Ansätze gibt es jedoch zuhauf (sehr guter Überblick und Vorschlag einer Methodik bei Impact Institute 2020, p. 13ff.; vgl. Pimenta/De Morais Sarmento 2021, p. 555ff.; Cohen 2021, S. 130ff.). Erwähnt seien hier beispielhaft der schon sehr weit entwickelte „IRIS catalogue of impact metrics“ des Global Impact Investment Network (GIIN) und neuerdings deren Tool „Compass“ (https://thegiin.org/research/publication/compass-the-methodology-for-comparing-and-assessing-impact)

Wertvoll auch das Impact Management Project (https://impactmanagementproject.com; vgl. ergänzend hierzu Heeb/Kölbel 2020, p. 6ff.) oder auch der Leitfaden des Impact Instituts aus den Niederlanden (www.impactinstitute.com; vgl. Impact Insitute 2020, p. 13ff.) Auch die „Principles at the World Bank Group – International Monetary Fund” enthalten wertvolle „Operating Principles for Impact Management” (www.impactprinciples.org) ebenso wie etwa die „Principles for Responsible Investment” der Vereinten Nationen (www.unpri.org) oder auch die „Social Reporting Standards” der Social Reporting Initiative e.V. (www.social-reporting-standard.de). Genannt sei schließlich auch die ebenfalls bereits sehr ausgefeilte Messmethodik der US-amerikanischen „Impact-Weighted Accounts“ Initiative des legendären Impact-Pioniers Sir Ronald Cohen (vgl. ausführlich Cohen 2021, S. 132ff.).

Das oben bereits erwähnte Investorennetzwerk Toniic hat mit dem „Toniic Tracer“ eine ganz eigene Plattform und Metrik geschaffen. Hier können Investoren, Unternehmer und Fondsanbieter die genaue Datenlage ihrer jeweiligen (Impact) Investments miteinander teilen und vergleichen und so ihre eigenen Standards weiterentwickeln (vgl. www.toniic.com/toniic-tracer; hierzu ausführlich Reisman 2021, p. 690).

Auf staatlicher beziehungsweise zwischenstaatlicher Ebene sollen nunmehr auch die Taxonomie der Europäischen Union (Verordnung (EU) 2020/852) sowie die eng mit ihr verknüpfte Offenlegungs-Verordnung (SFDR, Sustainable Finance Disclosure Regulation, häufig auch bezeichnet als „Transparenz-Verordnung“) (Verordnung (EU) Nr. 2019/2088; in Kraft seit dem 10.03.2021) als zentrale Bestandteile eines „Aktionsplans für ein nachhaltiges Finanzwesen“ einheitliche Kriterien für das Berichtswesen etablieren (https://ec.europa.eu/info/publications/210421-sustainable-finance-communication_en; vgl. dazu ausführlich Brühl 2021, S. 25; Lessing 2020, S. 59ff., 178ff.; sehr kritisch hierzu Schäfer 2021, S. 28).

Merkblatt der BaFin reicht nicht für umfassende und verlässliche Wirkungsmessung

Immerhin ein erster Schritt in die richtige Richtung. Allerdings ist hier auch Skepsis angebracht, weil die Standards an wirklich nachhaltige Investments zumindest bisher zum Teil noch extrem weit gefasst und auch recht niedrig sind. Tatsächlich wird das Impact Investing dort weder definiert noch auch nur umschrieben, in der englischen Version kommt der Begriff nicht einmal vor (vgl. Art. 9 SFDR).

In wesentlichen Teilen genügen die hier festgesetzten Standards den deutlich strengeren Kriterien des Impact Investing daher nicht. Dies gilt, um nur ein Beispiel zu nennen, etwa für die Formulierung „Steigerung der Energieeffizienz“ in Art. 6 (1) b. Schon das ist thematisch in der Praxis kaum einzugrenzen. So ist beispielsweise bereits umstritten, ob insoweit auch die Gas- und Atomenergie als nachhaltig gelten sollen (s. ausführlich EU Technical Expert Group on Sustainable Finance 2019, p. 234f.; Lessing 2020, S. 181 ff.; weitergehende und generelle Kritik bei Ekkenga/Schirrmacher/Schneider 2021, S. 1509ff.).

Gleiches gilt für das Ende 2020 von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vorgelegte „Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken“ (https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Merkblatt/dl_mb_Nachhaltigkeitsrisiken.html). Auch dieses ist zumindest in der bisherigen Entwicklungsstufe nicht ansatzweise geeignet, eine umfassende und verlässliche Wirkungsmessung zu begründen; dennoch immerhin ein erster zarter Schritt in die richtige Richtung.

