Nachhaltige Lieferketten für eine wirkungsorientierte Investmententscheidung

Millionen Menschen leben weltweit in Elend und Not, weil soziale Mindeststandards wie das Verbot von Zwangs- und Kinderarbeit missachtet werden. Daher rückt nachhaltiges Lieferkettenmanagement bei Verbrauchern und Investoren gleichermaßen in den Fokus.

Schutz der Menschenrechte und eine globale nachhaltige Entwicklung: Die Europäische Union hat sich verpflichtet, zu diesen Zielen beizutragen. Ein wesentlicher Faktor in dieser Strategie sind nachhaltige Lieferketten. Unter dem Begriff der Lieferkette (englisch Supply Chain) versteht man den gesamten Prozess vom Rohstoffabbau über die Bestellung des Kunden bis zur Lieferung und Bezahlung des Produkts oder der Dienstleistung und Herstellung und Bezug von Zulieferteilen. Globale Lieferketten sind Ausdruck internationaler wirtschaftlicher Verflechtung und transnationaler Organisation von Gütern und Dienstleistungen. 

Das EU-Lieferkettengesetz soll in einer global agierenden Wirtschaft für mehr Transparenz sorgen und den Schutz der Menschenrechte verbessern. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung bringt die Bedeutung des neuen Regelwerks auf den Punkt: „Millionen Menschen leben weltweit in Elend und Not, weil soziale Mindeststandards wie das Verbot von Zwangs- und Kinderarbeit missachtet werden. 79 Millionen Kinder arbeiten weltweit unter ausbeuterischen Bedingungen: in Textilfabriken, Steinbrüchen oder auf Kaffeeplantagen – auch für unsere Produkte. Um das zu ändern, hat die Bundesregierung sich auf den Entwurf für ein Gesetz mit dem offiziellen Namen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz geeinigt.“

Unternehmen ermutigen, nachhaltiger zu produzieren

Daher stehen Lieferketten auch in den Sustainable Development Goals (SDG) im Fokus. Sie gehören zu Ziel 12 „Nachhaltige/r Konsum und Produktion“. Es soll unter anderem Unternehmen dazu ermutigen, nachhaltiger zu produzieren, in ihre Berichterstattung Nachhaltigkeitsinformationen aufzunehmen und in der öffentlichen Beschaffung nachhaltige Verfahren einzuführen. Die Sorgfaltspflichten der Unternehmen erstrecken sich grundsätzlich auf die gesamte Lieferkette – vom Rohstoff bis zum fertigen Verkaufsprodukt“, sagt Sarah Köpfer, Leitung Kompetenzteam Klimaschutz & Nachhaltigkeit bei der unabhängigen Unternehmensberatung für Arbeitssicherheit, Umweltschutz und Managementsysteme Höppner Management & Consultant.

Sie betont: „In einer global agierenden Wirtschaft mit internationalen Verflechtungen will das Lieferkettengesetz für mehr Transparenz sorgen. Ziel ist es, den Schutz der Menschenrechte und der Umwelt in Lieferketten zu verbessern. Die betreffenden Unternehmen werden verpflichtet, ein nachhaltiges Lieferkettenmanagement einzuführen und somit negative Auswirkungen auf Mensch und Umwelt zu verhindern. Die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten von Unternehmen werden damit gesetzlich verankert.“

Verbraucher und Investoren fordern bessere Produktionsbedingungen

Christian Kellner, Leader GTM Finance & Risk bei Dun & Bradstreet Central Europe, stellt heraus: „Das Lieferkettengesetz verpflichtet deutsche Unternehmen ab 2023, Menschenrechte und Umweltstandards entlang der gesamten Lieferkette einzuhalten. Doch ethische Fragestellungen können auch in anderen Bereichen auftauchen. Ethisches Verhalten wird sich nicht nur durch die Befolgung eines Gesetzes entwickeln. Wenn sich ein Unternehmen noch nie mit seiner ESG-Performance befasst hat, wird die Konzentration auf die Lieferkette ein Unternehmen nicht plötzlich in ein ethisches Unternehmen verwandeln.“

Seiner Ansicht nach forderten immer mehr Verbraucher bessere Produktionsbedingungen mit weniger Umweltverschmutzungen und die Einhaltung von Menschenrechten. Die Frage, wann dieser gesellschaftliche Wandel bei den Unternehmen ankomme, seine keine Frage des Ob, sondern des Wann und Wie. Unternehmen hätten inzwischen verstanden, dass sie ihr Verhalten anpassen müssten, und bestimmte Verhaltensänderungen hätten bereits vor der Einführung des Lieferkettengesetzes begonnen. „Ähnliche Initiativen werden in Zukunft nur noch beschleunigt. Ihr Einfluss wird jedenfalls im Laufe der Zeit wachsen. Immer mehr Unternehmen werden verpflichtet werden, ihre Prozesse an die neuen Standards anzupassen.“

Ziel: gesamte logistische Wertschöpfungskette so nachhaltig wie möglich gestalten

Die Frage sei, wie sich Unternehmen aufstellen können, um den Ansprüchen der Verbraucher und demnach auch der Investoren zu entsprechen – denn nachhaltige Lieferketten sind durch das SDG 12 vielfach Teil einer nachhaltigen, wirkungsorientierten Investmententscheidung. Somit können sich Unternehmen durch ein konsequentes, SDG-konformes Lieferkettenmanagement für und als Impact Investing qualifizieren und ihre Verantwortung in diesem wesentlichen Bereich nachweisen.

Laut Sarah Köpfer müssen Unternehmen den Überblick über die gesamte Wertschöpfungskette bis zur Rohstoffgewinnung erhalten, definieren, wo wesentliche Nachhaltigkeitsthemen und Handlungsfelder liegen, und ebenso, ob und wie ein Unternehmen auch die eigenen Lieferanten zu mehr Nachhaltigkeit in ihren Produktionsprozessen bewegen kann. „Dabei ist ein Chancen-/Risiko-basierter Ansatz wichtig. Ein wesentlicher Faktor ist hierbei die Kommunikation und Sensibilisierung der Lieferanten. Ziel muss es sein, die gesamte logistische Wertschöpfungskette so nachhaltig wie möglich zu gestalten. Die Kernfrage lautet: Unter welchen Arbeitsbedingungen und mit welchen Auswirkungen auf die Umwelt werden Rohstoffe gewonnen, Produkte hergestellt und in den Verkauf gebracht?“Ähnlich argumentiert Christian Keller. „Ein risikobasierter Ansatz ermöglicht es Unternehmen, Risiken in ihren globalen, vielschichtigen und komplexen Lieferketten strukturiert und effizient anzugehen, ohne neue Tools integrieren zu müssen. Der risikobasierte Ansatz hilft, die individuellen Bemühungen zu messen, zu evaluieren und gegebenenfalls anzupassen.“