Impact Investing-Magazin kontrovers #6: Schwarzmalerei ist keine Haltung

Gefühlt ganz Deutschland wartet darauf, dass die Rezession doch endlich kommen möge. Das Gejammer ist groß, die Medien verbreiten wirtschaftliche Untergangsstimmung. Was hat das noch mit einer positiven Grundhaltung zu tun, die wir brauchen, um wirklich etwas zu verändern?

Wenn man sich derzeit die Medienberichte zur nationalen und internationalen Wirtschaftslage anschaut, kann einem angst und bange werden. So titelte beispielsweise „Tagesschau.de“ Anfang Dezember „Abgekühlte Konjunktur: Deutsche Exporte sinken erneut“, die „Süddeutsche Zeitung“ schreibt „Die Reallöhne in Deutschland sinken im Rekordtempo“ und der „Stern“ droht mit „Konjunktur: Wirtschaftsministerium erwartet Rezession im Winter“, während sich die „WirtschaftsWoche“ mit „Außenhandel: Schwacher Oktober – ‚Außenhandelsmotor fängt an zu stottern‘“ vernehmen lässt.

Das deutet auf trübe Aussichten hin, und diese Nachrichten können in der derzeit angeknacksten Stimmung mit fortwährendem Krieg, Inflations- und Energiesorgen wirklich für emotional belastete Weihnachten sorgen. Das Schlimme: Die Daten geben diesen Pessimismus nicht her! Offensichtlich werden, um ungestraft schlechte Laune zu verbreiten, nur die Zahlen genutzt, die gerade in das Konzept der allgemeinen Miesepetrigkeit passen.

Ist die Rezession mehr ein hochgespieltes Pressethema als Realität?

Einige Beispiele, dass es offensichtlich doch alles nicht so schlimm wird und der von vielen herbeigerufene katastrophale Wohlstandsverlust in Deutschland wohl noch einige Zeit auf sich warten lassen wird: Der Sentix-Konjunkturindex Deutschland befindet sich auf höchstem Stand seit Juni. Sentix-Geschäftsführer Manfred Hübner sprach in einer Mitteilung von einer Überraschung und konstatierte: „Die Anleger hoffen auf eine konjunkturelle Wende.“ In Deutschland keime die Hoffnung, dass eine schwere Rezession verhindert werden könne. Beim Sender N-TV kommentiert ein Börsenhändler: „Es scheint immer wieder, dass ‚Rezession‘ mehr ein hochgespieltes Pressethema ist als Realität.“ Auch vom Analysehaus Sentix heißt es zu den besseren Daten: „Die Zeichen stehen also auf ein Ende der rezessiven Phase. Dabei hatte diese noch gar nicht richtig begonnen.“ Global zeigen die Sentix-Indizes dem N-TV-Bericht zufolge ebenso weitere Entspannung. In Deutschland verbessert sich die Datenlage, Lage- und Erwartungswerte steigen. Die Konjunkturerwartungen erreichen mit -22,3 Punkten den höchsten Stand seit März dieses Jahres.

Es ist beileibe nicht alles dem Untergang geweiht

Um die Verwirrung weiter zu steigern: Die gleichen Medien, die uns am Boden sehen, schreiben zugleich Artikel wie „Hoffnung auf milde Rezession wächst“, „Aussichten für die deutsche Wirtschaft hellen sich auf“, „Zahl der Arbeitslosen sinkt nur leicht – Beschäftigung steigt auf Rekordwert“ oder auch „Diese fünf Gründe sprechen gegen einen schlimmen Winter“. Die aktuelle Situation ist an, mit Verlaub, an Schizophrenie kaum zu überarbeiten. Anstatt sachlich und souverän mit den vorhandenen Daten zu operieren und die guten und weniger guten Zeichen seriös gegeneinander abzuwägen, wird nur noch mit Halbinformationen operiert, um eine schnelle Schlagzeile zu kreieren. Es ist beileibe nicht alles dem Untergang geweiht, aber genauso können wir nicht davon ausgehen, dass Wirtschaft und Verbraucher mit einem mitleidigen Lächeln alle Krisenfaktoren einfach abschütteln können.

Aber darum geht es auch gar nicht. Niemand soll die Situation schönreden, vor allem die Inflation tut vielen Menschen sehr weh und verschärft ohnehin prekäre wirtschaftliche Situationen zusehends. Aber was gewinnen wir damit, wenn wir immer weiter schwarzmalen und jammern? Was verändern wir durch dauerndes Genöle und Problematisieren? Genau, nichts! Wie man es in den Wald hineinruft, so schallt es wieder heraus: Wie können wir erwarten, dass wir uns gemeinsam am Riemen reißen und versuchen, das Schiff als Gesellschaft, Wirtschafts- und Wertegemeinschaft durch stürmische Gewässer zu navigieren, wenn wir uns lieber wieder und wieder sagen, wie schlimm doch alles ist – oder besser: wie schlimm doch alles sein SOLLTE, obwohl die Zahlen etwas anderes sagen?

Menschen, die auf die nachhaltig-ethische Zukunft setzen, müssen mit gutem Beispiel vorangehen

Gerade die Sustainability- und Impact Investing-Community muss doch mit gutem Beispiel vorangehen, denn wer ist zukunftsorientierter als der Investor, der sich auf die Sustainable Development Goals besinnt und seine wirtschaftlichen/finanziellen Aktivitäten auf positive Transformation, die nachhaltige, faire und ethische Weiterentwicklung von People, Planet und Profit und damit die Zukunft ausrichtet? Schwarzmalerei und Miesepetrigkeit sind keine Haltung und auch kein Ausdruck eines gesunden Realismus, wie die Untergangspropheten gerne entgegnen. Vielmehr müssen Menschen, die auf die nachhaltig-ethische Zukunft setzen, mit gutem Beispiel vorangehen und die Chancen, nicht die Probleme akzentuieren, nach vorne schauen und nicht nach hinten und eben einer pessimistischen Grundstimmung ihren zukunftsorientierten Optimismus entgegensetzen. Denn wichtig ist das, was kommt, nicht das, was einmal war.

Ständiges Gemecker kann nichts zum Guten verändern

Wenn wir nicht aus dem kollektiven Jammertal herauskommen, werden wir die wirklichen Probleme nicht lösen. Dann hetzen wir nur jeder negativen Meldung hinterher und versichern uns damit des eigenen Elends. Das muss sich ändern. Der große Aristoteles schreibt in seiner „Nikomachischen Ethik“: „[W]enn wir aber als Funktion des Menschen eine bestimmte Lebensweise ansetzen, und zwar eine Tätigkeit der Seele und Handlungen mit Vernunft, als Funktion des guten Menschen, diese gut und angemessen zu tun, und wenn jede Handlung nach der (dem Menschen) eigentümlichen Tugend vollendet wird, dann ist das Gut für den Menschen eine Tätigkeit der Seele gemäß der Tüchtigkeit; wenn es aber mehrere Arten von Tüchtigkeit gibt, dann gemäß der besten und zielhaftesten; und das noch dazu in einem vollen Menschenleben. Denn eine Schwalbe macht noch keinen Frühling und auch nicht ein Tag. So macht auch ein Tag oder eine kurze Zeit keinen selig und glücklich.“

Das klingt sperrig, fordern aber, kurz gesagt, nur dazu auf, jeden Tag am Guten zu arbeiten und immer tugendhaft und gut gegen sich selbst und die Welt zu sein. Das ist eine positive Grundhaltung, die wirklich etwas verändern kann. Ständiges Gemecker kann dies nicht.