Wer „grün“ werben will, muss Farbe bekennen: Rechtssichere Bewerbung am Beispiel eines Impact Investment Fonds

Björn Kreische, LL.M. (Kapstadt), Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz der Kanzlei 4L Legal in Hamburg/Karlsruhe 

Umweltfreundliche und ökologische Unternehmen kommen in jeder Zielgruppe gut an. Ein „grünes Image“ zeigt dem Verbraucher, dass es sich um eine Firma handelt, die großen Wert legt auf die Schonung von Umwelt und Ressourcen.

Die Außendarstellung und insbesondere die Werbung mit der vermeintlich nachhaltigen Ausrichtung eines Unternehmens stoßen aber immer wieder an rechtliche Grenzen. Dies musste unlängst auch eine Tochter der Commerzbank bei der Bewerbung ihres Impact Investment-Fonds im Internet erfahren. Was war passiert? 

Verbraucherzentrale versus Commerz Real

Die Commerz Real, besagte Tochter der Commerzbank, hatte auf innovative Weise ihren Investmentfond „klimavest“ für Wind- und Solarenergieprodukte im Internet beworben.

Als Impact-Fond war das Unternehmen gemäß Europäischer Offenlegungs- und Taxonomieverordnung rechtlich dazu verpflichtet, ein positives ökologisches Ziel zu formulieren. Diesem Erfordernis kam „klimavest“ auch mit der Ankündigung eines Soll-Wertes von mindestens 3,5 Tonnen CO2-Vermeidung pro 10.000 Euro jährlicher Anlagesumme nach.

Um das ökologische Potential des Fonds in der Öffentlichkeit anzupreisen, stellte die Commerz Real Interessenten zudem auf ihrer Website einen „CO2-Rechner“ zur Verfügung, mit dem der User unter Angabe verschiedener Parameter zu seinen Wohnverhältnissen und seinem Konsum- und Mobilitätsverhalten seinen persönlichen „CO2-Fußabdruck“ ermitteln konnte. 

Diesem Wert wurde sodann ein durch das beworbene Investment avisierter „CO2-Ausgleich“ gegenübergestellt. Untermalt wurde diese Werbung mit weiteren Aussagen zur Umweltfreundlichkeit der Anlage. So könne die vom Verbraucher zu leistende Geldanlage etwa „messbar Klima schützen“ und habe ganz konkrete Auswirkungen auf den persönlichen „CO2-Fußabdruck“ des Investors infolge des durch den CO2-Ausgleich erworbenen Einsparpotentials.

Strenge Maßstäbe bei umweltbezogener Werbung

Aus Sicht der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg war diese Werbung jedoch insbesondere deshalb unzulässig, weil dem Verbraucher im CO2-Rechner stets ein absoluter und fixer CO2-Ausgleich für sein Investment ausgelobt und von seinem „CO2-Fußabdruck“ abgezogen wurde. Dies sei irreführend, so die Verbraucherzentrale, weil die Commerz Real in ihrem eigenen Informationsmemorandum zu ihrem Fond einräumen musste, dass es sich bei den 3,5 Tonnen CO2-Vermeidung pro 10.000 Euro jährlicher Anlagesumme nur um ein Impact-Ziel handle, das tatsächlich überhaupt nicht garantiert werden und sowohl über- als auch unterschritten werden könne.

Da beide Parteien sich nicht außergerichtlich einigen konnten, zog die Verbraucherzentrale vor das Landgericht Stuttgart und nahm die Commerz Real auf Unterlassung der beanstandeten Werbung in Anspruch und bekam Recht!

Mit seinem Urteil (LG Stuttgart, Urt. v. 31.1.2022, Az. 36 O 92/21 KfH) bestätigte das Landgericht die gefestigte Rechtsprechung, nach der bei umweltbezogener Werbung, ebenso wie bei gesundheitsbezogener Werbung, besondere strenge Maßstäbe für den Werbenden gelten und gesteigerte Aufklärungspflichten der angesprochenen Verkehrskreise vorausgesetzt werden.

Hierfür, so die Stuttgarter Richter, reiche es aber eben nicht aus, wenn Aufklärungen über die Unverbindlichkeit von Anlagezielen – wie hier – erst im Rahmen einer Informationsbroschüre oder über einen gesonderten Link abrufbar seien. Zumindest dann nicht, wenn die umweltfreundliche Aussage – hier der CO-2 Ausgleich – zuvor gegenüber dem Interessenten als Fixum beziehungsweise starrer Wert beworben wurde.

Auch wenn das Urteil des Landgerichts Stuttgart noch nicht rechtskräftig ist, zeigt es doch, wie sorgsam Unternehmen bei der Bewerbung umweltfreundlicher und nachhaltiger Aussagen sein sollten.

Denn bis auf Weiteres ist die beanstandete Werbung des Impact-Fonds der Commerz Real unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt. Bis zu einer abschließenden Entscheidung müssen die Website und entsprechende Werbeaussagen überarbeitet und abgeändert werden. Zugleich ist darauf zu achten, dass die untersagten Anpreisungen auch nicht in anderen öffentlichen Medien, sei es in sozialen Netzwerken, Print, Rundfunk oder TV verbreitet werden.

