Bewusste Aktieninvestments ergänzen das vorhandene Spektrum der Impact Investing-Möglichkeiten

Eine Initiative von Finanzinstituten spricht sich für Leitlinien bei Impact Investments aus. Das ist ein wichtiges Ansinnen. Aber dabei erscheint die Zurückhaltung gegenüber Aktien beim Impact Investing fraglich: Impact-orientierte Aktieninvestoren können auf mehrfache Weise Wirkung herstellen.

Unter anderem die GLS Bank, BIB, Steyler Bank und Invest in Visions haben sich im Rahmen einer neuen Initiative mit dem Impact Investing befasst und Leitlinien für eine verantwortungsvolle Impact-Darstellung von Finanzprodukten veröffentlicht. Der Hintergrund: „Mit wachsender Sorge beobachten wir, dass im Zuge des Booms nachhaltiger Geldanlagen auch und gerade im Bereich von Impact Investments die Gefahr des Impactwashings, teilweise ermöglicht durch unklare regulatorische Rahmenbedingungen, stark zugenommen hat. Verstärkt bewerben insbesondere Anbieter von Investmentfonds die positive soziale oder ökologische Wirkung ihrer Investments. Dabei beziehen sie sich häufig auf die Nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (‚SDGs‘) und greifen auf verschiedene Instrumente zurück, mit denen sie die positive Wirkung ihrer Investitionen belegen möchten.“

Insgesamt befassen sich die Initiatoren der Leitlinien mit sechs Fragestellungen:

  1. Wer ist für die Wirkung verantwortlich: Investor oder Investment?
  2. Welche tatsächlichen Impact-Potenziale hat Ihre Investition?
  3. Sind Ihre Scoring-Modelle, welche Impact ausweisen, für die Anleger*innen und Anleger verständlich und nicht irreführend?
  4. Beziehen Sie sich auf spezifische Impact-Indikatoren?
  5. Begrenzen Sie auch den negativen Impact Ihrer Investitionen?
  6. Gehen Sie mit den SDG-Piktogrammen verantwortlich um?

Die Initiatoren empfehlen Anbieter:innen von Impact-Investments, zu diesen Fragen eindeutig Stellung zu beziehen und damit ehrlich und offen zu kommunizieren, wie eine positive soziale und/oder ökologische Wirkung durch das Investment erzielt werden kann und welche Grenzen existieren.

Impact meint den Beitrag zu einer gesellschaftlichen Veränderung

Der Ansatz ist zu begrüßen, denn der Beobachtung, dass Impact Investing mehr und mehr für fragwürdiges Marketing eingesetzt wird, ist leider zuzustimmen. Auch die reine Erfüllung der Basis-ESG-Kriterien ist kein Impact Investing, wie die Initiatoren richtig schreiben: „Suggerieren Sie nicht, dass Sie über komplexe, wirklichkeitsfremde Modelle eine Wirkung bzw. einen Beitrag zu den SDGs erheben können. Der Begriff Impact meint den Beitrag zu einer gesellschaftlichen Veränderung. Er ist damit durch eine langfristige, gesellschaftliche Perspektive charakterisiert, nicht durch die Verbesserung einzelner ESG-Kennzahlen.“

Eine andere Beobachtung ist dagegen diskutabel, wie andere Marktteilnehmer betonen. In der Leitlinie wird korrekt zwischen Investor Impact und Company Impact unterschieden, also über die Frage, ob der Impact durch das Kapital des Investors erzielt wird oder durch die Aktivitäten des investierten Unternehmens. Vor allem bei Sekundärmarkt-Transaktionen, also beispielsweise dem Aktienerwerb über die Börse, wird sicherlich kein Impact in der Realwirtschaft durch den Investor erzielt, wohl aber wird durch die Kapitalbeschaffung des börsennotierten Unternehmens, beispielsweise bei IPOs von Sozialunternehmen, die sonst kein Kapital am Kapitalmarkt von traditionellen Investoren bekommen würden, unterstützt durch den Signaleffekt des Investors. Ebenso wird sehr wohl die Bewertung des Unternehmens gegenüber anderen weniger wirkungsorientierten Wettbewerbern gestützt und dadurch ein klares Signal am Kapitalmarkt gesetzt. Der Company Impact – oder wie in der Leitlinie genannt – der Investment Impact ist hier also dem Investor Impact deutlich überlegen. Es geht kurz gesagt darum, in „gute“ Unternehmen zu investieren anstatt in „schlechte“, um dadurch einen bestimmten Impact zu erreichen.

