Impact Investing: „Ein Paradigmenwechsel verlangt auch einen Verhaltenswandel“

Michael S. Duesberg und Dr. Ulrich Schürenkrämer waren viele Jahrzehnte in Führungs- Managementfunktionen in der Bank- und Finanzindustrie tätig und fungieren heute unter anderem gemeinsam im Advisory Board von SIMA Social Investment Managers & Advisors in New York. Michael S. Duesberg und Dr. Ulrich Schürenkrämer wollen den Impact Investing-Gedanken vor allem bei vermögenden Private Clients fördern, worüber sie im Interview mit dem Chefredakteur des Impact Investing-Magazins, Prof. Dr. Patrick Peters, sprechen.

Wie bewerten Sie den Stellenwert von Impact Investing bei vermögenden Privatanlegern?

Dr. Ulrich Schürenkrämer: Wir beobachten aktuell eine deutlich intensivere Diskussion und Auseinandersetzung mit dem Thema. Impact Investing rückt mehr und mehr in den Fokus, weil Privatanleger neben finanzieller Rendite zunehmend auch positive Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft erwarten, die sie unmittelbar beobachten und bewerten können.

Michael S. Duesberg: Wir erleben gerade die zweite Investitionswelle in die Nachhaltigkeit. In den späten 90iger und den frühen Nuller-Jahren ist viel Geld durch junge Erben in nachhaltige Projekte wie Sonne, Wind und Biomasse geflossen, aber es wurde auch viel Geld in diesem Sektor verloren. Diese „gebrannten Kinder“ haben zusammen mit anderen Vermögenden seit 2015 sich neu mobilisiert. Die 17 Sustainable Development Goals der UN und das Greta-Movement haben breite Bevölkerungsschichten und Investoren von der Notwendigkeit des Impact-Gedankens überzeugt und den Stellenwert erhöht.

Weshalb ist diese Anlagephilosophie Ihrer Ansicht nach im Private Wealth Management vieler Banken kaum vertreten? 

Dr. Ulrich Schürenkrämer: Das liegt am Verständnis der treuhänderischen Verantwortung der Private Wealth-Manager für das Investmentvermögen. Durch die traditionelle Denkweise im Private Wealth Management wird die Maximierung der finanziellen Rendite bei überschaubaren Risiken bevorzugt, was weiterhin zu einer vorherrschenden Orientierung an klassischen Benchmarks führt, die kein Impact Investing vorsieht.

Michael S. Duesberg: Strenge Regeln reduzieren die Spielräume der Private Wealth-Manager, sich mit Impact Investing als alternative Anlagephilosophie zu befassen. Dazu kommen aufsichtsrechtliche Vorgaben, bestimmte Weisungen und Strategievorgaben der Kunden. Letztlich obliegt dem Private Wealth-Manager nicht die Initiative, in neue Terrains wie dem Impact Investing vorzustoßen.

Wie könnte mehr privates Kapital in Impact Investing allokiert werden? 

Dr. Ulrich Schürenkrämer: Ein Paradigmenwechsel, wie das Impact Investing einer ist, verlangt auch einen Verhaltenswandel, Zielkriterien müssen erweitert werden, und die Messung von Impact Investments erfordert die Entwicklung eines Impact Investment Scores. Wir brauchen eine zusätzliche Kennzahl, um Investments in das Gemeinwohl zu messen und damit in Folge diesen Investmentbereich auszuweiten. Es ist wie mit einer Sauna. Die Temperatur macht nicht allein das Wohlgefühl aus, es entscheidet auch die Luftfeuchtigkeit!

Welche Rolle spielen Wealth Manager bei der Verbreitung von Impact Investing? 

Michael S. Duesberg: Vor zehn Jahren musste ich oft erst mal die Frage beantworten: „Was kostet mich mein gutes Gewissen? Wie viele Basispunkte muss ich meinem ruhigen Schlaf opfern?“ Das hat sich heute geändert. Es lässt sich mittlerweile auch empirisch nachweisen, dass ein Nachhaltigkeitsinvestment nicht unbedingt schlechter performt, sondern sogar über der traditionellen Rendite liegt. Die Regularien aus Brüssel, die sogenannte Grüne Taxonomie, hat die meisten europäischen Investmentgesellschaften dazu motiviert, sich stärker auf die Themen Nachhaltigkeit und Impact Investment auszurichten. Die Zuflüsse in diesen Investmentbereich in den letzten zwei Jahren unterstreichen diesen positiven Trend.

Wie sehen Sie die Zukunft des Impact Investing bei vermögenden Privatpersonen? 

Dr. Ulrich Schürenkrämer: Langfristig sehe ich eine positive Zukunft. Es ist aber kein Kurzstreckenlauf, sondern ein Marathon, bis sich ein neues Wellness-Feeling als Standard einstellt: finanzielle Rendite plus sozial-ökologischer Benefit!

Michael S. Duesberg: Heute ist der Anteil des Impact Investing gemessen an dem gesamten Investitionsvolumen noch verschwindend gering, aber der Trend hat sich in den letzten drei Jahren positiv gewandelt. Zweistellige Wachstumsraten auf der heutigen noch kleinen Basis stimmen hoffnungsfroh.