Checkliste für „grüne Werbung“

Derartigem unnötigen Personal- und Kostenaufwand sollte bereits im Vorfeld durch eine umfassende Prüfung umweltfreundlicher Darstellung und Werbung entgegengewirkt werden.

Essenzielle Fragen, die sich der Werbende dabei vorab stellen muss, sind unter anderem

  • Ist die Behauptung einer besonderen Umweltfreundlichkeit objektiv zutreffend und kann sie im Zweifel auch uneingeschränkt nachgewiesen werden?
  • Ist die Werbeaussage einer besonderen Umweltfreundlichkeit konkret genug und für den durchschnittlichen Verbraucher auch zu verstehen?
  • Bezieht sich der beworbene „grüne“ Aspekt wirklich auf das gesamte Produkt oder tatsächlich nur auf einzelne Bestandteile dessen?
  • Bei allgemeinen uneingeschränkten Angaben wie „umweltfreundlich“ oder „nachhaltig“: Kann der gesamte Produktions- und Lieferprozess des Produktes tatsächlich auch nachgewiesen werden?
  • Sofern die umweltbezogene Werbeaussage Einschränkungen unterliegt: Wird der Verbraucher auch wirklich transparent und unmittelbar im Zusammenhang mit der Botschaft über deren Einschränkungen und sämtliche relevanten Informationen aufgeklärt?

Zugegeben, für Nichtjuristen sind das häufig nicht ganz leicht einzuschätzende Kriterien. Das Hinzuziehen fachkundiger Beratung wird sich daher in aller Regel lohnen – und schlussendlich auch kostengünstiger als eine ansonsten drohende gerichtliche Auseinandersetzung sein.

So hätte man im Fall der Commerz Real vorab etwa die beanstandete Werbeaussage über den CO2-Ausgleich durch wörtliche Zusätze, wie „ungefähr“ oder „ca.“, aber auch durch eine transparentere Aufklärung der Einschränkung der Werbebotschaft rechtzeitig entschärfen können.

Ausblick

PR-Methoden, die zum Ziel haben, einem Unternehmen ein nachhaltiges und verantwortungsbewusstes Image zu verleihen, stehen zunehmend im Fokus kritischer Beobachtung von Wettbewerbern, Wettbewerbsverbänden und Gerichten. Die Grenzen von zulässigen sogenannten Green Claims und unzulässigem sogenannten Greenwashing sind dabei fließend. Selbst wenn die höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu bislang noch dünn ist: diverse Entscheidungen unterer Instanzen zeigen, dass Unternehmen höchste Sorgfalt und Vorsicht bei der Bewerbung umweltbezogener Aussagen wie „klimaneutral“, „CO2-reduziert“, „umweltfreundlich“ oder „nachhaltig“ anwenden müssen, um nicht auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden. Auch die Anbieter von nachhaltigen Investmentfonds werden sich diesen Anforderungen stellen müssen, wie das jüngste Urteil des LG Stuttgart belegt. 

Insbesondere aber auch auf europäischer Ebene ist das „Greenwashing“ vermehrt in den Fokus von Politik und Regulierung gerückt, wie die jüngsten „Green Deal“ Vorschläge der Europäischen Kommission zur Stärkung der Rechte und Interessen der Verbraucher belegen. So soll es künftig etwa untersagt sein, irreführende Angaben über ökologische und soziale Auswirkungen von Produkten oder deren Haltbarkeit bzw. Reparierbarkeit zu machen. Davon umfasst wären beispielsweise Aussagen zur Recycelbarkeit von Produkten. 

Ferner ist geplant, die EU-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken dahingehend zu ergänzen, dass künftig umweltbezogene Eigenschaften explizit zu den bestimmten allgemeine Produkteigenschaften gehören, über die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht irregeführt werden dürfen. Reine Absichtserklärungen zum Umweltschutz sollen nur noch im Ausnahmefall zulässig sein und zwar lediglich dann, wenn das Unternehmen klare, objektive und überprüfbare Verpflichtungen zur Erreichung der ausgegebenen Ziele übernommen und sich einem unabhängigen Überwachungssystem unterworfen hat.  

Nicht nachweisbare pauschale Aussagen über Umwelteigenschaften, zum Beispiel „umweltfreundlich“ oder „grün“, sollen außerdem ebenso verboten werden wie umweltbezogene Aussagen über das gesamte Produkt, sofern diese tatsächlich nur auf einen Teil zutreffen.  Schließlich soll es der Werbung mit freiwilligen Nachhaltigkeitssiegeln, die nicht von unabhängiger Stelle geprüft sind, mit einem allgemeinen Verbot rechtlich an den Kragen gehen.

Auch wenn diese Vorschläge der EU-Kommission bislang noch keine rechtliche Wirkung entfalten, werden ihre grundsätzlichen Aussagen gewiss bereits Einfluss auf die ohnehin restriktive Rechtsprechung unserer Gerichte haben. Das bedeutet: Wer „grün“ werben möchte, muss künftig also Farbe bekennen.