Gemeinnützigkeit: Stiftungen und Impact Investing gehören zusammen!

Experten sind sich einig, dass Impact Investing langfristig attraktive Renditen liefern kann und dabei noch Gutes bewirkt. Somit wird Impact Investing zunehmend auch für gemeinnützige Stiftungen interessant. Richtig eingesetzt können in Zeiten niedriger Erträge Investments in konkrete nachhaltige Projekte, die gleichzeitig Kongruenz zum Stiftungszweck aufweisen helfen, diesen weiter zu erfüllen, ohne oder nur zum Teil auf Ertragsmittel angewiesen zu sein. Dafür brauchen viele Stiftungen aber Unterstützung, um Haftungsrisiken für die Verantwortlichen in der diversifizierten Geldanlage zu vermeiden.

Die Stiftungslandschaft in Deutschland wächst auch in Zeiten der Krise. Im Jahr 2021 sind 863 neue Stiftungen gegründet worden, 473 davon sind steuerbegünstigt. Für den Stiftungssektor in Deutschland bedeutet das einen Zuwachs von 3,2 Prozent (2020: 2,8 Prozent). Insgesamt gibt es in Deutschland jetzt 24.650 rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts. Auf 100.000 Bundesbürgerinnen und Bundesbürger kommen damit aktuell 29,6 Stiftungen. Es ist das stärkste Wachstum im Stiftungssektor seit zehn Jahren, meldet der Bundesverband Deutscher Stiftungen.

Dass gemeinnützige Stiftungen darauf angewiesen sind, aus dem Stiftungskapital heraus liquide Mittel für den zweckgebundenen Einsatz zu erwirtschaften, ist allgemein bekannt. Daher rückt immer mehr das Impact Investing für Stiftungen in den Fokus. „Experten sind sich einig, dass Impact Investing langfristig attraktive finanzielle Renditen liefern kann und dabei noch Gutes im Sinne einer sozialen beziehungsweise ökologischen Rendite bewirkt. Das ist für gemeinnützige Stiftungen insofern interessant, weil sie von der doppelten Rendite im Impact Investing besonders profitieren“, sagt Michael Schurr von StiftungsMentor. Mit StiftungsMentor hat sich die Münchener Steuerkanzlei Speidel auf die Beratungsbereiche Stiftungsgründung und Stiftungsmanagement spezialisiert. 

Impact-Wirkung einer Stiftung steigt bei erfolgreicher Mittelverwendung

Für Michael Schurr ist Impact Investing daher als Vermögensanlage zur Zweckerfüllung für gemeinnützige Stiftungen dezidiert geeignet. Ein bisher konventionell angelegtes Stiftungsvermögen könne als brachliegendes Potenzial für die Förderung ökologischer und sozialer Ziele verstanden werden. Stelle eine Stiftung nicht nur ihre Erträge, sondern auch Teile ihres Vermögens zur Erzielung einer gesellschaftlichen Wirkung zur Verfügung, steige die insgesamt von der Stiftung erreichte Wirkung bei erfolgreicher Mittelverwendung, heißt es im Projektbericht „Impact Investing & Stiftungen“ der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Michael Schurr: „Daher kommt der Wirkungsmessung besondere Bedeutung zu. Die Wahl des beabsichtigten Zwecks, der hinter der Investition steht, kann sich also mit dem eigenen Stiftungszweck decken und in der Kommunikation nach außen besonders förderlich für die sonstigen Aktivitäten der Stiftung sein.“

Durch eine Impact-Strategie in Form von Fonds und/oder direkt getätigte Investments in zukunftsfähige Projekte lasse sich überdurchschnittliche Gesamtrendite bei dauerhafter Erfüllung von wichtigen Nachhaltigkeitskriterien generieren. Das ist besonders interessant, weil in den nächsten Jahren durch Inflation und daraus folgenden Zinserhöhungen bei möglicherweise gedämpftem Wirtschaftswachstum eine längere Phase an Seitwärtsentwicklung an den Märkten zu erwarten sein könnte, sodass herkömmliche Investments gegebenenfalls keine hinreichenden freien Mittel mehr generieren könnten.

Einführung der Business Judgement Rule zur Haftungsbegrenzung für Stiftungsorgane

Eine wichtige Voraussetzung: Es wird vor allem für gemeinnützige Stiftungen unausweichlich sein, ihre Anlagerichtlinien neu zu überdenken. Wenn die Zinsen niedrig sind, müssen Stiftungen breiter diversifizieren, um ihren Stiftungszwecken weiterhin gerecht zu werden. Das erfordert ein professionelles Risikomanagement für Stiftungsvorstände, um sich keinen Haftungsgefahren für einen nachlässigen Umgang mit dem anvertrauten Vermögen auszusetzen. Michael Schurr betont: „Die Einführung des Business Judgement Rule zur Haftungsbegrenzung für Stiftungsorgane im Rahmen der Stiftungsrechtsreform und ein Anlageausschuss mit klaren Verantwortlichkeiten und Befugnissen können den Aktionsrahmen somit auch für das Impact Investing vorgeben und dabei das Anlageverhalten zusätzlich absichern.“ Dafür brauchen Stiftungen aber Unterstützung, meint der Experte.