Impact Investing für alle Marktteilnehmer handhabbar, darstellbar und vergleichbar machen

Es verwundert daher nicht, dass die von einzelnen Investoren, aber auch von auf die Wirkungsmessung spezialisierten Ratingagenturen vorgenommene Bewertungen zum Teil ganz erheblich voneinander abweichen: „There are hundreds of standards and methods proposed by numerous actors, including academic researchers, social enterprises, consultancy firms, public institutions, philantropic organizations, and traditional investors.“ (Pimenta/De Morais Sarmento 2021, p. 643) Ein Grund hierfür liegt in den nach wie vor sehr uneinheitlichen Methoden und Gewichtungen insbesondere bei Datenerhebung, Datenabgleich und Zieldefinition (vgl. ausführlich Pimenta/De Morais Sarmento 2021, p. 570; Mannweiler 2021, S. 30 mit zahlreichen Beispielen).

Darüber hinaus sind hier anders als bei klassischen Strategien wie dargelegt auch nichtfinanzielle Kennzahlen zu berücksichtigen. Deren wertendes Element erschwert eine möglichst objektive und skalierbare Wirkungs-messung ganz erheblich. Diese ist jedoch unverzichtbar, um auf Dauer einheitliche, belastbare und messbare Standards zu etablieren. Hier liegt momentan die größte Herausforderung, um das Impact Investing für alle Marktteilnehmer handhabbar, darstellbar und vergleichbar zu machen (vgl. ausführlich Grabenwarter/Liechtenstein 2012, p. 39ff.; Forum Nachhaltige Geldanlagen 2021, S. 5).

Jeder, der sich mit der Wirkung und der Messung seiner Investments beschäftigt, muss sich daneben bewusst machen, dass alle Investitionen – und damit auch alle Unternehmungen – kaum je nur positive Wirkungen entfalten können. Sie lösen Probleme und schaffen zugleich neue. Der Ausstieg aus dem Kohlebergbau kostet Arbeitsplätze. Für den Ausbau der Elektromobilität werden vermehrt Seltene Erden benötigt, deren Förderung jedoch zu erheblichen Umweltbelastungen führt (vgl. Seefried, S. 7). Jedes Investment hat somit auch negative Folgen, und sei es auch nur den Umstand, dass eine Investition in ein Unternehmen dazu führt, dass in ein anderes gegebenenfalls nicht oder nicht mehr investiert wird. Entscheidend ist daher, dass ein Investment im Hinblick auf die damit avisierten Ziele jedenfalls per Saldo als positiv bewertet werden kann (vgl. Emerson / Smalling 2015, p. 6; Göpel 2020, S. 95; Impact Institute 2020, p. 8; Rockefeller 2021, p.xli)

Impact Investing mit Erfordernis des demokratischen Zugangs

Aufgrund der Vielzahl dieser Standards arbeiten wir selbst hinsichtlich der Auswahl und der Wirkungsmessung unserer Investments mit unserer eigenen Methodik. Auch wir orientieren uns dabei maßgeblich an den 17 Sustainable Development Goals (SDG). Dabei lassen wir uns zwar von verschiedenen Agenturen beraten, treffen alle wesentlichen Vorgaben, Bewertungen und Entscheidungen aber selbst. Dies tun wir etwa über Impact-KPIs, die für jedes unserer Investments individuell definiert werden.

Der Aufwand hierfür ist jedoch erheblich. Sobald die Standards daher zumindest einigermaßen einheitlich sind und unseren Anforderungen an ein Impact Investment genügen, werden auch wir diesen Prozess im Wesentlichen auf professionelle Agenturen übertragen.

Kein notwendiges, für uns als Family Office aber unverzichtbares Kriterium des Impact Investing ist das Erfordernis des demokratischen Zugangs: Grundsätzlich müssen Investitionen in nachhaltige ökologische und soziale Unternehmungen nicht, wie so oft, nur besonders Vermögenden, sondern generell allen Bevölkerungs- und Einkommensschichten offenstehen. 

Damit befinden wir uns im Einklang mit dem Unterziel 1.4 der Sustainable Development Goals (SDG) der Vereinten Nationen. Dort heißt es, dass bis 2030 „sicherzustellen [ist,] dass alle […] Zugang zu […] Finanzdienstleistungen einschließlich Mikrofinanzierung haben“ (United Nations o.J.). 

