Impact in Schwellenländern mit Private Equity

Der Münchener Asset-Manager Golding Capital setzt seit mehr als 20 Jahren Alternative-Investment-Strategien für institutionelle Investoren um und hat 2021 einen globalen, dedizierten Impact-Dachfonds mit 300 Millionen Euro Zielvolumen aufgelegt. Dr. Andreas Nilsson, Leiter Impact Investing bei Golding, erläutert, wie sich mit Private-Equity-Investments hoher Impact in Schwellenländern erzielen lässt. 

Welche Rolle spielt Private Equity in Impact-Investing-Strategien? 

Dr. Andreas Nilsson: Viele Unternehmen, die neue Produkte oder Dienstleistungen mit hohem Impact-Potenzial entwickeln, sind typischerweise junge Wachstumsfirmen und Ein-Produkt-Unternehmen. Das ist nicht zwingend so; auch größere etablierte und börsennotierte Firmen können natürlich Produkte mit hohem Impact auf den Markt bringen, die dann nur einen kleinen Teil ihres Umsatzes ausmachen. Aber sehr viele transformative Ideen kommen von jungen Firmen mit idealistischen Gründern und Mitarbeitern. Deshalb bekommt man Exposure zu solchen Firmen eben hauptsächlich über die Privatmärkte. Zudem besteht unsere Leistung als Impact-Investor zum großen Teil auch darin, dass wir Ideen zum Durchbruch verhelfen, die noch nicht Mainstream sind. 

Welchen Impact kann man mit Private Equity in Schwellenländern erzielen? 

Dr. Andreas Nilsson, Leiter Impact Investing bei Golding Capital

Dr. Andreas Nilsson: Schwellenländer sind noch viel wichtiger für die Zukunft des Planeten und der Menschheit, als die meisten Menschen wissen. Beispiel ökologischer Impact: Die höchsten Treibhausgasemissionen und den größten Ressourcenverbrauch haben die Industrieländer, aber die Schwellenländer holen gewaltig auf. Sie waren im vergangenen Jahrzehnt dafür verantwortlich, dass die Treibhausemissionen um 95 Prozent gestiegen sind. Wenn China, Indien, Afrika und Lateinamerika ihren Fortschritt mit denselben Methoden vollziehen wie Europa und Nordamerika, wird das Klima kippen. Wir können den Ländern im globalen Süden, in denen 80 Prozent der Menschheit leben, aber nicht verbieten, denselben Lebensstandard anzustreben, wie wir ihn haben. Umso wichtiger ist es, dass ihre Entwicklung so früh wie möglich nachhaltig erfolgt. Ein weiteres Beispiel ist sozialer Impact. Soziale Ungleichheiten sind die zweite globale Bedrohung, neben der Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen. Denn sie schaffen politische Instabilität. Das betrifft zuallererst die Menschen in den Regionen, wo diese Ungleichheiten besonders groß sind, aber immer stärker auch uns im verhältnismäßig sicheren Europa oder Nordamerika. Für uns wird das spürbar durch Flüchtlingsbewegungen, die auch hier den sozialen Frieden stören, und immer öfter auch durch gestörte Lieferketten. Aus ethischer Verpflichtung, aber auch im eigenen Interesse müssen wir helfen, dass sich Lösungen durchsetzen, die diese Ungleichheiten zurückdrängen. Viele davon sind nicht sofort offensichtlich, haben aber großes Impact-Potenzial. 

Haben Sie ein Beispiel dafür? 

