Impact Investment ist der konsequenteste Ansatz im Spektrum des nachhaltigen Investierens

Die Commerz Real AG ist der Vermögensverwalter für Sachwertinvestments der Commerzbank und betreut etwa 34 Milliarden Euro. Tobias Huzarski ist Head of Impact Investment und erklärt im Interview mit dem Impact Investing-Magazin, wie Impact Investing mit Real Assets funktioniert.

Impact Investing ist in Deutschland nach wie vor eine Nische. Warum hat sich Commerz Real entschieden, sich mehr damit zu beschäftigen? 

Tobias Huzarski: Wir sind der festen Überzeugung, dass Impact Investment der konsequenteste Ansatz im Spektrum des nachhaltigen Investierens ist und genau deshalb sehr starke Wachstumsraten zeigt. Commerz Real hat sich etabliert als ein global führender Asset-Manager für Immobilien und für Renewables – und genau hier kann authentisches Impact Investment ansetzen. Wirkungsvolles Investieren mit positiven und ökologischen Zielsetzungen funktioniert nur dann, wenn Kapital in Projekte fließt, die beispielsweise den Klimaschutz oder die Abschwächung des Klimawandels fördern. Genau deshalb bewegen sich „Impact Investment“ und „Real Assets“ in einer Art Symbiose. Anders formuliert – wir können ökologischen oder gesellschaftlichen Herausforderungen wie dem Klimawandel oder dem Bedarf an bezahlbarem Wohnraum nur begegnen, in dem wir konkrete wirtschaftliche Aktivitäten wie Energieerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen oder in Investitionen in Wohnraum durch additive Investitionen stärken. Genau deshalb ist die Commerz Real auch hierfür so prädestiniert – schließlich sind wir seit über fünfzig Jahren als Asset-Manager im Bereich Real Assets aktiv. Wir greifen hier das substanzielle Bedürfnis sowohl von Privatanlegern als auch von institutionellen Investoren auf, Kapital renditeorientiert und ökologisch wirksam einzusetzen. Um hier den klimaVest als unseren Fonds für Privatanleger mit Fokus auf erneuerbare Energien aufzugreifen: klimaVest ist von vornherein als Impact-Fonds konzipiert und baut auf drei Kernsäulen auf. Erstens, konkrete Zielsetzung in Form von CO2-Vermeidung. Zweitens, eine umfassende Prüfung aller Investitionen auf ihre Kompatibilität mit anderen Umweltzielen wie beispielweise Biodiversität oder Kreislaufwirtschaft. Und drittens, intensive Beleuchtung unserer Lieferkette im Hinblick auf soziale Aspekte wie Arbeitnehmerrechte. Mit dieser Ganzheitlichkeit und Authentizität sind wir Pioniere.

Es kann immer noch passieren, dass Bankberater im Gespräch zugeben, von Impact Investing noch nie gehört zu haben. Glauben Sie, dass da gerade ein Wandel stattfindet? 

Tobias Huzarski: In der Tat muss das Thema noch viel bekannter werden, nicht nur bei Bankberatern, sondern auch in Anlegerkreisen. Relevante Begrifflichkeiten sind relativ neu und daher erklärungsbedürftig, die Abgrenzung zu anderen ESG-Themen manchmal unklar. Wir führen regelmäßig Umfragen zu dem Thema durch und das Ergebnis ist genau das: Es ist noch Erklärungsarbeit erforderlich. Deshalb ist es auch gut und wichtig, dass wir ein Interview wie dieses führen. Wir sind aber auf einem guten Weg. Bankberater sind wie andere Vertriebspartner auch unsere natürlichen Wissensvermittler. Wir beobachten mit jedem Tag, wie die Aufmerksamkeit steigt. Und das zeigen auch unsere Umfragen: 2021 konnten neun Prozent mehr Anleger den Begriff entsprechend zuordnen als im Jahr zuvor. 

Noch ist Impact Investing keine Investition, die „kleinen Sparern“ angeboten wird wie Aktien oder ETFs, wird sich das absehbar ändern?

Tobias Huzarski: In der Tat fehlt es teilweise noch an Fonds- und Investmentstrukturen, die einen ähnlich reibungslosen und unkomplizierten Zugang zu Impact Investments gewähren analog eines ETF für Wertpapiere. Das liegt auch daran, dass offene Sondervermögen für Infrastruktur lange Zeit nicht vorgesehen waren. Ein Klima-Impact-Fonds impliziert aber notwendigerweise Investitionen in „Real Assets“ – sprich Sachwerte in Form von Infrastruktur. Langfristige Sachwerte-Investments sind jedoch beratungsintensiver als traditionelle Retail-Produkte. Beim klimaVest haben wir uns für das Vehikel ELTIF als Lösung entschieden – den European Long-Term Investment Fund. Er passt bestens zum langfristigen Investmentansatz des klimaVest und bietet Privatanlegern die Möglichkeit zum flexiblen Ein- und Ausstieg, anders als bei geschlossenen Fonds. Deshalb ist der ELTIF in unseren Augen besser zur langfristigen Kapitalanlage für Normalverbraucher geeignet. Leider ist die Mindestanlagesumme mit 10.000 Euro vergleichsweise hoch. Es gibt derzeit Pläne, diese Hürde zu senken. Das würde die Zugänglichkeit für Privatanleger deutlich verbessern. Ob und wie sich die Regulatorik im Detail weiterentwickelt, wird sich zeigen.