Vorsicht ist schließlich geboten vor dem „Impact Washing“!

Ein wesentliches Instrument hierfür könnte sein, die Einstiegshürden gerade für impact-orientierte Fonds deutlich zu senken, so dass man auch schon mit sehr kleinen Sparbeträgen daran partizipieren kann. Interessant ist weiter auch die sog. Tokenisierung von Vermögenswerten. Denn Token können in sehr kleinen Einheiten und mit geringem bürokratischem Aufwand gehandelt werden. Damit können auch Anleger partizipieren, die sich die Investition in einen hochpreisigen Vermögenswert, etwa in eine Immobilie, bis dahin nicht leisten konnten (vgl. de la Rubia 2021, S. 25; de Schrevel 2021, p. 839).

Die bisher tendenziell eher elitäre Ausrichtung der Family Offices auf große Vermögen hingegen verhindert zum einen die finanziellen Zuflüsse in nachhaltige Projekte durch breite Bevölkerungsschichten. Und sie ist zum anderen in Zeiten extrem niedriger Zinsen auch zutiefst ungerecht, da sie Investments in nachhaltige Unternehmungen mit nennenswerten Renditen nur einer bereits privilegierten Gruppe zugänglich macht. 

Vorsicht ist schließlich geboten vor dem „Impact Washing“. Da das Impact Investing ähnlich wie ESG-Strategien zunehmend im Trend liegt, geschieht es nicht selten, dass bestimmte Finanzprodukte, insbes. Fonds, aus Marketinggründen als Impact Investments bezeichnet werden, ohne den damit verbundenen strengen Anforderungen auch tatsächlich zu genügen (vgl. Lessing 202, S. 120, 125; Mannweiler 2021, S. 30; Puri/Khan/Asfaw 2021, p. 525ff.; Bertelsmann Stiftung 2020, S. 11). So zitiert die internationale Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden (Iosco) etwa eine Studie, wonach von 85 grünen Themenfonds, die für sich mit einem positiven Impact warben, gerade einmal zwei dieser Behauptung auch tatsächlich genügten (vgl. Schäfer 2021, S. 16).

Verschleierungsmechanismen verwässern den Begriff des Impact Investing

 Dem ist mit Entschiedenheit und auf allen Ebenen zu begegnen. Denn solche Verschleierungsmechanismen verwässern den Begriff des Impact Investing und schwächen so den damit verbundenen Zweck. Durch das bloße Vortäuschen wirklich nachhaltiger Angebote verfehlen die dafür eingeworbenen Mittel tatsächlich ihren Zweck und werden so in die falsche Richtung geleitet (vgl. ausführlich Busch/Bruce-Clark 2021, p. 2; de Schrevel 2021, p. 833; Reisman 2021, p. 669; Ekkenga/Schirrmacher/Schneider 2021, S. 1511).

Das Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) weist in seinem jüngsten Marktbericht für das Jahr 2021 allerdings zurecht darauf hin, dass auch die Konturen des Impact Investings weiter geschärft werden müssen, um dem Impact Washing entgegenzuwirken. Nur wenn dieser Begriff im allgemeinen Sprachgebrauch verankert und so von anderen Anlagestrategien klar abgegrenzt werden kann, nur dann ist auch die Ermittlung einer klaren Referenzgröße möglich, „anhand welcher Nachhaltigkeitsziele sich die Anlageziele messen lassen müssen, um Impact zu erzielen“ (Forum Nachhaltige Geldanlagen 2021, S. 6).

Das zweite zentrale Element des Impact Investing ist Streben nach einer marktüblichen auch finanziellen Rendite. Insoweit gibt es keine Besonderheiten gegenüber den klassischen Formen des Investierens. Es kommen die üblichen finanztechnischen Strategien und Instrumente zum Einsatz – eben lediglich erweitert um den Faktor der Ausrichtung des Investments auf einen „positiven“ Impact (vgl. Grabenwarter/Liechtenstein 2021, p. 28). Dieser Umstand erleichtert die Implementierung des Impact Investing in das bestehende Wirtschafts- und Finanzsystem ganz erheblich (vgl. Ben Abid 2021, p. 23: „compatibility with existing investment models“; ebenso Emerson/Smalling 2015, p. 15).

