Hat das Impact Investing ein Fonds-Problem? 

Eine Untersuchung der Universität Hamburg und der Qualitätssicherungsgesellschaft Nachhaltiger Geldanlagen zeigt, dass nur ein Drittel aller Artikel 9-Fonds nach der einschlägigen EU-Verordnung als Impact Investment gelten können. Ebenso niedrig ist der Anteil tatsächlicher Impact-Konzepte bei 185 untersuchten sogenannten Impact-Fonds. Impact-Anspruch und -Wirklichkeit klaffen also auseinander. Was heißt das für Impact-ambitionierte Anlegerinnen und Anleger?

Investmentfonds gelten als gute Möglichkeiten für Anlegerinnen und Anleger, ihr Vermögen diversifiziert anzulegen und von aktiv gemanagten Konzepten und besonderen Kompetenzen des Fondsmanagements zu profitieren. Das gilt besonders mit Blick auf das nachhaltige Investieren, das laut der Qualitätssicherungsgesellschaft Nachhaltiger Geldanlagen eine immer größere Rolle einnimmt. Im Februar dieses Jahres waren in Deutschland bereits mehr als 4100 ESG-Fonds erhältlich. Generell haben nachhaltige Investitionen sich auf den Finanzmärkten etabliert und machen etwa ein Drittel des weltweit verwalteten Vermögens aus.

Die konsequente Weiterentwicklung des ESG-Ansatzes, der häufig auf eher weichen Ausschlusskriterien hinsichtlich eines spezifischen Nachhaltigkeitskonzeptes basiert, ist bekanntlich das Impact Investing. Auch dieses streng wirkungsorientierte Investieren soll mit Fonds möglich gemacht werden. Um das zu fördern, ist eine neue EU-Richtlinie in Planung, die Fonds gemäß ihrer Nachhaltigkeitsausrichtung einordnet und damit für Anlegerinnen und Anleger deutlich kennzeichnet.

Artikel 9-Fonds sollen Nachhaltigkeitswirkung transparent nachweisen

Im Fokus stehen die sogenannten Artikel 9-Fonds. Sie sollen ein Gütesiegel dafür sein, dass Anlegerinnen und Anleger sich wirklich nachhaltig engagieren. Das bedeutet, dass der Fonds ein konkretes nachhaltiges Anlageziel beziehungsweise ausweisbares außerfinanzielles Nachhaltigkeitsziel verfolgt und diese Nachhaltigkeitswirkung transparent nachweisen kann. Artikel 9-Fonds werden auch als „dark green“ („dunkelgrün“) markiert. Artikel 9-Fonds sollen dabei die Anlegerinnen und Anleger ansprechen, die auf Nachhaltigkeit besonders viel Wert legen, während Fonds nach Artikel 8 eine systematische und explizite Förderung der ESG-Merkmale in der Kapitalanlage anstreben.

Ganz davon abgesehen, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin die EU-ESG-Richtlinie vor dem Hintergrund der dynamischen regulatorischen, energie- und geopolitischen Lage und damit die Kennzeichnung von Fonds vertagt hat, scheint das Impact Investing ohnehin kaum Halt in der Investmentfonds-Landschaft zu finden. Das Problem: Während sich die Literatur bisher auf theoretische und konzeptionelle Überlegungen zu Impact Investing konzentriert habe, bleibe in der Praxis oft unklar, was die Anforderungen an eine tatsächliche Impact-Investition sind, schreiben Lisa Scheitza, Timo Busch und Johannes Metzler von der Universität Hamburg in ihrem Aufsatz „The Impact of Impact Funds – A Global Analysis of Funds With Impact-Claim“.