Impact Investoren des internationalen Netzwerks Toniic vertreten die Position, dass man auch als Aktionär einen gewissen Investor Impact haben kann, wenn auch nicht so viel wie mit anderen Anlageklassen. „Das gilt vor allem, wenn man Aktionärsbeschlüsse einreicht und damit als Anteilsinhaber mehr Nachhaltigkeit und Impact im Unternehmen fordert und seine Stimmrechte ausübt. Der Signalling Effect besteht zwar auch, hat aber eine vergleichsweise geringere Wirkung.“ Die Investoren beziehen sich dabei auch auf eine Studie des Center for Sustainable Finance and Private Wealth an der Universität Zürich (CSP), die gezeigt hat, dass der Signalling Effect noch nicht ausreichend empirisch belegt ist. Im Übrigen kann man im Rahmen von Kapitalerhöhungen die neuen Aktien vor allem dann zeichnen, wenn man bereits vorher Aktionär ist. Auf diese Weise wird dem börsennotierten Unternehmen auch frisches Kapital (Investor Impact) im Sinne des Impact Investing bereitgestellt.

Aktien von Unternehmen mit nachweisbarer Wirkung erwerben

Damit ergänzen Aktien das vorhandene Spektrum der Impact Investing-Möglichkeiten und sollten unter dem Aspekt der Asset Allocation auch beinahe zwingend – vor allem in der aktuell vorherrschenden Marktsituation – eingesetzt werden. Gemäß den Prinzipien der beiden prominenten Impact-Organisationen GIIN (Global Impact Investing Network) und Toniic, ist Impact Investing in allen Assetklassen – so auch bei börsennotierten Investments – möglich. Der Report „Creating Impact: The Promise of Impact Investing“ betont in dem Zusammenhang, dass das Potenzial für Aktien- und Anleiheinvestments mit dezidiertem Fokus auf die 17 globalen Nachhaltigkeitsziele (SDG) bei mehr als 21 Billionen US-Dollar liegt.

Das folgt gängigen Bewertungs- und Anlagekriterien. Analyse und Auswahl funktionieren auf Basis aller verfügbarer Markdaten. Der Ansatz lautet, ausgehend von einem strikten Negativkatalog und Positivkatalog und der ESG-Integration die Impact Investing-Strategie abzuleiten. Dabei analysieren Vermögensmanager bei börsennotierten Unternehmen beispielsweise die einzelnen ausgewählten Aktien auf Basis von allgemeinen Veröffentlichungen, verfügbaren Analystenreports und Internetrecherchen. Im Fokus einer solchen Vermögensverwaltung stehen börsennotierte Unternehmen, die einen „wichtigen Beitrag“ zur Lösung der großen ökologischen, gesellschaftlichen und sozialen Herausforderungen unserer Zeit leisten.

Das Global Impact Investing Network beispielsweise bestätigt, dass institutionelle Investoren Schlüsselfaktoren berücksichtigen, um Wirkungsprioritäten zu setzen, die sowohl Herausforderungen als auch Chancen darstellen können. Dazu gehören unter anderem die Führungs- und Organisationskultur, Anlageüberzeugungen, internes Fachwissen, nachhaltiges unternehmerisches Wirtschaften, regulatorisches Umfeld und externe ökologische und gesellschaftliche Faktoren. Durch die Allokation von Kapital in ausgewählte Aktieninvestments können diese Faktoren direkt adressiert werden.

Visibilität von unterbewerteten Impact-Unternehmen erhöhen

Impact-orientierte Aktieninvestoren können also auf mehrfache Weise Wirkung herstellen. Sie signalisieren dem Markt durch die Aktienauswahl, dass alle Auswirkungen eines Unternehmens/Investments eine Rolle spielen. Sie engagieren sich für das Unternehmen, um es besser zu machen, und stellen „geduldiges“ langfristiges Kapital zur Umsetzung der Unternehmensziele bereit. Im Umkehrschluss wenden sie sich auch konsequent von nicht nachhaltigen Unternehmen ab, indem sie ihr Kapital anderweitig allokieren, wodurch Signale gesetzt werden. Ein konsequentes Investment erhöht die Visibilität von unterbewerteten Impact-Unternehmen, was wiederum die Wirkungsorientierung des Unternehmens erhöhen kann. Das bedeutet: Impact Investing hat auch etwas mit einer dezidierten Haltung nach außen zu tun und dass man darüber spricht (Im Sinne von „Tue Gutes und rede davon“). Schließlich wollen viele Anleger – vor allem NextGens – lieber nachhaltige Aktien besitzen, als Eigentum in Form von Aktien an Umweltverschmutzern zu halten. Das wird durch Aktieninvestments erreicht – auch wenn im Rahmen eines Aktienerwerbs im normalen Kreislauf der Börse kein zusätzliches Kapital dem Unternehmen direkt zur Verfügung gestellt wird, so wie dies bei Private Equity und Venture Capital Investments der Fall sein kann. Dieser Nachteil wird durch die öffentlich wirksame und sichtbare Investmentstrategie sowie ein aktives Ausüben der Stimmrechte und etwaiger aktivistischer Kampagnen ausgeglichen.