Wir selbst orientieren uns dabei an den bekannten Value-Strategien, wie sie insbesondere durch Benjamin Graham und in der Folge auch Warren Buffett und Charlie Munger populär geworden sind (Graham 2016, S. 301ff.; Cunningham 2002, S. 107ff.; ausführlich Mihaljevic 2021, S. 45ff.).

Unter Berücksichtigung unserer bereits dargelegten Ausrichtung als Impact Investoren sind wesentlich für die Auswahl eines Unternehmens in unser Portfolio (sei es über Aktien, Direktbeteiligungen oder Fonds) somit folgende Prinzipien:

  • Erstens müssen wir das Unternehmen und seinen Zweck umfassend und vollständig verstehen können. Das Geschäftsmodell und sein USP sollten möglichst einfach und transparent erkennbar und auch skalierbar sein („Einfach ist richtig.“). Hinzu kommt – dies folgt wiederum aus der Strategie des Impact Investing –, dass dieser Zweck mit unserer Ausrichtung und unseren Werten in Einklang stehen und damit nachweislich, messbar und transparent auf zumindest eines der SDG-Ziele ausgerichtet sein muss. Diese Ausrichtung muss ein zentraler Teil des Geschäftsmodells und möglichst schon auf den ersten Blick erkennbar sein (s. auch de Schrevel 2021, p. 831ff.).
  • Das Unternehmen muss von seiner strategischen Ausrichtung, seiner Positionierung im Markt, seinem Marktumfeld und seiner Zukunftsfähigkeit eine günstige und stabile auch langfristige Perspektive bieten – und somit auch die Aussicht auf eine angemessene stabile und marktübliche finanzielle Rendite. Wir sind daher nur an langfristigen Engagements interessiert; Exit-Strategien haben wir nicht im Fokus.
  • Die für das Unternehmen operativ Verantwortlichen müssen persönlich integer und in der Sache kompetent sein; dies gilt ausdrücklich auch für ihre Managementfähigkeiten. Ihre grundlegenden Werte müssen mit den unsrigen übereinstimmen. Nur so ist eine wirkliche Vertrauensbasis möglich, die für uns unverzichtbar ist. Mag ein Geschäftsmodell auch noch so bestechend sein – wenn uns die Verantwortlichen nicht überzeugen, lehnen wir ein Engagement ohne weitere Prüfung ab.
  • Der Preis, für den wir uns an einem Unternehmen beteiligen, muss nach unseren Kriterien fair und angemessen sein. Die hierfür erforderliche Bewertung erfolgt wiederum mit den klassischen Instrumenten – auch wenn es in der Praxis natürlich schwierig ist, vor allem junge und aufstrebende Unternehmen mit der üblichen Due Diligence zu bewerten. Hier gibt es jedoch inzwischen sehr vielversprechende Ansätze. Genannt sei etwa die Multiplikatorbewertung im Rahmen einer sog. Marktorientierten Bewertung oder andere Zukunftserfolgswertmodelle (Bolinson/Mertens 2021, S. 697ff.; Weitnauer 2019, S. 492ff.). Daran versuchen wir uns zu orientieren, und zwar möglichst pragmatisch und einzelfallbezogen. 

Demgegenüber beteiligen wir uns nicht an Bewertungen oder gar irgendwelchen Bieterwettbewerben, die ausschließlich auf Zukunftsspekulationen und –hoffnungen beruhen. Stattdessen halten wir es mit Warren Buffett: „Ich bin lieber sicher, dass ein gutes Ergebnis kommt, als hoffnungsvoll, dass ein sehr gutes kommt.“ (Cunningham 2002, S. 115)

Der Autor dankt an dieser Stelle Peter Brock (4L Capital AG) und Prof. Dr. Patrick Peters (Klare Botschaften) für ihre wertvollen Hinweise.

Über den Autor: Dr. Johannes Knorz, LL.M.

Dr. Johannes Knorz, LLM., ist Vorsitzender des Impact Committee der 4L Capital AG und Geschäftsführer der 4L Vision GmbH sowie Rechtsanwalt, Gründer und Inhaber der Kanzlei 4L Legal. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften ist Dr. Johannes Knorz seit 1997 als selbstständiger Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz zugelassen.

Seit 2016 leitet er zusammen mit Ralph Suikat die 4L Vision GmbH – weil er davon überzeugt ist, dass sich ein gutes Investment nicht nur durch eine finanzielle Rendite auszeichnen muss. Mindestens ebenso wichtig ist für ihn ein sozialer oder ökologischer Return.

Dr. Johannes Knorz
Dr. Johannes Knorz