Unabhängige Bewertung hilft bei der Auswahl der richtigen Impact-Anlagen

Daher hat StiftungsMentor gemeinsam mit dem Institut für Vermögensaufbau (IVA) das Business Judgement Rule Gutachten für Stiftungen eingeführt. Dabei geht es laut Michael Schurr grundsätzlich um eine fundierte unabhängige Bewertung und nicht um Produktlösungen. Das soll auch bei der Auswahl der richtigen Impact-Anlagen helfen. „Die jeweilige Zielerreichung erfordert vom Stiftungsmanagement hinreichende Erträge, gutes Risikomanagement und ein auf Nachhaltigkeitskriterien ausgerichtetes Portfolio. Es wird für Stiftungsmanager immer schwierig sein, diese Ziele zu erreichen und neben dem Bewusstsein für ein immer bestehendes Entscheidungsrisiko, zusätzlich versteckte Risiken zu erkennen – sei es in einzelnen Wertpapieren, in ungünstigen Kombinationen, oder in der Auswahl vermeintlich ESG-konformer Anlagen sowie im vorhandenen Immobilienportfolio. 

Auch beim Impact Investing müssen die erwartete Rendite und das Risikoprofil fair bewertet werden, und zwar nicht nur auf Einzeltitelbasis oder im Direktinvestment, sondern auch in einem breiteren Portfoliokontext. Wenn es um die die Auswahl und Umsetzung geht, werden große Stiftungen mit erfahrenen Investoren im Vorstand zwar über interne Expertise und die ESG-Datenbanken verfügen, um Impact-Opportunitäten ausfindig zu machen und zu strukturieren, die Mehrheit wird jedoch höchstwahrscheinlich auf eine externe Überprüfung setzen müssen. Das gilt vor allem für übersehbare Risiken bei Immobilienengagements.“

Dokumentation der Anlageprozesse und Investments

Dr. Dirk Rathjen, Vorstand des Instituts für Vermögensaufbau und Mitglied im Expertenrat von StiftungsMentor, erklärt, wann solche Gutachten im Kontext von Impact Investing sinnvoll sind und welche Risiken überhaupt auf Verantwortliche warten können. „Die gesetzliche Einführung der Business Judgement Rule für Stiftungen bedeutet natürlich nicht, dass eine solche Expertise nunmehr Standard sein muss. Ob und in welchem Umfang ein Gutachten einzuholen ratsam ist, hängt aus unserer Sicht von der sachlichen Notwendigkeit ab, eine fundierte Grundlage für eine Dokumentation zu besitzen. Das gilt für Risiken in der Geldanlage und für das Immobilienportfolio gleichermaßen. Dabei geht es auch um Risiken, die nicht immer offensichtlich sind und deren negative Auswirkung auf das Vermögen der Stiftung meist unverhofft zutage treten kann. Bei vielen Fondslösungen sehen wir Probleme mit zu hohen Gesamtkosten und den damit verbundenen Renditeeinbußen und bei einigen eine nachlässige Umsetzung des Nachhaltigkeitsanspruchs, die keine gesellschaftliche Rendite zum Ausgleich erwarten lässt. Bei Immobilien ist die Möglichkeit, versteckte Risiken im Bestand zu halten, ungleich höher.“

Für viele Stiftungen lohne es sich deshalb, eine Dokumentation der Anlageprozesse und Investments zu erstellen. Zum einen könnten vorhandene Klumpenrisiken erkannt werden, und zum zweiten soll Stiftern, Spendern und Vorständen gezeigt werden, dass auch auf der Ebene der Anlage verantwortungsbewusst gearbeitet wird. Mit dem Business Judgement Rule Gutachten können Stiftungen ihre Arbeit in den Bereichen „Ausgewogenes Rendite- Risikoverhältnis“, „ESG Konformität“ und „Immobilien Plus“ zertifizieren und neben ihrem Stiftungszweck die gesellschaftlich verantwortungsvolle Umsetzung ihrer Anlagerichtlinien sowie die nachhaltige Sicherung der Stiftungsziele nach innen und außen zu zeigen.

Über den Autor: Prof. Dr. Patrick Peters, MBA

Prof. Dr. Patrick Peters, MBA ist Professor für PR, Kommunikation und digitale Medien und Prorektor an der Allensbach Hochschule, Wirtschaftspublizist und Kommunikationsberater. Er befasst sich seit vielen Jahren mit der Finanzindustrie und berät vor allem Vermögensverwalter, Finanzdienstleister und Unternehmen, die sich dezidiert mit dem Thema der Nachhaltigkeit befassen. Er hält einen MBA mit Fokus auf Leadership und Ethik. Er ist Chefredakteur von impactinvestings.de.

Prof. Dr. Patrick Peters
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