Frauen und Finanzen: „Der Impact Investing-Sektor ist diverser als der traditionelle Investmentsektor“

Finanzielle Absicherung ist für die Deutschen einer der wichtigsten Aspekte für Lebensqualität – gleich nach Frieden und Sicherheit. Frauen bilden die größte Risikogruppe für Altersarmut, da sie häufig in befristeten Positionen, in Teilzeit oder auf Minijob-Basis arbeiten. Claudia Müller ist Gründerin des Female Finance Forum. Das ist eine Gemeinschaft, in der sich Frauen austauschen, gegenseitig unterstützen und von- und miteinander lernen, um unsere Vorsätze umzusetzen und die Hürden vor dem Thema Finanzen abzubauen. Im Interview mit Prof. Dr. Patrick Peters erklärt sie, wie das Female Finance Forum unter anderem auf viele der Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen einwirkt, denn die meisten der Teilnehmerinnen investierten ihr Geld nachhaltig (Foto: © Tim Wegner).

Frau Müller, Sie haben sich lange im Asset Management mit nachhaltigen liquiden Anlagen befasst. Wie sind Sie zum Impact Investing gekommen und wo sehen Sie die Möglichkeiten, sich auf liquider Ebene als Impact Investor zu engagieren?

Claudia Müller: Ich habe mehrere Jahre bei der Bundesbank zum Thema „Green Finance“ gearbeitet, damals im Rahmen der deutschen G20-Präsidentschaft. So habe ich meinen Weg zum Impact Investing gefunden. Als ich dann selbstständig wurde, habe ich zusätzlich bei einem Family Office im Bereich nachhaltige liquide Anlagen gearbeitet. Auch im Bereich der liquiden Assets können wir genau hinschauen, in welche Unternehmen wir investieren. Natürlich ist unser Einfluss nicht so groß wie möglicherweise in anderen Assetklassen, aber es zeigt sich, dass auch in diesem Bereich Investorinnen Einfluss auf die Unternehmen ausüben und so für mehr Nachhaltigkeit sorgen können.

Sie haben zudem vor vier Jahren das Female Finance Forum gegründet, ein Unternehmen, das Frauen den Umgang mit Geld und (nachhaltiger) Geldanlage beibringt. Was genau bieten Sie an?

Claudia Müller: Das Female Finance Forum ist eine Bildungsplattform, über die Frauen den Umgang mit Geld und Geldanlage lernen können. Wir verstehen uns als ein Forum, in dem sich Frauen verbünden können und lernen, sich selbst und anderen (finanziell) zu helfen. Unsere Angebote richten sich dabei an Frauen als Privatpersonen, aber auch an Unternehmen, die spezifische Workshops oder Vorträge buchen. In unserer beliebten MasterMind lernen Frauen in 8 Wochen, ihre Finanzen nachhaltig zu meistern, indem wir über die Grundlagen wie Glaubenssätze, aber auch die praktische Umsetzung der Börseninvestitionen sprechen.

Warum haben Sie diese Gründung als nötig empfunden? Was ist Ihr spezifischer Impact, vielleicht auch mit Bezug zu den Sustainable Development Goals?

Claudia Müller: Die Finanzwelt ist sehr männlich geprägt. Frauen fühlen sich häufig nicht angesprochen, wenn es um das Thema Finanzen geht. Dabei ist es für Frauen besonders wichtig, die eigene finanzielle Lage zu kennen und souverän meistern zu können. Frauen bekommen noch immer weniger Gehalt, was zu weniger Rentenentgeltpunkten führt. Hinzu kommt, dass wir Frauen durchschnittlich länger leben, also müssen wir länger mit weniger Geld auskommen. Finanzbildung wird leider (noch) nicht an deutschen Schulen unterrichtet, weshalb private Anbieterinnen einspringen müssen. Eine ausgewogene finanzielle Bildung führt zu mehr Gleichberechtigung und Nachhaltigkeit, indem allen der gleiche Zugang gewährt wird. Damit bewegen wir uns in SDG 5 (Gleichstellung der Geschlechter). Zudem bringen wir den Teilnehmerinnen die Möglichkeiten der nachhaltigen Geldanlage bei, denn Geld hat eine starke Hebelwirkung und sollte daher auch im Einklang mit unseren Werten eingesetzt werden. Mittelbar wirken wir damit auch auf viele der anderen SDGs ein, denn die meisten unserer Teilnehmerinnen investieren ihr Geld nachhaltig, nachdem sie bei uns gewesen sind.

