Ist Impact Investing nur ein Hype?

In der Wirtschaftsgeschichte gab es immer wieder Hypes, die für kurze Zeit die Investoren begeisterten und dann zum Teil krachend scheiterten. Einer der berühmtesten Fälle ist die Tulpenmanie, die im 17. Jahrhundert in den Niederlanden für einen der ersten Börsencrashs führte. Besteht beim Impact Investing auch die Gefahr, dass es sich letztlich nur um einen Hype handelt?  

Plötzlich hatte sie jeden Wert verloren. Die Rede ist von der Tulpe, die in den Niederlanden Mitte des siebzehnten Jahrhunderts ein begehrtes Spekulationsobjekt war. Ganze Häuser wechselten im Tausch für eine solche Blume den Besitzer. Doch dann, 1637, kam es zum Crash. Der Wert dieser einstigen Wunderanlage stürzte um neunzig Prozent und mehr ab und sank schließlich endgültig ins Bodenlose. Unzählige Spekulanten, unter ihnen auch viele Menschen, die ihr ganzes Erspartes in diese angeblich so sichere Anlage investiert hatten, verloren alles. 

Nun ist das Beispiel dieses ersten gut dokumentierten Börsencrashs inhaltlich nicht auf Impact Investing anwendbar, da es sich dabei um kein Spekulationsobjekt handelt. Doch auf der Ebene eines möglichen Hypes kann dennoch die Frage gestellt werden, ob auch aus dem Impact Investing absehbar wieder die Luft raus sein könnte und es zu einer Fußnote in der Wirtschaftsgeschichte wird. Eine Anlagemöglichkeit, die eng mit dem zweiten und dritten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts verbunden ist und danach wieder deutlich an Bedeutung verlor. 

Niemand kann mit Sicherheit ausschließen, dass es so kommt. Aber es ist doch sehr unwahrscheinlich, dass sich Impact Investing als Zeitgeist-Hype herausstellt. Viel eher scheint es Teil einer neuen Phase in der Wirtschaftsgeschichte zu sein. Während „Wirtschaftspolitik“ einen Großteil der menschlichen Historie hinweg oft darin bestand, schlicht jene Länder zu erobern, deren Ressourcen man besitzen wollte, haben sich Krieg und Wirtschaftspolitik doch zunehmend auseinanderentwickelt. 

Profit und Moral sind keine zwei getrennten Welten mehr

Dennoch blieb es lange Zeit so, dass Wirtschaft und Moral wenig miteinander zu tun hatten. Wichtig war, dass der Profit stimmte, auch wenn dieser durch Menschenrechtsverletzungen oder Umweltschäden erkauft wurde. Doch eine Entwicklung, die auch das Impact Investing hervorgebracht hat, ergänzte die Wirtschaftswelt zunehmend um eine moralische Ebene. Seit dem 19. Jahrhundert ist diese Entwicklung deutlich erkennbar und wurde im 20. Jahrhundert und 21. Jahrhundert immer stärker, weswegen längst nicht mehr von einem Trend, sondern einer Zeitenwende gesprochen werden kann. 

Profit und Moral sind keine zwei getrennten Welten mehr, sondern müssen sich zunehmend ergänzen. Umfragen unter Millennials und Mitgliedern der Generation Z zeigen, dass dort eine überwältigende Mehrheit diese Sicht ganz selbstverständlich teilt, die ältere Investoren oft erst im Laufe ihres Lebens übernommen haben. 

Wachsamkeit wird immer nötig bleiben

Impact Investing ist von daher Teil des neuen Standards, ohne dem kaum noch Geschäfte gemacht werden können. Der Druck auf Unternehmen ist mittlerweile so groß, sich ihrer Verantwortung für Mensch und Natur zu stellen, dass die Frage eher ist, in welchem Ausmaß sie das tun und nicht, ob sie es tun. Mit der Etablierung der Menschenrechte und spätestens der Klimakrise, die als globale Herausforderung anzugehen ist, ist die Zeit der Vogel-Strauß-Politik unter Anlegern und Aktionären vorbei. Man steckt nicht mehr den Kopf in den Sand, um nicht wissen zu müssen, was für die hohe Rendite gesorgt hat. Im Impact Investing ist dieses „was“ sogar integraler Bestandteil des Geschäftsmodells und entscheidet drüber, ob im Zweifelsfall überhaupt investiert wird oder nicht. Die Welt hat sich in den letzten Jahrzehnten radikale verändert. Bürger- und Frauenrechte sind heute fest etabliert und waren es doch vor erstaunlich kurzer Zeit noch nicht, ähnliches gilt auch für die Rechte von Homosexuellen. Teil dieser „Gerechtigkeits“-Bewegung ist es auch, dass für die Wirtschaft immer höhere moralische Standards gelten. Es wird nicht mehr weggeschaut und das ist eine erfreuliche Entwicklung. Fortschritt zeigt sich meist plakativ da, wo dafür demonstriert wird, wie etwa für soziale Bewegungen. Im Vergleich dazu ging die „Moralisch-Werdung“ der Wirtschaft leiser vor sich, ist dadurch aber nicht weniger bedeutsam. Wobei das natürlich nicht heißt, dass diese Entwicklung schon abgeschlossen wäre. Sie kann auch nie abgeschlossen sein, da Wachsamkeit immer nötig bleiben wird. Schließlich besteht immer die Gefahr, dass mit Blick auf den Profit doch geltendes Recht gebrochen wird. Was jedoch aktuell undenkbar erscheint, ist ein Rückfall in ein prinzipienloses Unternehmertum. Das würde die Gesellschaft nicht mehr akzeptieren und das ist der Unterschied zwischen einem Hype und echtem Fortschritt. Das eine geht wieder, das andere bleibt.