Purpose und Impact Investing: Durch Kapital einen höheren Zweck erreichen

Mit dem Purpose ist der höhere Zweck einer Organisation und auch der menschlichen Existenz gemeint. Das Nachdenken über Purpose soll die Frage nach dem Warum beantworten. Das hängt auch eng mit dem Impact Investing zusammen. Die Strategie qualifiziert Investoren, einen höheren Zweck zu erreichen, indem sie durch ihr Kapital eine direkte positive ökologische und/oder soziale Wirkung ermöglichen. Damit stiften Investoren zusätzlichen Sinn in der Welt.

Purpose: Das ein Begriff, der in ökonomischen und gesellschaftspolitischen Debatten immer öfter genutzt wird. Grundsätzlich kann er zunächst als Zweck übersetzt werden. Aber er geht weit über die landläufige Bedeutung im Deutschen hinaus. Denn der Zweck einer Briefklammer ist zwar, etwas zusammenzuheften. Aber es ist nicht der Purpose. Purpose ist viel mehr als der rein praktische Zweck, sondern bezieht sich auf einen höheren Sinn. 

Das Nachdenken über Purpose soll die Frage nach dem Warum beantworten: Warum existiert dieses Unternehmen? Warum sollten sich Kunden für das Unternehmen interessieren? Warum sollten Mitarbeiter:innen dort arbeiten? Warum sollen Mitarbeiter:innen kontinuierlich motiviert sein und sich für das Unternehmen einsetzen? Es ist Aufgabe einer Purpose-Strategie, diese Themen zu adressieren und nachvollziehbar zu erklären. 

Das hat insbesondere mit der Führungskultur in Organisationen zu tun. Franz-Rudolf Esch sieht in der Purpose-Debatte „eine notwendige Reaktion auf die rapiden Veränderungen und die wachsenden Anforderungen. Um als Unternehmen in einer volatilen, unsicheren, komplexen und mehrdeutigen Umwelt zu reüssieren, bedarf es eines Purpose, an dem sich Manager und Mitarbeiter orientierten können. Sie brauchen einen Polarstern, um sicher durch die stürmischen Gewässer zu segeln, und einen Sinn, um Ziele ausdauernd zu verfolgen.“ (ESCH 2021: Purpose und Vision: Wie Unternehmen Zweck und Ziel erfolgreich umsetzen. Frankfurt am Main: Campus Verlag)

Stakeholder Value: Interessen aller Anteilseigner bedienen

Das Konzept weist deutlich auf den Paradigmenwechsel von Shareholder Value zu Stakeholder Value hin. Während in der Vergangenheit nur der Wert eines Unternehmens aus der Sicht der Eigentümer wichtig war und de facto ausschließlich deren Interessen im Sinne von Wertsteigerungen und Renditen bedient werden sollten (Shareholder Value), sind Unternehmen heute gefragt, nicht nur die Interessen der Anteilseigner zu berücksichtigen, sondern eben aller Anspruchsgruppen, auf deren Unterstützung das Unternehmen angewiesen ist. Es sollen also alle Stakeholder gleichermaßen befriedigt werden, also auch Arbeitnehmer:innen, gemeinnützige Organisationen etc.

Das hat konkrete wirtschaftliche Auswirkungen. So hat beispielsweise die Großbank BNP Paribas 2018 entschieden, konsequent Branchen wie Fracking, Kohle und Tabak zu deinvestieren, dafür Investments in Erneuerbare Energien zu stärken und Finanzprodukte unmittelbar mit bestimmten Zwecken zu verbinden. In den folgenden acht Monaten verzeichnete das Unternehmen ein Neukundenwachstum von 37 Prozent – das stärkste in seiner Geschichte – und ein nachhaltiges Wachstum von 25 Prozent.

Was hat das jetzt mit Impact Investing zusammen? Welche Verbindung haben der Purpose einer Wirtschaftsorganisation und diese spezielle Investmentphilosophie, deren positive ökologische und/oder soziale Wirkung direkt, gezielt, nachweisbar und messbar erfolgen muss und bei der die Werte des Investors mit den Wirkungen seines Investments unter Erhalt einer marktüblichen Rendite in unmittelbaren Einklang gebracht werden?