Nur ein Drittel der Impact-Fonds erfüllen Impact-Anforderungen

Sie haben in dem Zusammenhang weltweite Fonds mit Impact-Anspruch untersucht. Ihr Ergebnis ist ernüchternd. Obgleich die Kriterien nicht klar seien, erheben einige Anlageprodukte den Anspruch, eine echte positive Wirkung in der Realwirtschaft zu erzielen. Lisa Scheitza, Timo Busch und Johannes Metzler haben daher 185 (sogenannte) Impact-Fonds auf der Grundlage eines etablierten Klassifizierungsschemas analysiert, das die Anforderungen an tatsächliche Impact-Investments umreißt. Das Ergebnis: „Wir stellen fest, dass nur ein Drittel der Impact-Fonds die skizzierten Impact-Anforderungen erfüllt. Ähnlich niedrig ist der Anteil bei Fonds, die nach Artikel 9 der EU-Verordnung über die Offenlegung nachhaltiger Finanzierungen (SFDR) klassifiziert sind. Betrachtet man die verschiedenen Anlageklassen, so zeigen unsere Ergebnisse, dass Private Equity und Private Debt für Impact-Investitionen viel relevanter sind als Public Equity und Anleihen.“

„Impact-aligned“ und „Impact-generating“

Im Fokus steht die Diskussion um die Begriffe „Impact-aligned“ und „Impact-generating“, was so viel bedeutet wie „wirkungskompatible“ und „wirkungseffektive“ Investments. „Impact-aligned“ bedeutet, dass mit den Investments ökologische und soziale Herausforderungen und Ziele adressiert werden und die Impact-Ziele beschrieben und unabhängig verifiziert werden. Der Ansatz beruht auf harten Ausschlusskriterien und einer Kombination aus nachhaltigkeitsorientierten Überlegungen vor und nach den Investments, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. „Impact-generating Investments“ wiederum tragen direkt und aktiv zur Lösung von ökologischen und sozialen Herausforderungen bei und benötigen eine detaillierte Dokumentation und unabhängige Messung der erreichten Impact-Ziele. Der Fokus liegt darauf, durch das Investment zusätzliches Kapital zur Verfügung zu stellen und bestimmte zukunftsorientierte Ziele oder unternehmerische Entscheidungen zu implementieren beziehungsweise zu beeinflussen.

Impact Investing hat kein Fonds-Problem

Impact-generating-Investments stellen also die Spitze des Impact Investing dar, sind aber entsprechend selten. Nur acht Prozent der Artikel 9-Fonds sind laut einer Auswertung der Qualitätssicherungsgesellschaft Nachhaltiger Geldanlagen Impact-generating-Konzepte, während 29 Prozent Impact-aligned sind. Es ist davon auszugehen, dass sich vor allem Private Equity-Fonds beziehungsweise Direktbeteiligungen in Impact-Projekte als Impact-generating-Fonds qualifizieren.

Es stellt sich also nicht die Frage, ob das Impact Investing ein Fonds-Problem hat? Anlegerinnen und Anleger müssen nur genau hinschauen, welchem Konzept sie sich zuwenden und wie das Fonds-Management mit dem anvertrauten Vermögen umgeht. Auch ein Aktienfonds, obwohl er durch seine Sekundärmarktstruktur kein direktes zusätzliches Kapital für ein Impact-Ziel erbringt (außer beim IPO und bei Kapitalerhöhungen), kann Impact-generating sein, wenn das Fonds-Management beispielsweise auf einen besonders strengen Selektionsprozesses und eine auf „Impact-generating“ fokussierte Aktienauswahl setzt. Zusammenfassend ist also nicht jeder Artikel 9-Fonds auch ein echter Impact-Fonds. Man muss schon genauer hinschauen, um die die Spreu vom Weizen zu trennen und Impact-Washing zu vermeiden.

Über den Autor: Prof. Dr. Patrick Peters, MBA

Prof. Dr. Patrick Peters, MBA ist Professor für PR, Kommunikation und digitale Medien und Prorektor an der Allensbach Hochschule, Wirtschaftspublizist und Kommunikationsberater. Er befasst sich seit vielen Jahren mit der Finanzindustrie und berät vor allem Vermögensverwalter, Finanzdienstleister und Unternehmen, die sich dezidiert mit dem Thema der Nachhaltigkeit befassen. Er hält einen MBA mit Fokus auf Leadership und Ethik. Er ist Chefredakteur von impactinvestings.de.

Prof. Dr. Patrick Peters
Prof. Dr. Patrick Peters