Elena Eberle ist Mitglied der Geschäftsleitung der 4L Capital AG, einer Vermögensverwaltung für bewusste, werteorientierte und nachhaltige Investmententscheidungen mit eigenem Impact Investing-Ansatz über liquide und illiquide Assetklassen. Antonia Uhlig ist Analystin der 4L Capital AG. Im Interview mit Chefredakteur Prof. Dr. Patrick Peters sprechen sie über die Rolle von Impact Investing in der privaten Vermögensverwaltung, die Entwicklung der Anlageidee bei liquiden Assets und den wichtigen Ansatz der Impact-Messung.
Warum ist es für Anleger wichtig, sich mit Impact Investing zu befassen?
Elena Eberle: Der Vermögensaufbau und die Verwaltung von Vermögenswerten sind für uns alle ein wichtiges und zentrales Thema. Zum einen als Bestandteil der eigenen Altersvorsorge, zum anderen, da die reine Cash-Position bei der hohen Inflationsrate keine Alternative mehr darstellt. Jeder Einzelne, dem es möglich ist, ist also gefragt, sich mit dem Thema Anlage und Vorsorge zu beschäftigen. Wir alle verfolgen Werte, nach denen wir handeln und haben Erwartungen, wie die Zukunft auch für die nächsten Generationen lebenswert sein soll. Genau diesen Ansatz berücksichtigt Impact Investing. Es geht um eine positive Veränderung in der Art wie wir wirtschaften und wie wir mit Ressourcen, der Umwelt und den Menschen umgehen. Darüber hinaus berücksichtigt Impact Investing schon heute, welche Auswirkungen perspektivisch auf uns zukommen werden. Impact Investing unterstützt und fördert die Entwicklung neuer Technologien, besserer Rahmenbedingungen und damit die Investition in zukunftsfähige Unternehmen. Wir sind davon überzeugt, dass die Anforderungen an Unternehmen zum nachhaltigen Wirtschaften ebenfalls immer höher werden. In der jüngeren Vergangenheit sahen wir bereits, dass Unternehmen für die Auswirkungen ihres Handelns auf Mensch und Umwelt monetär verantwortlich gemacht wurden. Wir sind daher der Meinung, dass die Unternehmen, die ihr Geschäftsmodell und ihr Handeln bereits heute nachhaltig und mit Impact gestalten, diejenigen sind, welche sich mittel- bis langfristig auch im ökonomischen Erfolg durchsetzen werden und damit besser aufgestellt sind.
Welche Rolle spielt Impact Investing in der privaten Vermögensverwaltung?
Elena Eberle: Die Anforderungen an eine private Vermögensverwaltung verändern sich zunehmend. Ging es bisher oft zentral um die finanzielle Rendite, wird neben dieser der Impact Return immer wichtiger. Vermögende hinterfragen genau, wie und wo Gelder investiert werden. Werte werden definiert und es wird aus Überzeugung gehandelt. Wir sehen generell eine gesellschaftliche Entwicklung hin zu einem Bewusstsein für nachhaltiges Handeln. Dies überträgt sich auch auf die Anforderungen der privaten Vermögensverwaltung. Anleger fragen gezielt den Impact über alle Assetklassen nach und hierfür müssen Lösungen angeboten werden. Wir erleben gerade eine multiple Krise. In vielen Bereichen sind wir mit erschütternden Nachrichten und negativen Aussichten konfrontiert. Um gut durch diese Zeit zu kommen, ist eine breite Diversifikation über Assetklassen, Branchen, Regionen, Währungen aber auch Verfügbarkeit und Anpassungsmöglichkeiten zentral wichtig. Auch das bedeutet Impact Investing – wo soll und kann wie investiert werden.
Wie hat sich das Impact Investing bei liquiden Assets entwickelt?
Elena Eberle: Gerade in den letzten Jahren hat das Thema ESG bei der Auswahl liquider Assets und allen voran der Aktieninvestments an Relevanz gewonnen. Impact Investing-Ansätze gehen hier deutlich weiter und sind differenzierter. Impact Investing ist klar werteorientiert und zeigt transparent warum und mit welcher Intention in Titel investiert wird oder auch über den Negativ-Katalog per Definition nicht investiert wird. Unsere Kunden setzen sich intensiver mit diesen Themen auseinander, gehen mit uns in die Diskussion und wir spüren wie wichtig der Bereich gerade auch für die junge Generation ist und wird. Die Aktie als Anlageklasse ist weiterhin ein zentrales Asset und gehört in die Vermögensallokation, das hat sich nicht geändert. Auch in der Vergangenheit haben Kunden schon klar gesagt, in welche Branchen sie zum Beispiel nicht investieren wollen. Heute tauschen wir uns mit unseren Kunden auf weiteren Ebenen aus. Die SDGs sind regelmäßig Thema in unseren Gesprächen und unsere Kunden wollen nachvollziehen, wie und warum wir ihr Geld in dieses oder jenes Unternehmen investieren. Wir bekommen regelmäßig Nachfragen oder Vorschläge von Seiten der Anleger. Dieser Austausch ist uns enorm wichtig. Insbesondere vor dem Hintergrund der nachhaltigen Entwicklung muss auch unser Ansatz offen, flexibel und dynamisch bleiben.