Gibt es aus Ihrer Sicht eine spezielle weibliche Ebene im Impact Investing? Oder anders: Haben Frauen andere Ansprüche ans nachhaltige beziehungsweise wirkungsorientierte Investieren als Männer?

Claudia Müller: Es gibt verschiedene Studien: Einige belegen, dass Frauen nachhaltiger investieren als Männer und ebenso welche, die das Gegenteil und eine Geschlechtsneutralität hervorheben. Impact Investing ist für alle Menschen ein relevantes Thema, unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder Sonstigem. Der Impact Investing-Sektor ist allerdings diverser als der traditionelle Investmentsektor; prozentual gesehen sind hier also mehr Frauen zu finden. Die Besonderheit beim Impact Investing ist das bewusste und zielgerichtete Investieren, welches auch mit Empathie und generationenübergreifendem Denken einhergeht. Das sind Eigenschaften, die häufig mit „weiblichen“ Charakterzügen assoziiert werden.

Was raten Sie Frauen, die sich strategisch mit der eigenen Geldanlage befassen, als erstes?

Claudia Müller: Der erste Schritt ist schon getan, indem wir beschließen, uns mit unseren Finanzen auseinander zu setzen. Transparenz ist dabei essenziell: Wir sollten die Rentenlücke berechnen, um daraus unseren Investitionsbedarf abzuleiten. Dann ist es wichtig, sich einen Überblick der Einnahmen und Ausgaben zu machen und mit diesem Wissen einen Budgetplan zu erstellen. Schuldenabbau und der Aufbau eines Notgroschens sind die ersten Schritte, bevor es an die Finanzplanung und das Investieren geht. Beim Investieren ist wichtig zu wissen: Investieren Sie nur Geld, das Sie nicht in den nächsten 10 Jahren benötigen. Gleichzeitig gilt aber auch: Lassen Sie nur das Geld, das Sie wirklich brauchen, auf dem Konto liegen. Alles andere sollten Sie investieren, damit Ihr Geld sich vermehrt. Sparen alleine reicht nicht.

Wie können sich Frauen bei der Geldanlage von ihren Partnern emanzipieren? Ich stelle mir vor, dass Investments in vielen Familien noch immer „Männersache“ sind?

Claudia Müller: Es ist in der Tat noch häufig so, dass Männer das Geld nach Hause bringen und verwalten. Dabei ist es essenziell, sich über Finanzen zu informieren und gleichberechtigt darüber zu reden. Häufig gibt es eine Aufgabenteilung: Eine Person konzentriert sich auf die Karriere (und die Finanzen), die andere Person auf die Familie. Dagegen ist per se nichts einzuwenden; ich bin immer für Entscheidungsfreiheit und Selbstbestimmung. Wir sollten aber die finanziellen Auswirkungen unserer Entscheidungen kennen und einbeziehen. Und diese Auswirkungen sollte ich in meiner Beziehung besprechen. Teilzeit-Erwerbstätigkeit bedeutet immer auch Teilzeit-Rente. Um das auszugleichen, könnten zum Beispiel beide Partner:innen zu gleichen Teilen Arbeitszeit reduzieren. Oder sie vereinbaren Ausgleichszahlungen, sowohl im Alltag als auch für den Fall einer Trennung. Ein Ehevertrag kann dafür sehr nützlich sein.

Über den Autor: Prof. Dr. Patrick Peters, MBA

Prof. Dr. Patrick Peters, MBA ist Professor für PR, Kommunikation und digitale Medien und Prorektor an der Allensbach Hochschule, Wirtschaftspublizist und Kommunikationsberater. Er befasst sich seit vielen Jahren mit der Finanzindustrie und berät vor allem Vermögensverwalter, Finanzdienstleister und Unternehmen, die sich dezidiert mit dem Thema der Nachhaltigkeit befassen. Er hält einen MBA mit Fokus auf Leadership und Ethik. Er ist Chefredakteur von impactinvestings.de.

Prof. Dr. Patrick Peters
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