Rendite auch im Fokus: Purpose ist kein Selbstzweck

Das kann man leicht beantworten: Der Purpose als sichtbarer und damit messbarer übergeordneter Zweck einer Organisation soll zu höheren Erträgen führen. Im Fokus steht, dass sich Unternehmen einem großen, manchmal sogar ehrenvollen Sinn widmen. Da daraus wieder neue Wachstumspotenziale entstehen, ist Purpose kein Selbstzweck, und kein Unternehmen kann ohne stabile Gewinne existieren. Eine konsequente Umstellung auf einen höheren Unternehmenszweck und eine wertorientierte Unternehmensführung können wiederum dazu führen, dass diese Ziele leichter erreicht werden. 

Das Impact Investing führt diese Haltung in die Investmentlandschaft über: „Denn anders als bloße ESG- beziehungsweise Nachhaltigkeitsansätze ist die Strategie des Impact Investing nicht nur auf ‚Gutes tun‘, sondern zugleich auch auf eine marktübliche finanzielle Rendite gerichtet“, schreibt Dr. Johannes Knorz in seinem Aufsatz „Impact Investing im Single Family Office“ (Teil 1). „Anders als etwa philanthropische Ansätze nutzt sie daher ganz bewusst die bereits bestehenden marktwirtschaftlichen Mechanismen, um ‚Gutes‘ zu bewirken. Durch diese Verbindung von finanzieller und ökologischer oder sozialer Rendite ist es somit erstmals möglich, wirklich nachhaltige ökologische und soziale Investitionen aus ihrem Nischendasein herauszuführen und im Mainstream unserer auf Gewinnerzielung gerichteten Marktwirtschaft zu etablieren. Die bisherige künstliche Trennung eines Investments von seinen Auswirkungen wird damit überwunden.“

Das Leben eines jeden Menschen sollte einen Sinn und einen Zweck haben 

Zusammengefasst bedeutet das: Impact Investing qualifiziert Investoren, einen höheren Zweck zu erreichen, indem sie wiederum durch ihr Kapital Unternehmen die Möglichkeit geben, einen soziale und/oder ökologischen Zweck zu erfüllen und damit die Welt besser zu machen. Impact Investing hilft allen Seiten, denn das auf diese Weise angelegte Geld schafft eine Brücke zwischen Geber und Empfänger und dem daran mittelbar Beteiligten, dem Nutznießer des Investmentprojekts.

In dem Band „Abenteuer im Tal der Könige“ aus der wunderbaren Kinderbuchreihe „Das magische Baumhaus“ der US-amerikanischen Autorin Mary Pope Osborne treffen die Geschwister Anne und Philipp die Begründerin der modernen Krankenpflege, Florence Nightingale. Sie sagt zu den Kindern: „In bin mit meiner ganzen Seele davon überzeugt, dass das Leben eines jeden Menschen einen Sinn und einen Zweck haben sollte.“

Das kann man nur unterstreichen. Sinn und Zweck geben dem Leben Halt und Struktur, und jeder Mensch sollte nach seinen Möglichkeiten danach streben, dieses Ziel zu erreichen. Impact Investing kann die persönlichen Möglichkeiten deutlich erweitern und dafür sorgen, in Gemeinschaft mit anderen Investoren Sinn zu stiften und damit mehr und mehr Gute in der Welt zu erzeugen!

Über den Autor: Prof. Dr. Patrick Peters, MBA

Prof. Dr. Patrick Peters, MBA ist Professor für PR, Kommunikation und digitale Medien und Prorektor an der Allensbach Hochschule, Wirtschaftspublizist und Kommunikationsberater. Er befasst sich seit vielen Jahren mit der Finanzindustrie und berät vor allem Vermögensverwalter, Finanzdienstleister und Unternehmen, die sich dezidiert mit dem Thema der Nachhaltigkeit befassen. Er hält einen MBA mit Fokus auf Leadership und Ethik. Er ist Chefredakteur von impactinvestings.de.

Prof. Dr. Patrick Peters
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