Corona und der Ukraine-Krieg haben die Weltwirtschaft in eine schwere Krise geführt. Was hat das für Auswirkungen auf die Zukunft des Impact Investing?

Tobias Huzarski: Der Kriegsausbruch hat uns einmal mehr vor Augen geführt, wie abhängig wir von fossilen Energieträgern sind. Ich sehe darin einen weiteren Faktor, der dem Thema Impact Investing weiteren Auftrieb verleihen wird. Zudem wird die Energiewende in Europa jetzt mit noch größerem Nachdruck vorangebracht, was unserem Fonds mittelfristig noch größere Investmentpotenziale bescheren dürfte. Grundsätzlich handelt es sich beim Impact Investing aber um einen langfristigen und strukturellen Megatrend. Die beschriebenen Effekte dürften ihn beschleunigen.

Impact Investing Magazin: Sehen Sie Reformbedarf beim Impact Investing und wenn ja, wo würden Sie ansetzen? 

Tobias Huzarski: Bei „klassischen“ Nachhaltigkeitsstrategien, die auf reinen Ausschlusskriterien beruhen, sehe ich erheblich stärkeren Reformbedarf als bei Impact Investments. Sinnvoll wäre es, wenn die Abgrenzungen hierzu noch deutlicher gezogen würden und somit „Greenwashing“ noch stärker zurückgedrängt würde. Hierbei hat sich regulatorisch gerade in den vergangenen Jahren schon sehr viel bewegt. Das ist sicherlich der richtige Weg. Die Kernfrage für Investoren muss lauten: Was passiert konkret mit meinem Kapital? Wenn eine klare Wirkungskette von der Investition des Anlegers bis zum konkreten Projekt wie beispielsweise die Entwicklung einer Windanlage ersichtlich ist, dann ist eine notwendige, obgleich nicht hinreichende Bedingung für Impact Investment erfüllt. Wenn keine klare Wirkungskette besteht, weil beispielsweise Anteile oder Aktien im Zweitmarkt einfach durch Kauf und Verkauf den Besitzer wechseln, kann mein Kapital auch keine Wirkung in der realen Welt erzielen. Hier stärker aufzuklären und Investoren zu ermöglichen, das eine vom anderen zu unterscheiden, ist eine unserer Kernaufgaben. Zudem wäre es schön, wenn es Privatanlegern erleichtert würde, solche Investments auch auf einfachem Wege und mit sehr kleinen Summen zu tätigen, beispielsweise einen Sparplan online abzuschließen – was uns wieder zum Thema ELTIF zurückführt. Wenn jetzt in Deutschland ein offenes Infrastruktur-Sondervermögen eingeführt wird, kann man dazu nur sagen: Besser spät als nie.

Die EU hat die Kernkraft zu einer „grünen Energie“ erklärt und in Deutschland wachsen die Stimmen, den Atomausstieg mindestens zu verschieben. Ist für die Commerz Real denkbar, dass unter bestimmten Voraussetzungen Investitionen in die Kernenergie als Impact Investing gelten könnte?

Tobias Huzarski: Atomkraft würde ich aufgrund der signifikanten Risiken nicht als nachhaltig klassifizieren, wir haben entsprechende Investments bereits vor Jahren ausgeschlossen – auf Ebene der Commerz Real und auch auf Ebene des klimaVest. Die Einschätzung der EU beeinflusst unsere Haltung hierbei in keiner Weise.

Wie schätzen Sie die Entwicklungschancen des Impact Investing in Deutschland ein?

Tobias Huzarski: Impact Investing steht vor einer starken Zukunft, die Nachfrage entwickelt sich extrem dynamisch. Wir sehen neue Anbieter und Produkte mit spannenden Innovationen – gleichzeitig gibt es nach wie vor einen starken Nachfrageüberhang von Anlegern, sowohl auf der privaten als auch auf der institutionellen Seite, die ihr Kapital mit konkreter sozialer oder ökologischer Wirkung investieren möchten und dabei gleichzeitig die Perspektive auf attraktive Renditen darstellen wollen – hier jedoch nur wenige entsprechenden Strategien im Markt vorfinden. Wenn diese Nachfrage durch entsprechende Investitionsstrategien abgedeckt ist, dann sind wir an dem Punkt angelangt, an dem Impact nicht nur das „new normal“ darstellt, sondern wir auch die reale Chance haben, unseren ökologischen und gesellschaftlichen Herausforderungen durch gezielte Kapitalallokation zu begegnen.