„Viel Impact-Rhetorik aus Finanzindustrie und von Beratern ist verwirrend“

Felix Oldenburg ist Gründer & Geschäftsführer von project bcause, einer digitalen Plattform für Menschen, die sich finanziell stärker engagieren können und wollen. Er wurde dafür zum „Impact Entrepreneur des Jahres“ nominiert und erklärt im Interview mit Prof. Dr. Patrick Peters, weswegen er Spenden und Stiftungsgründungen in Deutschland für bürokratisch hält und er deshalb das Impact-Startup project bcause gegründet hat.

Wie bewerten Sie die Rahmenbedingungen für Spenden und Stiftungsgründungen in Deutschland?

Felix Oldenburg: Die Zahlen sind erstmal ernüchternd. Die Anzahl der Spendenden geht zurück, die Spenden konzentrieren sich zunehmend auf Sondersituationen wie den Ukraine-Krieg oder Türkei-Erdbeben. Die Stiftungsvermögen stagnieren, die Förderungen sinken. Inflationsbereinigt oder sogar einkommensbereinigt ist das Bild noch deutlich schlechter. Aber wir sind ja nicht plötzlich geiziger geworden. Wir haben einfach zu wenig zeitgemäße Sinnangebote. Was mich wundert: Die Spenden- und Stiftungsszene feiert sich weiter für unbedeutende Indikatoren wie die Anzahl von Stiftungsgründungen.

Worin bestehen die Herausforderungen bei der Auswahl der richtigen Projekte und Unternehmen für spendenwillige Vermögensinhaber:innen?

Felix Oldenburg: Wir haben im „Dialog Neues Geben“ und mit project bcause mit Hunderten Menschen gesprochen, die sich stärker engagieren wollen. Erstens wollen sie sicher sein, dass ihr Geld möglichst direkt wirkungsvolle Lösungen finanziert und keine unnötigen Overheads finanziert. Zweitens wollen sie nicht nur kleinteilig wirken, sondern Großes bewegen, auch jenseits der Spenden in Richtung Impact Investments. Und drittens muss das Ganze digital und komplett einfach und flexibel funktionieren.

Existieren genügend Möglichkeiten in Deutschland, sich auch mit kleineren Beiträgen wirkungsvoll gemeinnützig zu betätigen?

Felix Oldenburg: Sicher. Wir haben mit betterplace.org und anderen digitalen Angeboten für Kleinspenden inzwischen eine große Auswahl und einfache Abwicklungsmöglichkeiten. Die Lücke liegt zwischen diesen Spenden und der Gründung einer eigenen Stiftung, die erst mit Millionensummen sinnvoll sein kann.

Wie stellt man die tatsächliche Wirkung des eingesetzten gemeinnützigen Kapitals sicher?

Felix Oldenburg: Viel „Impact“-Rhetorik von der Finanzindustrie und Beratern ist eher verwirrend. Auch Siegel und Standards sind nur ein Teil der Antwort, weil sie es jüngeren Organisationen mit ungewöhnlichen Ansätzen oft schwer machen. Praktisch gibt es dann das Vertrauen auch zu größeren Engagements, wenn man eine Person kennt, die sich ebenfalls engagiert. Dafür gab es bisher keine digitale Plattform.

Sie haben „project bcause“ gegründet und sind damit für den German Startup Awards 2023 nominiert. Mit welcher Vision und Mission treten Sie unternehmerisch an?

Felix Oldenburg: bcause ist die Lösung für alle, die sich finanziell stärker für gute Zwecke engagieren wollen, aber den Aufwand einer eigenen Stiftung scheuen. Auf bcause.com kann man eine eigene Online-Stiftung einrichten und dann daraus Organisationen finden und finanzieren: Mmit Steuervorteil, mit voller Flexibilität und mit steuerbarer Sichtbarkeit – dafür ohne Mindestsummen, ohne Dienstleister und ohne Behördengänge.

An wen richtet sich Ihr Angebot?

Felix Oldenburg: Im ersten Jahr haben wir uns auf die Einladung eines Netzwerks von Menschen konzentriert, die eher über mehr Vermögen verfügen und sich stärker engagieren. Jetzt öffnen wir die Plattform, und jede und jeder kann das eigene Engagement innerhalb weniger Minuten starten.

Sie haben die gemeinnützige bcause Treuhandstiftung gegründet. Was ist der Zweck Ihrer Stiftung?

Felix Oldenburg: Dort liegt das Geld, das unsere Nutzer in ihre Depots gespendet haben, bis es an Organisationen als Förderung oder als Impact Investment weitergeleitet wird. Damit ist das Geld sicher und kann nur für gute Zwecke verwendet werden. Die Treuhandstiftung kann auch kleinere Beträge poolen und damit etwa in Impact Fonds investieren. Wir glauben, dass diese einfache Struktur in einigen Jahren das ganze Ökosystem verändern wird, weil sich viel mehr Menschen auch mit kleineren Beträgen als Impact Investoren engagieren können.