Dr. Andreas Nilsson: Ich gebe Ihnen zwei, ein unmittelbar nachvollziehbares und ein vielleicht überraschendes Beispiel. Das eine heißt d.light, und dahinter verbirgt sich ein US-amerikanisches Unternehmen, das solarbetriebene Lampen entwickelt. Die könnte man gut beim Camping verwenden, ein Freizeitprodukt für wohlhabende Gesellschaften. Aber bei d.light geht es um etwas ganz anderes: Beleuchtung ist ein großes Problem in Regionen, wo die Menschen keinen Zugang zum Stromnetz haben. Das betrifft in Afrika südlich der Sahara zwei Drittel der Bevölkerung. Sie nutzen darum Kerosinlampen, deren Verbrennungsgase viele Erkrankungen verursachen. Außerdem geben die Menschen einen erheblichen Teil ihres Einkommens für Kerosin aus. Die solarbetriebenen Lampen sind für ihre Gesundheit ein großer Gewinn. Sie geben den Kindern aber auch mehr Zeit zum Lernen, was bei Dunkelheit nicht möglich ist, und verbessern ihre sozialen Aufstiegsmöglichkeiten. Langfristig schonen sie das knappe Haushaltsbudget, auch weil sich d.light um eine möglichst kostengünstige Produktion bemüht. Trotzdem ist die Anschaffung ein Kraftakt für viele Familien in den Zielregionen von d.light. Die Firma bietet darum mobile Kleinratenzahlung an – ein entscheidender Faktor, damit sich das Produkt überhaupt verbreiten lässt. Das andere Beispiel ist Tutuka, ein südafrikanisches Unternehmen, das mittlerweile in einem größeren Konzern aufgegangen ist. Die Firma entwickelt mobile Zahlungssysteme. Auch bei uns sind solche Lösungen auf dem Vormarsch, aber für unser Leben sind sie eher „nice to have“. In vielen Schwellenländern aber sind sie essenziell, damit Millionen Menschen überhaupt am Wirtschaftsleben teilhaben können. Hunderte Millionen Menschen haben keine Bankfiliale in erreichbarer Nähe. Aber ohne Konto, ohne die Möglichkeit, Geldtransaktionen zu tätigen, sind sie von vielen Dienstleistungen abgeschnitten. Die Menschen verfügen aber meist über Mobiltelefone. Tutuka hat seine Produkte auf diese Klientel zugeschnitten, mit enormer positiver Wirkung auf Gesundheit, Bildung und den Wohlstand der Menschen sowie die Entwicklung von Kleinunternehmen. 

Wie bekommt man Zugang zu solchen Opportunitäten? 

Dr. Andreas Nilsson: Die Herausforderung besteht im intransparenten und illiquiden Charakter von Private Equity. Man muss im jeweiligen Markt sehr präsent und gut vernetzt sein, um von Opportunitäten überhaupt zu erfahren und bei Investitionen zum Zuge zu kommen. Außerdem muss man den jeweiligen Markt sehr gut kennen und ein tiefes Verständnis der Produkte haben, um Chancen und Risiken realistisch einschätzen zu können. Niemand kann das global und für die Vielfalt an Technologien, Produkten und Lösungen leisten, die für Impact-Investoren relevant sind. Hinzu kommt, dass viele dieser Lösungen neuartig sind, was ihre Bewertung noch einmal schwieriger macht. Impact-Private-Equity-Investoren sind darum oft Fonds, die auf bestimmte Märkte, Branchen oder Technologien spezialisiert sind. Einen breiteren Zugang bekommt man über Dachfonds. Ein Impact-Dachfonds-Manager braucht tiefe Kenntnisse der Impact-Thematik und ein breites Grundverständnis verschiedener Märkte. Und er muss einschätzen können, ob die Manager seiner Zielfonds ihr Handwerk verstehen. 

Welche Renditechancen bieten Private-Equity-Impact-Investments in Schwellenländern, und wie kann man sich gegen Risiken absichern? 

Dr. Andreas Nilsson: Es ist ein verbreiteter Irrglaube, dass nachhaltiges Investieren und Impact Investing per se einen Verzicht auf Rendite bedeuten. Für nachhaltige Lösungen gibt es eine große und wachsende Nachfrage, und die Unternehmen, die sie anbieten, brauchen Kapital für ihr Wachstum. Daran kann man als Private-Equity-Investor partizipieren. Die eben genannten Unternehmen sind gute Beispiele dafür. Und Regulierung und Investorennachfrage verschaffen glaubwürdig nachhaltigen Geschäftsmodellen Bewertungsgewinne, während nicht-nachhaltige Unternehmen zunehmend Probleme bekommen. Private-Equity-Investments sind per Definition weniger transparent und liquide als Investments an der Börse. Das bedeutet ein höheres Chancen-Risiken-Profil. Das Risiko kann man aber gut managen. Einmal mit guter Due Diligence, und zum anderen mit Diversifizierung. Man kann sein Portfolio geografisch streuen und so das Risiko senken, von Problemen in einzelnen Ländern stark betroffen zu sein. In Schwellenländern fokussieren wir uns auf die größeren und stabileren Märkte. Und wenn wir in lokaler Währung investieren, bauen wir einen Sicherheitspuffer ein; die Investments müssen dann eine höhere erwartete Rendite liefern, als wenn sie auf Euro lauten würden. Darüber hinaus können wir nach Branchen oder Technologien streuen. Das Faszinierende am Impact Investing ist, dass starke Lösungen oftmals aus Bereichen kommen, wo man sie zunächst nicht erwartet hätte. Schließlich streuen wir auch nach Firmen mit unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Manche Portfoliofirmen sind im Aufbau, andere sind längst etabliert und profitabel. Ein breites Impact-Dachfonds-Portfolio kann ökologische, soziale und finanzielle Rendite gleichzeitig liefern und die Risiken in Schach halten.