Es wird viel von der Regulierung bei nachhaltigen Investments gesprochen? Woran erkennen Anleger Impact-Finanzprodukte?
Antonia Uhlig: Die Regulierung erfolgt auf verschiedenen Ebenen. Seit August 2022 müssen nun die Nachhaltigkeitspräferenzen des Kunden vom Vermögens- und Anlageberater klar erfragt und dokumentiert werden. Allerdings ist die Regulatorik dahinter noch in der Entwicklung. Viele Anbieter geben daher teils keine Nachhaltigkeitskonzepte an oder gehen dazu über, Basislösungen anzubieten, was ihnen Spielräume ermöglicht. Dies allein als Anforderung reicht also nicht aus. Als Anleger kann man sich gut an Klassifizierungen wie sogenannte dunkelgrüne Investmentfonds nach Artikel 9 und offiziell anerkannten Siegeln und Zertifikaten orientieren. Dabei handelt es sich allerdings nur um eine Orientierungshilfe, die gerade für kleinere Häuser wegen des teils hohen finanziellen und personellen Aufwands schwer zu erreichen sind. Ob das finale Produkt zum Anleger passt, findet man am besten im direkten Gespräch heraus. Der Auswahl- und Investitionsprozess sollte transparent und nachvollziehbar dargelegt werden und zusätzlich sollte ein regelmäßiges Reporting erstellt werden.
Was können Anleger tun, um die tatsächliche Wirkung ihrer Investments nachzuvollziehen?
Antonia Uhlig: Dies ist ein sehr zentraler Punkt, an dem viele Anbieter derzeit arbeiten. Bisher wurden in den Reportings verschiedene Ebenen wie die Asset Allocation nach Branchen, Regionen, Währungen etc. abgebildet. Was noch fehlt, ist der tatsächliche Impact-Return. Ganz konkret: Welchen Beitrag hat das Invest erzielt, der über den Financial Return hinausgeht? An diesem Punkt ist ein tiefergehendes, transparentes Reporting erforderlich und dieses sollte von Anlegern eingefordert werden.
Warum sollte der Impact gemessen werden und was kann man aus den Ergebnissen ablesen?
Antonia Uhlig: Ganz grundsätzlich ist die Messung erforderlich, um nachvollziehen zu können, was nun genau bewirkt wurde und was der positive Beitrag der Anlage war. Die EU-Taxonomie greift hier noch deutlich zu kurz. Wie hoch ist zum Beispiel die positive Wirkung einer Lernplattform für lernbehinderte Kinder zu bewerten? Diese Fragen muss sich die Branche stellen und Systematiken entwickeln, um den Kunden ein klares Bild der Wirkung des Investments zu geben. Zusätzlich können so effiziente Investments selektiert werden und die Wirkung wird nachvollziehbar. Um die Ergebnisse einer Impact- und Wirkungsmessung sinnvoll zu interpretieren, müssen Anleger aber auch die Methode hinter der Messung verstehen. Hierbei spielen wieder der persönliche Kontakt und die Transparenz eine wesentliche Rolle. Unsere Anleger fragen auch nach, welchen Beitrag zu einer positiven Entwicklung ihr Invest geleistet hat und auf welchen Ebenen Wirkung erzeugt wurde.
Welche Rolle spielt Impact-Messung für Sie als unabhängiger Vermögensverwalter?
Elena Eberle: Eine sehr zentrale Rolle. Wir haben uns auf bewusste, werteorientierte und nachhaltige Investments spezialisiert und zeigen über unsere Messung auch, wie ernst es uns mit diesem Thema ist. Wir wollen unseren Kunden aufzeigen, was durch ihr Invest möglich gemacht wurde und genauso wollen wir Transparenz schaffen, um auch anderen Anlegern den Zugang zu ermöglichen. Der Financial Return ist leicht mit anderen Investmentlösungen zu vergleichen, den Unterschied macht der Impact Return und dieser muss für Anleger nachvollziehbar und greifbar gemacht werden. Auch für uns selbst ist die Messung sehr wichtig – wir wollen ja genauso sehen, was durch unser Zutun bewirkt werden konnte und welche Bedingungen sich in welchem Umfang dadurch verändert haben. Wir handeln aus Überzeugung und diese wollen wir auch mit unserer Messung bestätigen.