Daher plädieren Experten dazu, „Investment Impact“ beziehungsweise gleichbedeutend „Company Impact“ nicht dem „Investor Impact“ unterzuordnen. „Der Impact eines Investments in börsennotierte Aktien wird beispielsweise dadurch erhöht, dass der Investor entweder direkt selber oder über Proxy-Voting-Agenturen das Stimmrecht seiner Beteiligung aktiv ausübt und damit die Wertorientierung des Unternehmens auch auf der Hauptversammlung thematisiert und so für die Zukunft noch weiter bestärkt.“ 

Sinnvoll, nur in besonders „gute“ Unternehmen zu investieren

Manche Marktteilnehmer sehen den Impact auch darin, „schlechte“ Unternehmen über aktivistische Kampagnen und Stimmrechtsausübung dazu zu bewegen, ihre Geschäftspraktiken dahingehend zu ändern, dass sie einen größeren positiven Wertbeitrag in Zukunft leisten. Wenn der Investor einen hinreichend großen Einfluss auf das Unternehmen über eine hohe Beteiligungsquote hat, kann das sicherlich der Fall sein. Bei geringfügigen Beteiligungen allerdings ist dies schwerer möglich und daher erscheint es im normalen Vermögensverwaltungsgeschäft eher sinnvoll, nur in besonders „gute“ Unternehmen zu investieren und vielmehr durch einen „Divest-Invest-Ansatz“, das Kapital in die richtige Richtung zu leiten – nämlich zu den Unternehmen, die bereits den Prozess zu mehr positiver Wertorientierung durchlaufen haben, und Produkte oder Services bereitstellen, die eine echte positive Wirkung auf die Realwirtschaft haben. Oder in Fonds zu investieren, die das Kapital mehrerer Investoren bündeln und in deren Namen Forderungen bezüglich Nachhaltigkeit und positive Wirkung auf der Hauptversammlung mit mehr Gewicht vortragen. 

Green- oder Impact-Washing muss klar durch Scoring-Modelle aufgedeckt werden

Außerdem erscheint es manchen Beobachtern unangemessen, Impact Investoren mit besten Absichten die gesamte Assetklasse börsennotierter Aktien vorenthalten zu wollen. Sicherlich kann der Impact bei illiquiden Direktbeteiligungen und Venture Fonds wesentlich direkter, sichtbarer und höher sein als bei Sekundärmarkttransaktionen über die Börse. Aber durch den Signaleffekt, Stimmrechtsausübung, Einreichung von Aktionärsbeschlüssen, und den Kapitalzufluss bei unterbewerteten Aktien, lässt sich doch ein Impact Investment begründen, was auch Skeptiker überzeugen sollte. Dann aber muss Green- oder Impact-Washing klar durch Scoring-Modelle aufgedeckt werden, der Investor sich auf spezifische und intendierte Impact-Indikatoren beziehen, negativen Impact begrenzen und mit den SDG-Piktogrammen verantwortlich umgehen, wie zu Recht die neuen Leitlinien auch in den Punkten 3 bis 6 von allen Marktteilnehmern fordern, die sich mit dem Thema Impact Investing befassen.

Erst wenn eine größere Visibilität und Transparenz im Impact Investing – im Unterschied zur ESG-Integration – erreicht ist, kann das Vertrauen der Anleger in ehrlichen Impact (positive Wirkung auf den Planeten und dessen Bewohner) entstehen und zum langfristigen Investment-Erfolg führen.

Über den Autor: Prof. Dr. Patrick Peters, MBA

Prof. Dr. Patrick Peters, MBA ist Professor für PR, Kommunikation und digitale Medien und Prorektor an der Allensbach Hochschule, Wirtschaftspublizist und Kommunikationsberater. Er befasst sich seit vielen Jahren mit der Finanzindustrie und berät vor allem Vermögensverwalter, Finanzdienstleister und Unternehmen, die sich dezidiert mit dem Thema der Nachhaltigkeit befassen. Er hält einen MBA mit Fokus auf Leadership und Ethik. Er ist Chefredakteur von impactinvestings.de.

Prof. Dr. Patrick Peters
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